Marcel Coetzee verliert ein Duell gegen gleich zwei Spanier .Foto (c) Keßler
Deutschlands klare Niederlage gegen Spanien in Köln war ernüchternd. Doch einige positive Aspekte bleiben, denn mit Blick auf den großen Traum der deutschen Mannschaft - die WM 2019 in Japan - bleibt die DRV XV im Rennen. Unsere vier Thesen zur deutschen Niederlage in Köln.
1. Die Leistung der DRV XV in der ersten Hälfte ließ zu Wünschen übrig. Nach der Pause hat die Mannschaft die fällige Reaktion gezeigt, doch das Comeback kam zu spät
Nach der Partie eine hätte-wäre-wenn-Diskussion anzufangen ist nicht unbedingt zweckdienlich. Doch mit einer Leistung, wie in der zweiten Spielhälfte, über die Dauer der gesamten Partie hinweg, wäre heute in Köln ein deutscher Sieg wahrscheinlich gewesen. Warum die deutsche Mannschaft vor der Hälfte weder ihre Chancen genutzt hat, noch defensiv ordentlich gestanden hat, wird im Trainerteam zu analysieren sein. Die Defizite waren jedoch offensichtlich. Die Kabinenansprache von Nationaltrainer Kobus Potgieter hat definitiv Wunder gewirkt. Die deutsche Mannschaft kam wie verwandelt aus der Kabine und dominierte die Partie plötzlich. Die ersten zehn Minuten der zweiten Spielhälfte gehörten einzig der deutschen Auswahl.
Nur leider fiel der erste deutsche Versuch viel zu spät. Für ein Comeback war es nunmehr, nach dem 26-Punkte-Rückstand zur Hälfte, bereits zu spät. Teil der Misere war die deutsche Gasse. Hatte man im Vorfeld Probleme im Gedränge durch die Abwesenheit von Damien Tussac erwartet, erwies sich die Gasse als das Sorgenkind der deutschen Mannschaft. Auch ein Wechsel auf der Hakler-Position konnte daran nichts ändern. Die Abwesenheit von Michael Poppmeier wird die Situation sicherlich nicht verbessert haben. Ohne einen konstanten Einwurf ist es schwer möglich sich in der Hälfte des Gegners festzusetzen.
Die beiden deutschen Versuch fielen über den Sturm. Sowohl Jaco Otto, als auch Eric Marks zeigten sich aus kurzer Distanz gnadenlos. Genau das, wovor der spanische Trainer vor der Partie gewarnt hatte. Auf der Dreiviertelreihe lief am heutigen Tag nicht genug, um die spanische Mannschaft dahingehend unter Druck setzen zu können.
Die Dreiviertelreihe dagegen ließ die Kreativität und die fortwährende Fähigkeit den Weg über die gegnerische Vorteilslinie zu schaffen vermissen. Spaniens Sieg hatte viele Väter, doch die Dreiviertelreihe mit etlichen Spaniern französischen Ursprungs hatte ihren erheblichen Anteil daran. Das große Kontingent an Spielern, die ihr Rugby in Frankreich spielen, wirkte Wunder für die Auswahl Spaniens.
2. Spanien den Bonuspunkt genommen zu haben, könnte sich gegen Ende der WM-Quali als extrem wichtig erweisen
Die Änderung der Bonuspunktregel vor dieser Saison in der Rugby Europe Championship - einen Offensiv-Bonus erhält diejenige Mannschaft, die drei Versuche mehr als ihr Gegner erzielt - hat der deutschen Mannschaft gegen Rumänien einen potenziellen weiteren Punkt gekostet. Doch heute konnte die DRV XV heute nach zwischenzeitlichen Rückstand mit vier Versuchen - was den Offensiv-Bonus für Spanien bedeutet hätte - auf zwei Versuche Rückstand verkürzen, und so den Spaniern den scheinbar sicheren Bonus wieder nehmen.
Dieser mickrige Punkt könnte am Ende des zweijährigen Qualifikationsprozess entscheidend sein. Das Rennen um die beiden verfügbaren Quali-Plätze über die Rugby Europe Championship wird unglaublich eng. Denn mit Spanien, Rumänien, Russland und der DRV XV gibt es vier Aspiranten auf zwei Plätze. Mit dem Sieg gegen Rumänien war Deutschland in einer unerwartet guten Position. Doch wie es Teammanager Robert Mohr auf der Pressekonferenz nach der Partie formulierte: „Mit dieser Niederlage haben wir einen Joker verschossen.“ Gemeint war, dass man intern davon ausgegangen war, eher gegen Spanien, als gegen Rumänien eine Chance zu haben. Nun ist man wieder im Soll und hat einen großen Kampf vor sich.
3. Die spanische Tiefe hat den Ausschlag gegeben, der DRV XV ist es nicht gelungen die Ausfälle zu kompensieren
Spanien hatte, durch nicht erfolgte Spielerabstellungen und Verletzungen, ebenso wie die DRV XV, zahlreiche Ausfälle zu beklagen. Doch die deutlich bessere Tiefe im Kader der „Leones“ hat heute den Ausschlag gegeben. In der Hintermannschaft der DRV XV fehlten mit Clemens von Grumbkow, Carlos Soteras-Merz und Steffen Liebig zu viele momentan nicht ersetzbare Spieler. Die aktuelle Vorbereitung auf die Hong Kong Sevens, bei dem sich die DRV VII für die World Series qualifizieren könnte, tat ihr Übriges dazu bei. Durch die mangelnde Tiefe im deutschen Spitzenrugby ist gleichwertiger Ersatz für Nationaltrainer Kobus Potgieter nicht einfach zu finden. Die vorhanden Top-Spieler müssen mit Blick auf die Verbands-Ziele World Series/Rugby-WM/Siebener-WM intelligent gemanaged werden.
Spanien dagegen verfügt mit über 50.000 registrierten Vereinsspielern über eine insgesamt deutlich breitere Basis. Mit diesem Fundament und der Rugby-Hochburg Baskenland im Rücken, konnte Spaniens Trainer Santiago Santos einen deutlich wettbewerbsfähigeren Kader aufbieten. Deutschland ist zumindest in dieser Hinsicht einige Jahre hinter der Entwicklung der Spanier zurück. Diese haben zudem mit stark steigenden Zuschauerzahlen (27.000 zum Pokalfinale, über 10.000 im Schnitt bei Auftritten der „Leones“) einen Vorsprung vor der Entwicklung des Rugbys in Deutschland. Denn Rugby in Deutschland entwickelt sich seit einigen Jahren atemberaubend, doch Spanien ist uns momentan noch einen Schritt voraus. Vorteile und Nachteile beim Online Casino
4. Mit Blick auf Japan 2019 war die heutige Niederlage ein Rückschlag, kein Beinbruch
Nach der Niederlage wurde die DRV XV vom heutigen Gegner Spanien in der REC-Tabelle überholt, bei nunmehr gleichem Punktestand und schlechterer Differenz. Rumänien hat sich mit dem Sieg heute in Belgien tabellarisch mit 15 Punkten abgesetzt. Doch Russland (4 Punkte), sowie Deutschland und Spanien liegen extrem eng beieinander. Ein Sieg in Russland am kommenden Wochenende in Sochi wird für die DRV XV sicherlich ein extrem schwieriges Unterfangen. Aber da die Spanier daheim gegen Schlusslicht Belgien antreten werden und wahrscheinlich dabei sogar den Offensiv-Bonus mitnehmen werden, wäre ein Defensiv-Bonus, oder noch besser ein Sieg, umso wichtiger.
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