Siebener-Kapitän Clemens von Grumbkow hält Kanada für eine
Fürst Albert von Monaco ließ es sich nicht nehmen. Der bekennende Rugby-Enthusiast nahm die Auslosung für das so wichtige Olympia-Qualifikationsturnier persönlich vor und unserer Siebener-Nationalmannschaft hätte die prominente Losfee durchaus eine noch schwerere Gruppe bescheren können. Erste Reaktionen aus dem DRV-VII Lager zur Auslosung, sowie das Geschehen vom Wochenende auf der World Series erfahrt ihr in unserer TotalRugby Road to Rio #3.
Zu behaupten, dass Monaco nicht gerade der Nabel der Rugbywelt ist, wäre sicherlich alles andere als falsch. Gleichwohl befindet sich in Menton, unweit vom grössten Stadion Monacos, ein Wallfahrtsort für viele Anhänger des Kampfs um das ovale Leder. Denn der berühmte Erfinder des Spiels, das im Himmel gespielt wird, William Webb Ellis, liegt nur zehn Kilometer von eben jenem Stadion entfernt begraben. Seine Weigerung sich den Regeln zu fügen hat uns erst unseren tollen Sport gebracht. Doch auch am heutigen Freitag wurde Monaco mit der Auslosung für das Quali-Turnier für den letzten Platz beim Comeback unseres Sports bei Olympia in Rio zu einem wichtigen Rugby-Ort.
Am 19. Juni, also in weniger als vier Wochen, wird die Rugby-Welt wieder auf das Fürstentum schauen, wenn es endgültig wieder ernst wird auf der "Road to Rio". Nun ist dabei auch klar, gegen wen unsere DRV 7s Jungs im monegassischen Stade Louis 2 in der Gruppenphase des Turniers antreten werden. Mit Kanada, Uruguay und Sri Lanka hat Deutschland wohl ein mittelschweres Los erwischt. Gruppe A hingegen wurde von den internationalen Rugby-Medien direkt der Titel Todesgruppe angeheftet. Der absolute Topfavorit und Paris 7s Gewinner Samoa trifft darin mit Irland, Tonga und Simbabwe auf sehr unangenehme Gegner. Aus deutscher Perspektive eliminieren sich damit zwei starke Gegner, auf die man in der K.O. Phase hätte treffen können, gegenseitig.
Erster Gegner für die DRV-Sieben wird an Turniertag eins um 12:06 Sri Lanka sein. Zwar war der Inselstaat im letzten und somit vermeintlich schlechtesten Topf bei der Verlosung gesetzt, bleibt aber dennoch ein nicht zu unterschätzender Gegner. Immerhin gibt es in Sri Lanka mit über 120.000 registrierten Rugby-Spielern neun Mal so viele, wie in der Bundesrepublik und das bei einem Viertel der Gesamtbevölkerung Deutschlands. Zudem wird auf beachtlichem Niveau in der dortigen Liga gespielt. So gut, dass beispielsweise Fidschi-Superstars Pio Tuwai und Samisoni Viriviri bereits in der Liga Sri Lankas aufgelaufen sind. Auch DRV-Leistungssportreferent Manuel Wilhelm warnt davor Sri Lanka zu unterschätzen, immerhin habe Sri Lanka "beachtliche Ergebnisse in Asien gegen Teams wie Hong Kong, Japan und Südkorea erzielt".
Weiter geht es an Tag eins des Turniers um 15:21 gegen Uruguay. Eine sehr physisch spielende Mannschaft, die 2013 und 2014 am Sevens World Series Quali-Turnier in Hong Kong teilgenommen hat und es dort bis in das Viertelfinale geschafft hat. Auch bei Uruguay gilt es laut Leistungssportdirektor Wilhelm: "Auf keinen Fall unterschätzen".
Kapitän von Grumbkow: "Kanada ist schon eine Hausnummer"
Die Gefahr dies beim schwersten Gruppengegner Kanada zu tun, auf den man als letztes an Turniertag eins um 18:36 trifft, ist sicherlich gering. Die Mannschaft mit dem Ahornblatt auf dem Trikot ist seit der Gründung der World Series im Jahr 1999 ohne Unterbrechung mit von der Partie. Noch vor zwei Jahren war Kanada in der Endabrechnung sechster der World Series befindet sich seitdem aber auf einem leichten Abwärtstrend und wurde in diesem Jahr nur Dreizehnter auf der World Series. Wobei dies sicherlich auch damit zu tun haben dürfte, dass etliche Siebener-Spieler der Kanadier im Herbst beim Rugby World Cup für die Fünfzehner-Mannschaft aufgelaufen sind. Einige der absoluten Schlüsselspieler der Mannschaft fanden damit in dieser Saison auf der Siebener-Serie nicht mehr richtig in Tritt.
Clemens von Grumbkow, Kapitän der deutschen Siebener-Nationalmannschaft, sieht seine Mannschaft vor einer schweren Aufgabe. "Kanada ist natürlich eine Hausnummer, während Uruguay und Sri Lanka für uns eher unbekannt sind", "dennoch hätte es, mit Blick auf Gruppe A noch schlimmer kommen können" so der Innendreiviertel des HRK. Trotzdem betont von Grumbkow, dass der Fokus erst einmal auf dem anstehenden GPS-Turnier in Moskau liege, bei dem ein gutes Abschneiden "sehr wichtig" sei. Leistungssportdirektor Wilhelm gibt die Losung aus sich bestmöglich zu verkaufen und in Sachen Abschneiden "ist alles über dem Viertelfinaleinzug hinaus ein Erfolg".
Falls es die deutsche Nationalmannschaft auf einen der ersten beiden Plätze in der Gruppe B schaffen sollte, würde im Viertelfinale ein Gegner aus der Gruppe C warten. Dieser wäre aller Wahrscheinlichkeit nach Russland oder Chile. Gegen die Südamerikaner würde man wohl als Favorit gelten, obwohl der Gegner reichlich unbekannt ist. Russland indes hat man in den letzten Jahren schon mehrmals schlagen können, aber die Russen haben Deutschland mindestens ebenso so oft besiegen können und sind durch ihre Premieren-Saison auf der World Series wohl noch stärker einzuschätzen. Ein Einzug in das Halbfinale des Turniers wäre somit zweifelsohne ein großer Erfolg.
An einen Gesamtsieg beim Turnier und der damit verbundenen Olympia-Teilnahme zu glauben scheint zum heutigen Zeitpunkt aber noch Träumerei zu sein. Doch vielleicht nehmen sich die DRV 7s Cracks so nah am Grabe von William Webb Ellis ein Beispiel an dessen Missachtung der geltenden Norm. Deutschland ist keine Rugby-Nation hört man im Ausland all zu oft. Die zwölf deutschen Rugger, die am 19. Juni in Monaco das Feld betreten werden haben die Chance, die Zweifler im In- und Ausland eines Besseren zu belehren.
Schottischer Sensationsieg in London
Während die DRV VII in Tours beim hochklassig besetzten Howard Hinton Sevens Turnier einen beachtlichen Erfolg gegen hochklassige Gegner erzielen konnte (Turnierbericht), fand in London zeitgleich das abschließende Turnier der HSBC Sevens World Series statt. Fidschi konnte, unter anderem mit dem ex NFL-Spieler Jarryd Hayne auf dem Feld, mit einem dritten Platz die Gesamtwertung der Serie für sich entscheiden.
Doch die riesige Überraschung des Turniers war der Sieg der Schotten, die bis dahin in 16 Jahren auf der World Series nicht in einem einzigen Finale eines Turniers gestanden hatten. Auf dem heiligen Rasen von Twickenham, der Heimat des Erzrivalen England, schalteten die Schotten bereits im Halbfinale den Titelverteidiger USA aus. Im Finale war man lange mit den Blitzbokke aus Südafrika ebenbürtig, aber mit einem Roscko Speckman Versuch nur zwei Minuten vor dem Schluss schien das Finale entschieden. Die Schotten lagen mit elf Punkten zurück und brauchten schon ein wahres Wunder, doch genau das gelang den Mannen mit der Distel auf dem Trikot. Ein Versuch von Dougie Fife 22 Sekunden vor dem Ende, der direkt erhöht wurde, ein erfolgreich selbst gefangener Ankick und weitere fünf Punkte später, wieder durch Fife, und Schottland hatte Geschichte geschrieben.
Schottlands großartiges Comeback im Finale der London 7s
Ingesamt gab es damit fünf verschiedene Mannschaften, die mindestens eines der zehn World Series Turniere in dieser Saison für sich entscheiden konnten. Mit Kenia, Samoa und Schottland waren es zuletzt gleich drei Mannschaften, die in den letzten Jahren eher auf den unteren Hälften der Tableaus zu finden waren. Während man über die Geschichte der Fünfzehner-WM hinweg die Überraschungen leider noch an einer Hand abzählen kann, sorgt nicht zuletzt der olympische Status der Kurzversion unseres Sports für eine immer höhere Leistungsdichte und deutlich mehr Sensationen.