Kommt man neu in den Norden, fängt an in Kiel Rugby zu spielen und schaut sich den Spielplan an, um möglichst alle Familienfeiern durch Rugbyspiele zu ersetzen, dann freut man sich vor allem auf die Fahrt nach List.
List? Kenn ich.
Als nicht-norddeutscher Student war man aller Wahrscheinlichkeit nach noch nicht auf Sylt. Man denkt, dass da die “Kinder der Schönen und Reichen” nach ihrer Zeit auf einem Privatinternat in England ein Team ins Leben gerufen haben, um Bauern zu verdreschen und will ihnen das verderben.
List ist die nördlichste Gemeinde Deutschlands und Mitglied im Zipfelbund. Mit-Glied im Zipfelbund steht für sich und weiter nach unten geht’s heute im Niveau auch nicht mehr.
Wie jeder Rugbyfanatiker weiß, gibt es auf Sylt kein Rugbyteam, sondern es geht um List in Hannover. Gespielt hat Kiel gegen List das letzte Mal in der Saison 2014/15 und es war ein rechtes Debakel. Über 70 Gegenpunkte mussten wir hinnehmen. Dass wir zu diesem Zeitpunkt schon als Meister der Regionalliga feststanden und mit einem Rumpfteam anreisten, hat das ganze nicht weniger schmerzhaft gemacht.
Vereinsfreundschaft und Nachbarschaftshilfe
Die Vereine FT Adler Kiel Rugby und SC Germania List verbindet seit Jahrzehnten eine Vereinsfreundschaft. Die Lister sind gern gesehene Gäste auf dem SWC Schietwettercup und unsere Mannschaft profitiert sehr von den halbjährlichen Trainingswochenenden mit Poli von Germania, der zum Teil schon unser Trainer war. Nichtsdestotrotz geht es am Samstag um einiges.
Genau wie die Kieler haben die Lister am ersten Spieltag der 2. Rugby Bundesliga eine Niederlage hinnehmen müssen. Die Kieler verloren in letzter Sekunde ärgerlich gegen den RFC Paderborn. Germania List hatte den von TSV Victoria Linden zu Odin Rugby gewechselten Sturmbrechern, die das sowieso schon physisch unglaublich starke Team der SG Odin/Döhren verstärkten, nicht viel entgegenzusetzen und wurde auf dem eigenen Platz mit 5:69 zerlegt.
Das wird am Samstag von Kiel Rugby nicht wiederholt werden können. Von den Gegnern der vergangenen Saison ist Germania List am ehesten mit ihrem Nachbarverein Victoria Linden zu vergleichen, sie haben viele sehr gute Rugbyspieler in ihren Reihen, die zum Teil den Nachwuchs der ersten Bundesliga stellen. Auch da sind die technischen Fertigkeiten der Lister im Norden eine Klasse für sich.
Probleme im Sturm
Kiel hat zum Samstag ein leichtes Personalproblem in der ersten Reihe. Da Heimspiel und erst Donnerstag ist, könnte sich das noch lösen, Beispiele dafür gibt es in der Vergangenheit genug, allerdings sieht es momentan ohne Markus von Rheinbaben, Marvin Hofmann, Benjamin Meder, Philipp Neuhoff und Kevin Greisen recht mau aus. Veteran Christian Droll alleine kann keine erste Reihe stellen und die Hintermannschaftsspieler, die eine Ausbildung in der ersten Reihe haben fehlen dann zum einen in der Backline und zum anderen werfen sie ein Kieler Erfolgsrezept über Bord: immer auf jeder Position den schwereren Spieler zu haben.
Ansonsten hat Trainer Torsten Weise einen vollen Kader und muss bei aktuell 27 Spielern noch einige Water- und Kicking-Tee-Boys nominieren. In der Hintermannschaft fehlt allein Piet Schönherr, dafür kehren Alwin Klick auf Center, Tom Hansen auf Gedrängehalb und Lennart Haertel auf Wing zurück. Etwas zwiespältig also die Situation. Vielleicht tut sich ja bis zum Wochenende noch was. (iwj)
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