Mit der inoffiziellen Frauen-Nationalmannschaft G15 konnte im letzten Jahr bereits ein Erfolg gegen die Schweiz verbucht werden
Am 16. April fasste das Präsidium des DRV den Beschluss, die Fünfzehner-Nationalmannschaft der Frauen nach fast siebenjähriger Abstinenz erneut ins Leben zu rufen. Schon Anfang Mai wurden dann Alfred Jansen und Marcus Trick als Trainer und Co-Trainer berufen. TotalRugby hat sich mit dem gerade erst berufenen Trainerteam zusammengesetzt, um sich über deren kommende Aufgabe zu unterhalten, welche Schwierigkeiten sie erwartet und welche Ziele mit dem Projekt verfolgt werden.
TotalRugby: Erst einmal Gratulation zu euer Berufung als Trainer und Co-Trainer der wieder ins Leben gerufenen Fünfzehner-Nationalmannschaft der Frauen. Nach nunmehr fast siebenjähriger Abstinenz kehrt die Frauen-DRV-XV damit wieder zurück auf die internationale Bühne, allerdings erst mal nur befristet auf zwei Jahre. Über eine Fortführung wird nach einer Bewertung der "Leistungsfähigkeit und Finanzierbarkeit" des Projektes entschieden. Was kann in so einer kurzen Zeit überhaupt erreicht werden? Alfred Jansen: Herzlichen Dank für die Glückwünsche! Wir hoffen, das in uns gesetzte Vertrauen auch erfüllen können, es wird sicherlich nicht die leichteste Aufgabe in unserer Rugbykarriere. Glücklicherweise sind wir bei diesen Vorhaben aber nicht ganz alleine. Die Verein sowie einige Landesverbände stehen hinter der neuen 15er-Frauennationalmannschaft und werden uns unterstützen, soweit dies nur irgend möglich ist. Auch unser Team, welches mit Bianka Häusler (Management) und Julia Rettig (PR) komplettiert wird, nimmt uns einiges an Arbeit ab. Dass der DRV dem Projekt grundsätzlich positiv gegenüber steht, ist schon mal ein Erfolg. Der DRV hat seine Unterstützung aber auch praktisch auf den ideellen Bereich beschränkt und verlangt von der DRF (Deutsche Rugby-Frauen; Anm. d. Red.) zunächst einen Nachweis der Konkurrenzfähigkeit und Machbarkeit einer Nationalmannschaft. Natürlich sind bei einem kompletten Neuanfang zwei Jahre eine kurze Zeit, um in dieser Frist die Zweifel innerhalb des DRV zur Leistungsfähigkeit und zum Potential einer 15er-Nationalmannschaft auszuräumen. Angesichts der knappen Ressourcen wird die gesamte Planung daher auf dieses einzige Ziel ausgerichtet sein. Im letzten Jahr haben wir mit der G15 gegen die Schweiz bereits erfolgreich nachgewiesen, dass wir praktisch aus dem Stand in der Lage sind, internationale Spiele zu gewinnen. Auch internationale Vergleiche unserer Vereine haben gezeigt, dass Potenzial im deutschen 15er-Frauenrugby durchaus vorhanden ist. Es ist allerdings auch klar, dass wir nachlegen und schon kurzfristig stärkere Gegner fordern müssen. Andererseits kann auch niemand davon ausgehen, dass wir sofort auf allerhöchstem Niveau erfolgreich sein können. Marcus Trick: Unser erstes Ziel ist es, mit bescheidenen Mitteln und bestmöglicher Organisation einen überschaubaren, aber anspruchsvollen und erfolgreichen internationalen Spielbetrieb aufziehen. Unser Teammanagement befindet sich in Gesprächen mit dem belgischen Verband über ein Länderspiel im Herbst. Wir hoffen sehr, dass wir dieses Spiel hinbekommen um mit einer sportlich sehr anspruchsvollen Aufgabe in eine neue Ära zu starten. Belgien wäre auch historisch der richtige Gegner, schließlich waren die Belgierinnen der letzte Gegner unserer Nationalmannschaft im Jahre 2010. Im nächsten Jahr wären dann ein Spiel gegen die Schweiz und einen Kracher wie die Niederlande ein nächster Schritt. TR: Bereits im nächsten Jahr findet die kommende Frauen-WM in Irland statt. Eine Teilnahme daran wäre sicherlich utopisch. Aber eine Teilnahme am europäischen Qualifikationsturnier mit Mannschaften wie Belgien und der Schweiz im Herbst dieses Jahres ist aber dennoch geplant, richtig? Marcus Trick: Ja, eine Teilnahme am World Cup 2017 wäre in der Tat utopisch, das Turnier kommt viel zu kurzfristig für eine jetzt neu zu formierende deutsche 15er-Nationalmannschaft. Die WM-Qualifikation zum World Cup 2017 soll im Oktober in Spanien im Rahmen der European Championship stattfinden. Zu den letztjährigen vier Teilnehmern der European Championship werden dann voraussichtlich die Niederlande und Gastgeber Spanien hinzu kommen, der Turniersieger spielt dann gegen Schottland aus den Women Six Nations um den letzten europäischen Startplatz bei der WM 2017. Deutschland wird aus einem ganz einfachen Grund in Spanien nicht dabei sein: das Turnier kommt einfach zu kurzfristig, als dass wir dessen Vorbereitung und Finanzierung gewährleisten können. Alfred Jansen: Eine Teilnahme war folglich auch im Vorfeld und in den Gesprächen mit dem DRV nie angedacht. Allerdings wollen wir eben während deren Turniervorbereitung im September gegen die letztjährigen Siegerinnen der European Championship spielen, eben die Belgierinnen. So können wir kurzfristig einen Vergleich mit einem Team aus eben dieser WM-Qualifikation realisieren. Das ist eine reizvolle Aufgabe und passt in unser Konzept. TR: Die gemeinsame Trainingszeit der Spielerinnen mit Potential für die Nationalmannschaft zu maximieren dürfte aufgrund der Entfernungen zwischen den starken Klubs in Heidelberg, Hamburg, Hannover und Köln sicherlich nicht einfach werden. Wie wollt ihr dieses Problem angehen? Alfred Jansen: Das ist wohl das größte Problem. Eine gut funktionierende Mannschaft sollte natürlich ausreichend gemeinsame Trainingszeit haben; das wird eine Herausforderung. Dahingehend werden unsere Vorbereitungsmaßnahmen sehr kompakt ablaufen müssen. Wir werden versuchen dies in Zusammenarbeit mit den Landesverbänden zu kompensieren, indem wir Schwerpunkttrainings durchführen, zum Beispiel zu einer unserer absehbaren Hauptbaustellen, den Standardsituationen. Hier laufen bereits Gespräche mit den Rugbyverbänden von Baden-Württemberg und Nordrhein-Westfalen, weiter sollen folgen. Wir wollen im Rahmen dezentraler Trainingsmaßnahmen auch Spielerinnen sichten, die nicht im 15er aktiv sind. TR: Sicherlich werden einige Spielerinnen der DRV VII auch Kandidatinnen für euer Team sein. Werden terminliche Konflikte und möglicherweise auch Überspieltheit von Topspielerinnen zu einem Problem werden? Marcus Trick: Das wiederum wird aus unserer Sicht das geringste Problem werden. Natürlich wollen und müssen wir nach Möglichkeit auch auf 7er-Nationalspielerinnen zurückgreifen. Unsere potentiellen Gegnerinnen in den nächsten zwei Jahren sind aber den gleichen Zwängen wie wir unterworfen, bei ihnen wie bei uns werden sich daher die 15er-Aktivitäten ohnehin auf die zweite Jahreshälfte konzentrieren. Wir werden dabei auch immer die Gesundheit und Entwicklung jeder einzelnen Sportlerin im Auge behalten. Um dies zu gewährleisten müssen wir eng mit den Vereinstrainern und dem Betreuerstab der 7er-Nationalmannschaft kooperieren. Wir wollen nicht gegeneinander arbeiten, sondern gemeinsam Rugbydeutschland voranbringen. TR: Sollte man beim DRV nach dem Ablauf der zweijährigen Erprobung zu dem Entschluss kommen, dass eine Fortführung des Projektes Fünfzehner-Nationalmannschaft der Frauen sinnvoll ist, was könnte dann langfristig angesichts der Rahmenbedingungen in Deutschland möglich sein? Wäre die darauffolgende WM 2021 ein mögliches Ziel? Alfred Jansen: Unser Auftrag ist ja zunächst einmal die erste Bewährung einer 15er-Nationalmannschaft in den nächsten zwei Jahren. Mittelfristig muss dieser Weg dann in einen regelmäßigen europäischen Wettbewerb führen. Aber eine künftige WM-Teilnahme kann durchaus ein Ziel sein, insbesondere falls World Rugby eine grundsätzliche Überlegung der Erweiterung des Teilnehmerfeldes auf 16 Teams umsetzt. Wir sind überzeugt davon, dass Deutschland unter die acht besten europäischen Teams vordringen kann.
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