Vieles steht und fällt mit den Fans der DRV XV, am Samstag unterstützten die Anwesenden die Mannschaft bedingungslos! Foto (c) Kessler
Wir von TotalRugby ziehen mit etwas Abstand ein letztes Fazit über das Geschehen am Samstag in Offenbach. Dabei geht es sowohl um das Geschehen auf als auch neben dem Platz.
1. Spielerisch war nicht alles Gold was glänzt, aber die Moral der deutschen Jungs war außergewöhnlich!
Sowohl Nationaltrainer Kobus Potgieter, als auch Teammanager Robert Mohr betonten nach dem Auftaktsieg: Dieser Triumph war großartig, aber weder spielerisch noch taktisch war diese Leistung nahe am Optimum. Doch das ist im Endeffekt eine verdammt gute Nachricht, denn mit mehr gemeinsamer Trainingszeit mit der gesamten Mannschaft, sowie mehr Erfahrung im Kader auf diesem Niveau, ist ein Ende der Entwicklung der deutschen Mannschaft vorerst nicht abzusehen. Dabei war der Sieg gegen Rumänien bereits ein absolutes Highlight, denn immerhin hat die DRV XV mit Rumänien einen achtmaligen WM-Teilnehmer, der am Spieltag in der Weltrangliste ganze acht Plätze vor unserem Nationalteam platziert war, geschlagen.
In den nächsten Wochen wird die deutsche Fünfzehn weiter an ihrer Entwicklung arbeiten können, aber obwohl mit Rumänien der vermeintlich härteste Konkurrent um die WM-Quali bereits geschlagen wurd, wird diese kein Selbstläufer. Noch sieben weitere Partien in diesem und im nächsten Jahr, die für die WM-Quali relevant sein werden, stehen für die deutsche Mannschaft noch aus. Kapitän Michael Poppmeier wird nach seinem Innenbandriss im Knie wird zumindest bei vier dieser Spiele fehlen und die Entwicklung der anderen Konkurrenten hat sicher nicht aufgehört. Nach Spaniens 16:6 Sieg über die Russen kristallisiert sich das Spiel am 11.3. in Köln gegen die Iberer immer mehr als Schlüsselpartie für eine gute Ausgangslage im kommenden Jahr heraus.
2. Die zunehmende Breite im Kader sowie die verbesserte Fitness waren zwei wichtige Schlüssel zum Sieg gegen Rumänien
Es ist nicht schwer sich auszumalen, wie das Spiel am Samstag vor einigen Jahren ausgehen hätte können. Mit 18 Punkten im Rückstand, nur eine viertel Stunde vor Schluss, war die Partie eigentlich gegessen. Doch nicht nur die überragende Moral der deutschen Jungs war für das Wunder von Offenbach verantwortlich: Kobus Potgieter konnte mit Chris Hilsenbeck, Sean Armstrong und Samy Füchsel viel Dynamik von der Bank aus ins Spiel einbringen, ohne dabei einen Qualitätsverlust auf dem Feld zu erleiden. Das Momentum schwang mit diesen Einwechslungen zu Gunsten der deutschen Mannschaft.
Doch auch die bereits auf dem Feld befindlichen Spieler trugen natürlich maßgeblich zum Ergebnis bei, was Beweis für die hervorragende Fitness der DRV XV ist. Das intensive Training am Heidelberger Stützpunkt seit dem vergangen Sommer hat damit zweifelsohne seine Früchte getragen. Vergessen sind die durchwachsenen Leistungen im Europacup-Quali Wettbewerb, denn es scheint als seien die deutschen Spieler genau zum richtigen Zeitpunkt fit.
Im Trainerteam der Nationalmannschaft arbeitet man schon länger am Ziel, den Kader weiter zu verbreitern. Die 40 Mann starke Trainingsgruppe in der Woche vor dem Rumänien-Spiel ist Beweis genug dafür, doch damit ist diese Entwicklung noch nicht abgeschlossen. Im Management der Nationalmannschaft will man weiterhin die Zahl der Spiele auf hohem Niveau erhöhen und dafür würde es einer breiteren Basis bedürfen, um beispielsweise im Juni-Länderspielfenster weitere Speile austragen zu können.
Der deutsche Kader hat sich in Sachen Breite und Leistungsspitze enorm entwickelt
3. Das klare Ziel WM vor Augen ist für Mannschaft und Trainerstab eine unglaubliche Motivation
Ein Großteil der rumänischen Mannschaft hatte bereits die Ehre und konnte vor anderthalb Jahren in England im Olympiastadion und Wembley auflaufen. Das dürfte auch auf rumänischer Seite für einiges an Motivation gesorgt haben. Doch für die deutschen Jungs würde eine WM-Quali bedeuten deutsche Rugby-Geschichte zu schreiben. Wer das Interview von Clemens von Grumbkow bei Sport 1 gesehen hat, in dem er davon träumte einmal bei einer WM den Haka der All Blacks zu sehen, der weiß welchen Schub die Jungs von diesem Traum bekommen. Im Trainerstab dürfte dies nicht anders aussehen.
Doch auch für die Fans der deutschen Rugby-Nationalmannschaft muss dieser Traum - der seit Samstag ein Stück weit realistischer ist - ein motivierender Faktor sein. An diesem Ziel muss die Rugby Community gemeinsam arbeiten, sei es bei der Arbeit an der Basis mit der Jugend, oder auf der Tribüne.
4. Es liegt nun auch an den deutschen Fans: Kommt ins Stadion und lasst es jeden wissen Rugby in Deutschland ist im Kommen
Keine 3.000 Zuschauer fanden am Samstag den Weg in das schmucke Offenbacher Stadion am Bieberer Berg. Eine ehrlich gesagt unwürdige Kulisse für das, was sportlich auf dem Rasen geboten wurde. Diejenigen Fans, die den Weg nach Offenbach gefunden hatte, machten aber mächtig Stimmung und trugen maßgeblich zum deutschen Sieg bei. Sollten ein paar mehr Fans aus der vermeintlichen Rugby-Hauptstadt Heidelberg und anderswo den Weg ins Stadion finden - immerhin war keiner der Heidelberger Vereine unter den besten Kartenvermittlern der sogenannten Kickback-Aktion des DRV - könnte der Heimvorteil gegen Spanien und Belgien ein noch größerer werden.
Das Medienecho wiederum war durchaus ordentlich. Mit den regionalen Ablegern von Sat 1 und RTL, dem Hessischen Rundfunk, sowie den Online Ausgaben der F.A.Z. und des Spiegels hatten einige prominente Medienhäuser über den Sieg berichtet. Doch das ZDF, dessen Zentrale keine 50 km vom Offenbacher Stadion entfernt liegt, fokussierte sich in seiner Berichterstattung im Aktuellen Sportstudio lieber auf die Fußball-Ligen eins bis drei. Immerhin könnte der durchschnittliche ZDF-Zuschauer einen Schock erleiden, wenn Mal nicht über die sportlichen Heldentaten der Würzbürger Kickers oder von Sonnenhof Großaspach berichtet würde. Deswegen liegt es auch hier an den Fans der DRV XV einen Unterschied auszumachen. Gerade Online-Medien leben von Klicks und davon, dass User deren Inhalte teilen. Sollten die Zahlen bei Rugby-Artikeln signifikant in die Höhe schießen, dürfte dies im Umkehrschluss auch zu mehr Berichterstattung führen. Auch wir von TotalRugby würden uns über mehr Klicks und Shares freuen und werden darüber hinaus nach den Deutschland-Spielen eine Presseschau mit Artikeln erstellen, die ihr euch durchlesen solltet.
5. Erfolg macht sexy!
Das lässt sich keineswegs leugnen. Zum einen verzeichnete beispielsweise der Online-Ticket-Shop für das Kölner Länderspiel einen wahren Ansturm, so dass die Begegnung mit Spanien am 11.3. wohl wieder Wochen vorher ausverkauft sein wird. Die Fernsehübertragung bei Sport 1 zog eine sechsstellige Zuschauerzahl an, wobei speziell der Marktanteil von 2,3% deutlich über dem Sport1-Schnitt lag. Bei der nächsten Fernseh-Übertragung dürfte diese Zahl sogar vielleicht noch ein wenig höher liegen.
Auf der anderen Seite werden auch mehr Sponsoren mit dem zunehmenden Erfolg der deutschen Mannschaft ein Interesse an einem Sponsoring der DRV XV entwickeln. Mit DHL fand sich bereits am Samstag ein neuer Sponsor auf dem Trikot der deutschen Mannschaft. Angesichts der exorbitanten Summen, die ein Fußball-Sponsoring kostet, dürfte sich für viele Firmen Rugby als sinnvolle Alternative anbieten. Keinerlei Fangewalt bei den Spielen, sowie die bekannten Werte des Sports dürften weitere Argumente sein.
Viele deutsche Firmen engagieren sich sowieso bereits im Rugby: Sei es BMW bei den Nationalmannschaften Frankreichs und Australiens, oder Adidas als Trikotausrüster von Frankreich und den All Blacks. Es ist nicht sonderlich unwahrscheinlich, dass genannte Firmen auch bald vermehrt im deutschen Rugby aktiv werden. Das Potenzial unseres Sports in der Bundesrepublik ist riesig.
|