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Das frühe Ausscheiden der englischen Rugby-Nationalmannschaft bei der WM im eigenen Land hat hohe Wellen geschlagen. Eine unmittelbare Konsequenz war der folgerichtige Rücktritt des Nationaltrainers Stuart Lancaster. Die meisten waren sich schnell einig, dass Lancaster die Hauptverantwortung am frühen Ausscheiden getragen hat. Noch nie war ein WM-Gastgeber schon nach der Vorrunde gescheitert. Buchmacher wie Iron Bet räumten dem Weltmeister von 2003 vor Turnierbeginn gute Chancen auf den Finaleinzug ein. Das führe Ausscheiden nagte am Selbstbewusstsein einer ganzen Sportnation.
Rücktritt absolut notwendig
Der Vorsitzende des englischen Rugby-Verbands Ian Ritchie ließ in einer Erklärung zum Rücktritt Lancasters keine Zweifel daran aufkommen, dass er diesen Schritt für notwendig hielt. Bei einer gemeinsamen Analyse der vergangenen Weltmeisterschaft sei man zu dem Schluss gekommen, dass ein Abschied Lancasters das Beste für beide Seiten wäre. Trauer über den Abgang des 46-Jährigen war aus dieser Aussage nicht herauszuhören. Es scheint, als sei diese Sprachregelung in erster Linie dazu gedacht, dass der Ex-Coach durch seinen Rücktritt das Gesicht wahren kann und somit einem offiziellen Rauswurf zuvorgekommen ist.
Die Entscheidung wurde sowohl von beteiligten Athleten als auch von Journalisten und Fans einhellig begrüßt. Allerdings machten sich viele auch Sorgen, dass die Suche nach einem geeigneten Nachfolger schwierig werden könnte. Der oft als Nachfolger ins Spiel gebrachte Michael Cheika, seines Zeichens Trainer der australischen Mannschaft, hatte mit der Begründung, dass es für ihn keinen besseren Job auf der Welt gäbe, als die australische Nationalmannschaft zu trainieren, schnell abgewunken. Doch dann wurde relativ schnell ein neuer Coach präsentiert.
Eddie Jones erster nicht-englischer Coach
Eddie Jones wurde kurz nach der Vertragsauflösung mit Lancaster als neuer Coach der englischen Nationalmannschaft vorgestellt. Jones ist Australier und somit der erste nicht-englische Coach in der Geschichte des englischen Rubgy-Verbandes. Der 55-Jährige ist ein international erfahrener Coach und wird vom englischen Rugby-Verband als ideale Lösung für einen Neuanfang betrachtet. Bei der WM 2003 trainierte er die Mannschaft seines Heimatlandes Australien und schaffte mit ihnen auch den Einzug ins Finale, wo man dann ironischerweise gegen England verlor. Mit Südafrika gewann er bei der WM 2007 in Frankreich als technischer Leiter den Titel. Zuletzt coachte er die nicht gerade als Rubgynation bekannten Japaner und feierte mit ihnen beachtliche Erfolge, unter anderem schlug man bei der WM 2015 sensationell die hoch favorisierten Südafrikaner.
Aber es gibt auch einige kritische Stimmen zur Verpflichtung von Jones. Im Fokus der Kritik steht hier die statische und taktisch geprägte Art und Weise, wie Jones die von ihm trainierten Teams spielen lässt. Ergebnisorientiert heißt das, wenn man ihm wohlwollend gegenübersteht, und langweilig und unspektakulär, wenn man ihm kritisch gegenübersteht. Wenn die Ergebnisse am Ende stimmen und England wieder Titel gewinnt, wird sich aber hinterher sicherlich niemand wirklich über die Spielweise beklagen.
Feuertaufe beim Six Nations Turnier
Noch konnte sich Jones nicht wirklich beweisen und hat jetzt bis zum Beginn des Six Nations Turniers am 6. Februar 2016 Zeit, dass Team von seiner Philosophie zu überzeugen und das Beste aus ihnen herauszuholen. Man wird vielleicht nicht direkt den Gewinn des Turniers erwarten, aber es ist die erste Chance für Jones, mit guten Spielen die Schmach des Vorrundes-Aus bei der Heim-WM so schnell wie möglich wieder vergessen zu machen.
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