International hat sich das Rugby in den letzten 10 Jahren schneller entwickelt als in den 30 Jahren zuvor: das Spiel ist schneller, athletischer und körperlich anspruchsvoller und härter geworden. Sah man früher noch oft Massenschlägereien auf dem Platz, so sind die Spieler heute nicht nur vom Körper, sondern auch vom Kopf her viel zu sehr Profi geworden, als das sie sich auf solche Unsportlichkeiten einlassen.
Auch im deutschen Rugby kann man glücklicherweise die, leider aber immer noch nicht ausreichende, Tendenz zum sauberen Sport verfolgen. Dies ist umso wichtiger für Deutschland, da professionelle Spielweise und volle Konzentration auf das Spiel und nicht auf Unsportlichkeiten die Basis für notwendige und mögliche Erfolge in der höchsten Gruppe des europäischen Rugbys bildet.
In allen wichtigen Rugby-Ländern ist heute der Video-Beweis als Grundlage für disziplinarische Maßnahmen zugelassen. Der Video-Beweis diszipliniert die Spieler mehr als beispielsweise ein zweiter Schiedsrichter auf dem Feld. Der Grund dafür liegt auf der Hand: das Blickfeld des Schiedsrichters kann der Spieler sehr viel besser einschätzen, als die Brennweite und den Winkel von etwaig vorhandenen Kameras.
Heutzutage gibt es vermutlich in jedem zweiten Haushalt eine Videokamera, mit der man ein Rugby-Spiel aufzeichnen und etwaige grobe Tätlichkeiten im Nachgang beweisen kann. Mit You-Tube oder anderen Internetprogrammen können solche Beweise heutzutage ohne Probleme einer unabhängigen Kommission vorgestellt werden, die räumlich getrennt voneinander entscheiden kann ob und wie eine solche Tätlichkeit geahndet werden sollte.
Als Beispiel (klick here – bitte Vollbildmodus wählen) sei hier eine Szene aus dem Spiel SC 1880 vs. Berliner Rugby Club gezeigt, in der der Berliner Spieler mit der Nummer 6, dreimal dem gebundenen Erste Reihe Stürmer von Frankfurt mit der Faust ins Gesicht schlägt. Der Schiedsrichter kann diese Tätlichkeit eigentlich nicht erkennen, da er mit seinem Blick dem Ball und dem dortigen Spielgeschehen folgen muss. Der Linienrichter auf der dem Gedränge nahen Seite kann die Tätlichkeit nicht sehen, da diese durch das Gedränge verdeckt wird. Der Linienrichter auf der dem Gedränge fernen Seite ist zu weit entfernt von der gewaltätigen Szene um diese erkennen zu können.
Wäre der Video-Beweis ein zulässiges Rechtsmittel im DRV, so könnte Spielern – wie in diesem Fall dem mit 22 Jahren vergleichsweise jungen Berliner Spielers – eine Denkpause von mehreren Monaten verordnet und – bei Wiederholung – ggfls. der Ausschluß vom Rugbysport auferlegt werden.
Nur wenn wir es im deutschen Rugby-Sport schaffen, solche Gewalttätigkeiten mit allen zur Verfügung stehenden Möglichkeiten zu ahnden (und der Video-Beweis ist dazu ein leicht umzusetzendes, kostengünstiges Mittel), wird der deutsche Rugby-Sport, das derzeit so hinderliche “Brutalo-Image” ablegen können.
Genau dieses Brutalo-Image macht es aber heute so schwer, Eltern davon zu überzeugen ihre Kinder zum Rugby-Sport zu ermutigen.
Gewaltäter, wie Berlins Nummer 6 in der Szene aus dem Spiel SC 1880 Frankfurt vs. Berliner Rugby Club sind es mit Ihren unentschuldbaren Taten aber, die Massenschlägereien verursachen über die die deutsche Presse dann mit großer Lust und intensiver medialer Verbreitung berichtet.
Ein Gedanke, den das Präsidium schnellstens nachdenken sollte und die Mitglieder des deutschen Rugby-Verbandes umgehend zum Wohl aller Spieler und dem Erfolg des deutschen Rugby-Sportes umsetzen sollten. Es gibt viele Argumente für den Video-Beweis, aber vermutlich keine, die dagegen sprechen.
Bis dahin bleibt nur der Weg, der auch in dem genannten Beispiel nun gegen den Berliner Spieler gewählt wurde: die Strafanzeige bei der Staatsanwaltschaft wegen versuchter, schwerer Körperverletzung.
Dr. Uli Byszio, SC 1880 Frankfurt
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