Manuel Wilhelm (grünes Trikot) kann auf eine erfolgreiche vierjährige Amtszeit als Leistungssportreferent zurückblicken. Foto (c) Perlich
TotalRugby-Gründer Manuel Wilhelm war in den vergangenen vier Jahren als Leistungssportreferent für die Siebener-Nationalmannschaften zuständig. Nun ist er seit dem 1. Januar als neuer DRV-Sportdirektor im Amt. Wir haben uns mit dem ehemaligen Zweite-Reihe-Stürmer der DRV XV über sein neues Amt, seine Ziele und die vergangenen vier Jahre als Manager unserer Siebener-Jungs unterhalten.
TotalRugby: Hallo Manuel, erst einmal Glückwunsch zur neuen Aufgabe als Sportdirektor und Danke dafür, dass du Dir die Zeit für das Gespräch nimmst. Erst einmal würden wir gerne von Dir wissen, was aus deiner alten Position wird. Momentan ist der Job des Leistungssportreferenten ja vakant, wer kümmert sich also um unsere Siebener-Jungs?
Manuel Wilhelm: Als Manager der Siebener-Mannschaft werde ich nach jetzigem Stand bis zu den Hong Kong Sevens weitermachen. Aber unsere Zielsetzung ist, dass wir im ersten Quartal jemanden für die Position des Leistungssportreferenten einstellen. Wir haben dafür auch bereits zahlreiche interessante Bewerber. In der DRV-Präsidiumssitzung Ende Januar wollen wir dahingehend eine Entscheidung treffen. Der neue Referent soll zuerst mich als Sportdirektor entlasten und dann nach und nach als Chef des Siebener-Programms etabliert werden.
TotalRugby: Lass uns noch einen kleinen Blick zurück werfen auf deine vierjährige Amtszeit. Was war der Fokus deiner Arbeit und wie ist es zu der Schaffung des neuen Sportdirektor-Postens gekommen?
Manuel Wilhelm: Damals im Oktober 2012 kam ich in das Amt des Leistungssportreferenten, ausgestattet mit einem Drei-Monats-Vertrag, nach dem Ende von Peter Ianusevicis Amtszeit als Bundestrainer. Von den Aufgaben als Leistungssportreferent hatte ich zu dem Zeitpunkt wenig Ahnung. Ich habe dann relativ schnell festgestellt, dass wir in Deutschland kein Problem mit den Talenten haben, sondern viel eher ein strukturelles Problem - den vorhandenen Talenten Zugang zu Training und Wettkampf auf hohem Niveau zu geben, ihnen eine duale Karriere zu ermöglichen und die dafür nötigen Unterstützungsstrukturen aufzubauen. Im Dezember 2012 wurde mein Vertrag dann um vier Jahre verlängert. Das Ziel meiner Arbeit war die Strukturen im deutschen Rugby so zu verbessern, dass es möglich ist, Rugby als Leistungs- und Spitzensport zu betreiben. Gerade im Herrenbereich waren wir da sehr erfolgreich. Bei den Frauen war das in der Kürze der Zeit leider nicht möglich.
Mein Aufgabenspektrum war dabei ein unglaublich breites. Vom Waschen der Spieler-Trikots bis hin zu Verhandlungen mit dem Bundesministerium des Innern. Wobei es mit der Zeit und den Erfolgen immer komplexer wurde. In den letzten Monaten haben wir zusammen mit dem DOSB und World Rugby festgestellt, dass die bisherige DRV-Struktur mit den drei Hauptamtlichen nicht mehr zeitgemäß ist und nicht zu unseren Zielsetzungen passt. Die Funktionen des Sportdirektors und Geschäftsführers werden deshalb von nun an getrennt. Volker Himmer wird sich dann auf seine Aufgaben als Geschäftsführer konzentrieren können.
Darüber hinaus haben wir damit die Möglichkeit, einen Leistungssportreferenten einzustellen, dessen einziger Fokus die Herren-Nationalmannschaften im Siebener der Herren sein wird. Der Hintergrund ist, dass die Finanzierung vom Bund mit den wenigen verfügbaren Mitteln laut Vorlage des Bundesinnenministeriums auf den Herrenbereich zu konzentrieren ist. Zumindest solange, wie es im Frauenbereich keine belastbaren Spitzensportstrukturen gibt.
TotalRugby: Wo siehst du die Herausforderungen in den kommenden Jahren, wo liegen die Probleme und was läuft bereits gut?
Manuel Wilhelm: Meiner Einschätzung nach wird die größte Herausforderung in den kommenden Jahren sein, die bereits vorhandenen guten Initiativen zusammenzuführen, zu koordinieren, zu strukturieren und effizienter zu machen. Gleichzeitig gilt es Werbung für Rugby als Spitzensport in Deutschland zu machen. Das heißt sowohl innerhalb der Rugby-Community als auch darüber hinaus sowie den Sport fest in der deutschen Leistungssportlandschaft zu etablieren. Darzulegen, warum Rugby ebenso wie andere Spitzensportarten behandelt werden sollte. Insgesamt mehr Unterstützung generieren, dabei geht es nicht Mal nur ums Geld, sondern auch um Zustimmung. Allzu häufig treffen wir da noch auf eine ablehnende Haltung. Das kann ich gewissermaßen nachvollziehen aus Sicht der Vereine und Verbände, allerdings weiß ich aus erster Hand wie hart die Jungs der Fünfzehner- und Siebener-Mannschaft tagtäglich arbeiten, mit dem Ziel, Deutschland international bestmöglich zu vertreten. Dafür gebührt Ihnen nicht nur höchster Respekt, sondern auch die bestmögliche Unterstützung, selbst wenn diese nur moralischer Natur sein sollte.
Was sich in den vergangenen zwei Jahren im Fünfzehner- und im Siebener-Bereich entwickelt hat, ist unglaublich. Wir spielen in großen Stadien, gewinnen gegen Mannschaften die auf der World Series unterwegs sind oder an Weltmeisterschaften teilgenommen haben. Das ist eine Entwicklung die Spaß, Mut und Lust auf mehr macht. Aber mittlerweile befinden wir uns auf einem Level, da gibt es auch bereits eine gewisse Fallhöhe. Jetzt wird von uns verlangt, dass wir das jede Woche schaffen, aber die Strukturen sind noch nicht so weit, dass es von alleine läuft. Wir sind mit dem sportlichen Erfolg gewissermaßen den Strukturen davongelaufen.
TotalRugby: Wo siehst du deine Rolle und deinen Aufgabenbereich in den kommenden Jahren und wie lauten die Zielsetzungen?
Manuel Wilhelm: In der neuen Rolle werde ich für den Spitzensportbereich der Nationalmannschaften verantwortlich sein, sowohl im Siebener- als auch im Fünfzehner-Rugby. Das heißt nicht, dass ich mich tagtäglich in das Geschäft der Teams einmischen werde. Viel eher werde ich als verbindendes Element zu den verschiedenen Stakeholdern wie dem DRV, der WRA, den Sponsoren, dem DOSB, der Sporthilfe, der Bundeswehr und der Bundespolizei fungieren werde.
Unsere Ziele haben wir uns ganz klar gesetzt und sind auch so selbstbewusst, diese öffentlich zu formulieren. Das Erreichen der Weltmeisterschaft in den nächsten acht Jahren mit beiden Nationalmannschaften (Anm. der Redaktion: 2018 in San Francisco im Siebener sowie 2019 in Japan im Fünfzehner), die Qualifikation für die World Series und Olympia im Siebener-Rugby. Mein persönliches Hauptziel im nächsten olympischen Zyklus ist es, Strukturen auf- und auszubauen, sodass eine Qualifikation zu einem oder gar allen Turnieren erreichbar ist und dass der Faktor Glück dabei weitestgehend minimiert wird. Um das zu erreichen, gilt es, regionale Leistungssützpunkte zu errichten, eine weitere Professionalisierung der Trainingseinheiten zu realisieren und dafür die Kooperation mit den Olympiastützpunkten zu verbessern.
TotalRugby: Wir danken dir für das Gespräch und wünschen Dir viel Erfolg bei deiner Arbeit!
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