Auch Alysha Stone konnte die Goldenen Adler nicht mehr zum Fliegen bringen
Mit großen Ambitionen waren die deutschen Siebener-Damen in die olympische Qualifikation in der Grand Prix Series gestartet. Am Ende kamen die Siege erst, als der Abstieg bereits besiegelt war. Was läuft schief im deutschen Frauenrugby?
Ach, wären die Damen doch auf dem Platz so engagiert wie in den sozialen Netzwerken. #GoldeneAdler wäre dann wohl nicht einfach nur ein #SchlechterScherz. Aber darf man im deutschen Rugby überhaupt eine Nationalmannschaft kritisieren? Man muss es sogar! Denn was wollen wir? Wir wollen eine erfolgreiche Damenmannschaft. Ist das mit dem momentanen Set-Up möglich? Eindeutig nein! Also müssen Veränderungen her.
Hinter vorgehaltener Hand mussten die Trainer am vergangenen Wochenende zugeben, dass die Spielerinnen schlicht und einfach nicht fit waren. Die Vorgaben aus den Trainingsplänen wurden nicht umgesetzt.
Die Frauen wollten die Trennung von ihrer ehemaligen Trainerin und wussten von vornherein, dass sie daher eine gewisse Eigenverantwortung, was das Kraft- und Fitnesstraining angeht, übernehmen müssen. Als erkannt wurde, dass sie trotz der Trainingspläne des Olympiastützpunktes nicht voran kommen, wurden Fitnesstests gemacht, die Trainingspläne angepasst und ihnen ein Fitnesstrainer an die Seite gestellt, der sie beim Krafttraining begleitet hat (wenn auch nur als Aufpasser und nicht als wirklicher Fitnesstrainer). Dazu wurde eine tägliche Skill-Einheit angeboten, drei bis vier Rugbyeinheiten pro Woche mit den beiden Nationaltrainern, regelmäßige Ernährungsberatung, gezielte Laufbahnberatung, Sporthilfe (bis zu 600 Euro im Monat) und natürlich noch die Stellen als Sportsoldatinnen. Bedenkt man die investierte Summe von rund 250.000 Euro jährlich über die vergangenen drei Jahre, kommen beim DOSB/BMI/Bundeswehr sowie beim deutschen Steuerzahler die Frage auf, ob der Mitteleinsatz berechtigt war. Man bedenke, dass die Frauen mehr gefördert werden als die weit erfolgreicheren Männer.
Aber die Leistungsbereitschaft hat schlicht nicht ausgereicht. Zwei bis drei Frauen bringen das nötige Niveau mit. Ein paar der jungen Talente sind auch vielversprechend, aber die Mehrheit der Spielerinnen genügt in Einstellung und Fähigkeiten nicht den Ansprüchen des olympischen Leistungssports. Und dieser Ansatz ist die Mindestvoraussetzung, will man international auch nur mitspielen. Das sind die Fakten.
Man muss auch die Frage stellen, ob Köln der richtige Stützpunkt ist. Ausschlaggebend waren seinerzeit zwei Argumente: Zum einen die Trainerauswahl. Diese ist mittlerweile obsolet. Zum anderen die Nähe zu den Niederlanden zwecks Austauschs auf sportlicher Basis. Die Niederländerrinnen lehnen diese Zusammenarbeit aber mittlerweile ab. Grund: Die deutschen Damen sind schlicht zu schlecht, als das das Ganze Sinn machen würde.
Somit spricht eigentlich alles für einen Standortwechsel. Wenn das neue Bundesleistungszentrum in Heidelberg fertig ist, kann der logische Schritt nur der Umzug an den Neckar sein. Hier hat man dann die komplette Fachkompetenz im Bundesrugby unter einem Dach. Auch lohnt ein Blick auf die Trainingsintensität der Männermannschaft. Hier wird zwei- bis dreimal am Tag trainiert und das ganzjährig. Den Lohn holten sich die Jungs mit Platz vier und sechs in den ersten Turnieren ab. Weitere Erfolge sind in Aussicht.
Jedem Absturz wohnt ein Neuanfang inne. 2018 findet die Siebener-WM in den USA statt. 2019 wird wohl die Qualifikation für Tokyo 2020 gespielt. Zeit genug ein neues Team aufzubauen. Dann könnten sich die weiblichen Adler auch wieder siegreich in die Lüfte erheben. Das mit dem „Gold“, das bleibt aber vorerst lediglich auf die Trikotfarbe beschränkt.
Lars Schindewolf
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