Mach's noch einmal, Phil! Foto (c) Keßler
Die Ausgangslage im Vergleich zum World Series Qualifikations-Turnier im Vorjahr könnte kaum unterschiedlicher sein. Galt die DRV VII noch im Vorjahr als absoluter Außenseiter - immerhin sah sich Tongas Team-Manager damals genötigt seinem DRV-Pendant vor Turnierbeginn die Regeln unseres Sports zu erklären - gilt Deutschland nun auf einmal als einer der Favoriten. Ex-England Kapitän Rob Vickermann, der heute das Training der DRV-Auswahl besuchte, sprach vor unseren Jungs gar von der zukünftigen World Series Mannschaft Deutschland. Man kann nur hoffen, dass sich die junge deutsche Mannschaft dies nicht zu Kopf steigen lässt. Denn genau davor warnten gleich beide Nationalcoaches im Gespräch mit TotalRugby.
Chris Lane betonte, dass man trotz aller Leistungsteigerungen noch genau gar nichts erreicht habe und Chad Shepherd wurde nicht müde zu erwähnen - man müsse den ersten Schritt vor dem zweiten machen. Abseits von diesen potenziellen Ablenkungen wird die Erfahrung aus dem Vorjahr denjenigen Spielern, die zum zweiten Mal hier antreten, sicherlich helfen. Kein anderes Turnier in der GP-Serie, ja noch nicht Mal auf der World Series, ist mit dem „Zirkus Hongkong“, wie es Chad Shepherd formulierte, zu vergleichen. Alle 15 World Series Teams, sowie alle zwölf Teams aus der Qualifikation kommen im gleichen Hotel unter, mitsamt zahlloser Medienvertreter. Die ganze Riesen-Metropole fiebert seit Tagen auf dieses Event zu und allerorts wird man an das berühmteste Rugby-Turnier der Welt erinnert. Da könnte man als Rugby-Bundesligaspieler schon einmal überwältigt sein.
Morgen geht es für die deutschen Jungs dann um 13:06 lokaler Zeit (07:06 in Deutschland) gegen die Jamaikaner los. Für Trainer und Team-Management gewissermaßen eine Unbekannte. Obwohl man im Vorjahr in Dublin mit einer DRV-Entwicklungsmannschaft auf die Karibik-Auswahl getroffen war und mit 21:19 nur knapp und in letzter Minute gewonnen hatte. Neben dem karibischen Flair und dem bekannten jamaikanischen Speed können die Jamaikaner, bei denen ein Großteil der Mannschaft in England ansässig ist, auch taktisch diszipliniert und gut spielen. Die solide englische Rugby-Ausbildung, die ein Großteil des Teams genoßen hat, wird dabei sicher nicht abträglich gewesen sein. Deshalb könnte Jamaika zu einer „Bananenschale“ werden, auf der es gilt nicht auszurutschen, so Nationaltrainer Chris Lane.
Carlos Soteras-Merz beim Abschlusstraining
Die mentale Stärke sei am morgigen Tag sowieso das A und O, denn vom technischen her sei man den Gruppengegnern sicherlich voraus. Es gilt die Leistung auch auf dem Platz abzuliefern. Gleiches gilt auch wenn Deutschland dann um 16:04 (10:04 deutscher Zeit) gegen Uganda antritt. Die Ostafrikaner haben eine Reputation für ihr nickliges Spiel, aber ebenso für ihre extrem guter Ausdauer. Als Sieger der Africa Mens’ Sevens Championship 2016 waren die Ugander als Gastteam bei den World Series Turnieren in Dubai und Kapstadt und konnten dort jeweils das Core-Team Japan schlagen, scheiterten aber knapp an Kanada.
Morgen sollte es im besten Fall zwei Siege für die deutsche Mannschaft geben. Denn durch die gut besetzte Gruppe - auch Jamaikas Kapitän Conan Osbourne war sich sicher, dass dies die beste Gruppe des Quali-Turniers ist — wird keines der Teams in Sachen Punktedifferenz großartig glänzen können. Denn die Viertelfinalpaarungen werden nach einem Ranking der Teams am Ende der Gruppenphase determiniert. Spanien dürfte so mit Guyana und Papua Neuguinea als vermeintlich einfachere Gruppengegner bevorteilt sein. Eine Qualifikation für das Viertelfinale via dem Umweg einer der besten Gruppendritten zu sein, scheint also fast ausgeschlossen zu sein. Aber beim DRV hat man sich eh zum Ziel gesetzt dieses Turnier zu gewinnen. Dementsprechend muss man potenziell jeden Gegner im Verlauf der drei Tage schlagen. Besser aber wäre es sicherlich bereits an Tag eins für eine gute Ausgangslage für den weiteren Turnierverlauf und natürlich auch fürs eigene Selbstbewusstsein zu sorgen. Hoffen wir, dass sich unsere Jungs die Appelle ihrer Trainer zu herzen nehmen werden. Bis 13:21 morgen gilt volle Konzentration auf Jamaika, dann geht es weiter mit Uganda. Immer den ersten Schritt vor dem zweiten machen!
Stimmen aus dem Trainerteam:
TotalRugby.de: Mit dem Blick auf das morgen beginnende World Series Quali-Turnier. Wie sieht es bei der Mannschaft und im Trainerteam aus.
Nationaltrainer Chad Shepherd: Wir sind guten Mutes. Ich freue mich für die Jungs, sie haben so viel investiert um es bis hierhin zu schaffen. Wir haben auch einige wirklich gute Spieler zu Hause lassen müssen, was für diese sicherlich nicht einfach war, aber das liegt in der Natur der Sache. Die Mannschaft strotzt vor Tatendrang, wir haben uns die ganze Woche über gesteigert und konnten die Vorbereitung gerade eben mit einem gutem Abschlusstraining beenden. Jetzt geht es nur noch darum, dass sich die Jungs bis morgen optimal erholen, so dass wir morgen optimal gegen Jamaika starten können.
TotalRugby.de: Morgen stehen zwei schwere Gruppenspiele an, wie siehst du das?
Chad Shepherd: Zwei wirklich harte Spiele! Natürlich ist Jamaika eine gewisse Unbekannte, aber wir werden sie sehr ernst nehmen. Wenn man versucht den zweiten Schritt vor dem ersten zu machen, kann das sicher schief gehen. Sie sind unser Fokus, aber natürlich auch das starke Team aus Uganda.
TotalRugby.de: Können wir davon ausgehen, dass alle Jungs fit in das Turnier gehen? Chad Shepherd: Nein, da haben wir keine Probleme. Die Jungs sind fit und bereit fürs erste Match. Ich kann es kaum erwarten da raus zu gehen und die Jungs wohl noch weniger. Die Woche ist wirklich gut gelaufen, es war eine lange Woche, aber diese zwei Tage mehr zur Vorbereitung (im Vergleich zum Vorjahr; Amn. d. Red.) haben uns wirklich geholfen. Wir mussten die Spieler manchmal sogar ein wenig zurückhalten, damit sie es nicht übertreiben.
TotalRugby.de: Ihr geht jetzt zum zweiten Mal als Mannschaft in dieses Turnier. Wie kann man das miteinander vergleichen?
Chad Shepherd: Das ist nicht ganz einfach zu sagen. Aber diejenigen Spieler, die bereits im Vorjahr hier waren, profitieren natürlich von ihrer Erfahrung. Das gilt sicher auch für uns als Team um die Mannschaft herum. Wir wussten was uns erwartet, die ganze Woche ist gewissermaßen ein großer Rummel. Überall sind Medienvertreter, die World Series Mannschaften sind um einen herum, die ganzen Umstände sind schon besonders. Dass wir daran gewöhnt sind, ist schon ein großer Vorteil. Diese Erfahrung plus die beiden weiteren Tage zur Vorbereitung, jetzt gilt es da rauszugehen und alles zu geben!
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TotalRugby.de: Chris Lane was sind deine Erwartungen vor dem morgigen Start des Turniers?
Chris Lane: Wir haben die Trainingswoche gerade gut beendet. Das perfekte Zusammenspiel haben wir uns für morgen aufgehoben. Sonst wäre man vielleicht auch ein wenig zu selbstbewusst in das Turnier gegangen. Aber selbst die Fehler die gemacht wurden sind im Endeffekt nicht wichtig, denn unser Motto in diesem Team lautet: „Es ist egal was für Fehler man macht, die Reaktion die man darauf zeigt ist wichtiger!“ Die Jungs sind selbstkritisch genug und das sehe ich gerne.
TotalRugby.de: Im Vergleich zu Mittwoch gab es aber eine Steigerung, oder?
Chris Lane: Ja und genau das ist es, was man will! Genauso muss es auch laufen, wenn man in eine Turnierwoche startet. Man sollte die eigene Leistung im Verlauf der Woche immer weiter steigern und ich glaube, das ist uns gelungen! Unsere Jungs sind guter Dinge nach dem letzten Training und wir haben mit ihnen ausführlich darüber gesprochen, dass auch die mentale Seite sehr wichtig sein wird. Die Konzentration über die drei Tage hochhalten, ich glaube wir sind in einer guten Ausgangsposition für morgen. Ich freue mich auf die Leistung der Jungs!
TotalRugby.de: Was ist für dich der Schlüssel um gegen Jamaika und Uganda erfolgreich zu sein?
Chris Lane: Wie ich bereits gerade erwähnt habe wird die mentale Stärke mit entscheidend sein. An unseren Fähigkeiten wird es meines Erachtens nicht liegen. Aber wir dürfen nichts als gegeben hinnehmen. Ich habe diesen Jungs immer wieder gesagt: Im letzten Jahr waren wir Vierter, gut. Aber das hat mit dem Turnier in diesem Jahr genau gar nichts zu tun! Natürlich sind wir besser geworden, aber da sind wir nicht die Einzigen. Aber wenn wir mental bei 100% sind, dann sind wir auf dem Weg zu einer großen Leistung!
Es ist angerichtet in Hongkong
TotalRugby-Interview mit Jamaika Kapitän Conan Osbourne
Im Rahmen der Hongkong Tens hatten wir gestern die Chance uns mit Jamaika-Kapitän Conan Osbourne zu unterhalten.
TotalRugby.de: Was für ein Spiel erwarten Sie morgen gegen Deutschland?
Conan Osbourne: Im letzten Spiel gegen Deutschland haben wir knapp mit 19:21 verloren (gegen die DRV VII Entwicklungsmannschaft in Dublin im letzen Mai, Anm. der Redaktion) mit einem Versuch in der letzten Aktion. Das werden zwar nicht exakt die gleichen Spieler gewesen sein, dennoch hoffe ich, dass es erneut ein enges Spiel wird, auch für die Zuschauer. Deutschlands Team wird immer professioneller und ich bin mir sicher, dass sie noch Mal stärker geworden sind. Aber wir sind auch nicht unbedingt schlechter geworden. Wir haben unsere Hausaufgaben gemacht und sind gut vorbereitet. Resultate werde ich hier aber nicht vorhersagen.
TotalRugby.de: Was halten sie von den anderen beiden Gruppengegnern?
Conan Osbourne: Tonga ist ein typisches Pazifik-Team, groß und physisch sehr kräftig. Wir als jamaikanisches Team dagegen können eher mit unserer Geschwindigkeit punkten. Also müssen wir das Spiel so gestalten, dass wir diese Stärke ausnutzen können und uns nicht auf ein enges Duell mit viel Kontakt einlassen. Uganda wiederum hat sich bei den Dubai Sevens und in Kapstadt auf der World Series gut geschlagen, die haben Japan zwei Mal geschlagen und waren nah an Kanada dran. Die Jungs sind gnadenlos, hören einfach nicht einfach auf zu rennen. Hoffentlich können wir sie mit unserem strukturierten Spiel auseinander nehmen.
TotalRugby.de: Glauben Sie, dass dies die stärkste Gruppe in der Qualifikation ist?
Das würde ich definitiv. Aus jedem Lostopf ist das absolute Top-Team in diese Gruppe gekommen.
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