© Jürgen Keßler
Dass Eurosport und Co. so ausführlich über Rugby berichten, ist schön. Daraus aber die Forderung nach mehr Medienpräsenz abzuleiten, ist anmaßend. Wer Aufmerksamkeit haben will, muss erstmal selbst liefern. Ein Kommentar von Christian Düncher.
So eine Rugby-Weltmeisterschaft ist schon eine feine Sache. Deutschland ist zwar nicht dabei, trotzdem wird hierzulande so viel über den Kampf ums Ei berichtet wie wohl noch nie zuvor. Und dabei geht es keineswegs bloß um die WM an sich, die dank Eurosport auch in die hiesigen Wohnzimmer übertragen wird. Auch Mitglieder des DRV und deutscher Vereine dienen den Medien derzeit gerne als Gesprächspartner. Die Ergebnisse sind in Print, Online, Radio und TV zu sehen bzw. zu hören.
Das ist alles höchst erfreulich, weckt aber auch Begehrlichkeiten. Das reicht von Fragen wie der, ob Eurosport angesichts der guten Einschaltquoten künftig die „Six Nations“ überträgt, bis hin zur Aussage, dass der Spartensender nun auch die Spiele der Rugby-Bundesliga zeigen soll. Eine derartige Forderungsmentalität ist allerdings nicht nur anmaßend, sondern zeugt von einem gewaltigen Mangel an Branchenkenntnis. Wer in den Medien Beachtung finden will, muss in der Regel erstmal etwas anbieten, über das es sich zu berichten lohnt. Das bezieht sich nicht alleine auf die sportliche Leistung, sondern auch auf deren Präsentation durch den jeweiligen Verein/Verband – vor, nach und während des Spiels. Und da beginnt bereits die lange Reihe an Problemen.
Liga-Logo und Liga-Name (z.B. Deutsche Rugby-Liga)? Fehlanzeige! Konstanz beim Ligen- bzw. Spielsystem? Gibt es ebenfalls nicht! Verständliche Bezeichnung der Wettbewerbe? Schön wär’s! Lieber hält man krampfhaft an traditionellen Begriffen wie DRV- und Ligapokal fest, obwohl es sich dabei um gar keine klassischen Cup-Wettbewerbe mehr handelt! Zeitnahe Versorgung der Fans und vor allem Medien mit Informationen? Bei vielen Vereinen leider keine gängige Praxis! Stichpunkt Liveticker. Totalrugby.de bietet den Klubs die Möglichkeit, sich im bekanntesten deutschen Rugby-Portal auf diese Weise zu präsentieren, doch (zu) viele nutzen diese entweder gar nicht oder in einer Form, die dem Begriff Liveticker nicht mal ansatzweise gerecht wird.
Ähnlich ernüchternd fällt die Bilanz mit Blick auf Pressemitteilungen und anderweitige Publikationen aus. Allzu oft werden hier (unbewusst) Fehler gemacht, die sich leicht vermeiden ließen. Daher muss man sich nicht wundern, dass Rugby zwischen den Weltmeisterschaften hierzulande in einem sehr überschaubaren Maß in den Medien präsent ist. Der aktuelle Umfang der Berichterstattung kann hier freilich nicht die Messlatte sein, mehr wäre aber bei besserer Pressearbeit möglich. Um nicht missverstanden zu werden: Diejenigen, die in ihrem Verein/Verband für diesen Bereich zuständig sind, können nicht alles richtig machen – sofern sie nicht aus dieser Branche kommen. Unverständlich, ja, sogar ärgerlich ist es allerdings, wenn – wie wiederholt geschehen - Angebote zur Weiterbildung in Sachen Pressearbeit nicht wahrgenommen werden bzw. aus Mangel an Teilnehmern ausfallen. Besser wird’s dadurch gewiss nicht, im schlimmsten Fall hat das sogar Fehler zur Folge, die dem Verhältnis zwischen Verein/Verband und Medien schaden können.
Gut gemeint ist bekanntlich nicht immer gut gemacht. Ein aktuelles Beispiel hierfür liefert die „Initiative PRO Rugby“ aus Hannover, die auf ihrer Facebook-Seite mit Verweis auf einen Rugby-Artikel der Süddeutschen Zeitung fordert, „die lokalen Medien (...) sollen sich daran ein Beispiel nehmen und ihre Berichterstattung über das drittgrößte Sportereignis der Welt deutlich ausweiten“. Das ist nicht nur anmaßend, sondern kann sogar kontraproduktiv sein. In den Redaktionen kommt es nämlich in der Regel gar nicht gut an, wenn man unabhängigen Medien vorschreiben will, worüber sie in welchem Umfang zu berichten haben. Man bewirkt auf diese Weise eher das Gegenteil. Der richtige Weg wäre, die Medien auf mögliche Geschichten zum Thema Rugby (und WM) aufmerksam zu machen bzw. zum Beispiel selbst Gesprächspartner anzubieten oder Einladungen zum Training/Public Viewing auszusprechen.
Kurzum: Man muss den Medien etwas anbieten. Und zwar etwas, das überzeugend ist. Dies setzt neben handwerklicher Genauigkeit ein Mindestmaß an Branchenkenntnis voraus. Leider ist beides bei vielen Vereinen/Verbänden nur unzureichend gegeben. Aber es lässt sich in gewisser Weise erlernen – zum Beispiel durch Weiterbildungen.
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