US-Rugby auf dem Vormarsch? Foto: Jan Perlich
Oft war in den letzten Jahren über eine Rugby-Profiliga im größten Sportmarkt der Welt spekuliert worden. Jetzt ist es soweit. Totalrugby bringt Euch die Infos.
Ursprünglich erst für 2017 geplant, reagierte der US-Verband auf das schlechte Abschneiden bei der WM in England, und zog die Pläne für die erste Rugby-Profiliga in Amerika überhaupt um ein Jahr nach vorne. Die Professional Rugby Organisation – PRO Rugby – mit Sitz in New York, beginnt die erste Saison bereits im April kommenden Jahres. Insgesamt gehen 6 Teams aus Kalifornien, dem Mittleren Westen sowie dem Nordosten der USA an den Start. Gespielt wird eine Doppelrunde mit 10 Spieltagen und anschließenden Play-Offs bis in den Juli. Im Juni pausiert die Liga während der Länderspiele.
Abgesegnet durch den US-Verband und World Rugby ist es den Machern um Douglas Schoninger, einem New Yorker Geschäftsmann, gelungen, die rivalisierenden Amateurclubs aus den Rugbyhochburgen für das gemeinsame Ziel zu gewinnen: eine professionelle Liga. Ab 2017 werden auch Teams aus Kanada in der Liga erwartet. Nationalspieler beider Länder, die aktuell keinen Profi-Vertrag in Europa haben, werden gemeinsam unter Vertrag genommen und auf die einzelnen Teams gleichmäßig verteilt.
Bei den Spielern aus den Amateurclubs wird der aktuelle Lebensmittelpunkt der Spieler berücksichtigt. Den Aktiven ist somit die Möglichkeit gegeben, einen Teil des Jahres sich auf professionellem Niveau zu beweisen und für die Auswahlmannschaften zu empfehlen, andererseits für ihre Heimatclubs aufzulaufen. Eine Win-Win-Win-Situation für Spieler, Clubs und nationalen Verband.
Zusätzlich darf jedes Team bis zu fünf ausländische Spieler verpflichten. Man darf auf die Namen gespannt sein. Alle Beteiligten werden aus einer gemeinsamen Gesellschaft heraus operieren. Beim sogenannten "Single-entity"-Prinzip gibt es keine einzelnen Franchises. Als Investor kann man nur Anteile an der Gesamtliga erwerben. Alle Spieler sind bei der Liga angestellt. Dadurch konkurrieren die Teams nicht mit Geld um die Spieler. Das "Single-entity"-Prinzip hat sich unter anderem in der Major League Soccer als sehr erfolgreich erwiesen. Die Liga wird von New York aus geführt. Dadurch gibt es eine zentrale Kostenkontrolle und man spart Geld. Jeder Standort hat aber ein eigenes Trainer- und Managementteam. In Sachen Übertragung setzt die neue Liga auf Internet-Streams statt des klassischen TV-Vertrages, auch um das junge Publikum für die Liga zu gewinnen.
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Die Liga folgt damit dem Beispiel anderer erfolgreicher Franchise-Ligen im Rugby-Sport wie Super Rugby in der Südhemisphäre oder der PRO12, der gemeinsamen Liga von Wales, Schottland, Irland und Italien.
Ein ähnliches Modell, wenn auch in finanziell geringerem Rahmen, war 2012 beim deutschen Rugbytag im Rahmen der Ligenreform vorgestellt worden. Es konnte sich jedoch aufgrund der Passivität der deutschen Rugby-Szene nicht durchsetzen. Niemand wollte sich für die zweite Phase verantwortlich zeigen. So blieb es bei der ersten Stufe der regionalen Aufteilung, die mit der Reform der Reform vom vergangenen Sommer wieder obsolet wurde.
Nach wie vor fehlt in Deutschland ein adäquater Wettbewerb, der den aktuellen und künftigen Nationalspielern das nötige Leistungsniveau bietet. Und von Spannung kann in der Bundesliga auch niemand sprechen. Die Folgen sieht man auch in der 15er-Nationalmannschaft. Über die Hälfte der Spieler für die Brasilien-Tour sind "Eingebürgerte".
Natürlich ist der deutsche Rugby-Markt deutlich kleiner als sein nordamerikanisches Pendant. Eine deutsche "Profi-Liga", nennen wir sie spaßeshalber mal "DRL", könnte aber mit einem ähnlichen Konzept langfristig erfolgreich sein. Denn das der deutsche Sportfan auf Rugby steht, das haben die TV-Zahlen der WM gezeigt.
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