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Deutscher Rugby-Meister. Wen interessiert’s?
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 13. Mai 2015

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Der Heidelberger RK und der TV Pforzheim bestreiten auch dieses Jahr das Finale um die Deutsche Meisterschaft - © Jürgen Keßler

Der Heidelberger RK und der TV Pforzheim bestreiten an diesem  Samstag erneut das Finale um die Deutsche Meisterschaft. Das überrascht in Rugby-Deutschland niemanden. Und auch wenn sich die Pforzheimer wieder sehr bemühen werden, der Verlierer steht bereits fest: Das deutsche Rugby.

Wenn am Samstag in der selbst ernannten „Rugby-Hauptstadt“ die beiden besten deutschen Vereinsteams den deutschen Meistertitel ausspielen, wird so mancher Heidelberger Rugbyfan das Duell vor seiner Haustür ignorieren. Grund: Hier spielen keine „echten Amateure“ gegeneinander. Bei allem was im deutschen Rugby auch nur in Richtung Profitum geht, rümpft man bei den „Traditionalisten“ gerne mal die Nase. Nicht umsonst wurde in der Vergangenheit im Verfolgerfeld gerne mal der Titel des „Deutschen Amateurmeisters“ ausgelobt.

Doch sind diese finanziellen Strukturen wirklich so verwerflich oder liest sich da nur der Neid heraus, selbst keine Gönner oder Sponsoren akquirieren zu können?

Fakt ist, ohne das Geld der Wild Rugby Akademie, immerhin ein höherer siebenstelliger Betrag über die Jahre, stünden die Nationalmannschaften nicht da wo sie heute sind. Die 15er-Truppe in der Division 1A. Die 7er-Mannschaft, sicher auch bedingt durch die Olympiafördergelder, in der Grand Prix Series. Ganz nebenbei wurde der HRK dadurch zur Ersatznationalmannschaft umfunktioniert. Andere Clubs wollten das „Capri-Sonne“-Geld einfach nicht.

Und in Pforzheim hat es ein findiger Manager mit seinem Team verstanden, in einer Stadt ohne die ganz große Tradition, Interesse an einer Randsportart zu generieren und mit dem Geld aus einem üppigen Sponsorenpool eine Top-Mannschaft zusammen zu stellen.

Und der Rest im Südwest? Der resigniert.

Statt sich der Herausforderung zu stellen und selbst professionelle Strukturen aufzubauen, doktert man lieber am Spielsystem herum.

16 Teams sollen laut Antrag des Bundesliga-Ausschusses künftig nur noch in der 1. Liga spielen. Und nur noch die jeweils besten 2 aus Nordost und Südwest dann um den deutschen Meistertitel spielen. Die restliche 12 spielen dann den DRV-Pokal aus. Den dann 32 Zweitligisten bleibt der Ligapokal.

Mit dieser „Reform“ begibt sich das deutsche Clubrugby endgültig zurück in die „Komfortzone“. Jede Form von nachhaltiger Entwicklung wird ausgebremst. Clubs wie Germania List, Hamburger RC, RC Leipzig  oder RK Heusenstamm  werden in ihrer Entwicklung wieder in die Vorzeit zurück geworfen.

Viel wichtiger wäre es, schärfere Lizenzbedingungen, insbesondere im Jugend- und Trainerbereich zu schaffen. Ob aber nach dem Lizenzierungsdebakel vom letzten Sommer dieses heiße Eisen noch einmal angefasst wird, bleibt offen.

Wo bleiben die Regionalauswahlen?

Der eigentliche Skandal ist aber das, was nicht im Antrag steht. Die Regionalauswahlen.

Die Bildung regionaler Leistungszentren zur Ausbildung der Spieler war 2012 noch Kernelement der ursprünglichen Reform und fällt jetzt völlig unter den Tisch. Bloß nicht erwähnen, es könnte ja den Vereinen zum Nachteil gereichen.

Diese Regionalauswahlen sind ein wichtiger Baustein für den künftigen Erfolg der 15er Nationalmannschaft. Mit diesen Auswahlen gäbe es einen deutschlandweiten Spielbetrieb auf entsprechendem Niveau, welches auch den aktuellen und künftigen Nationalspielern nutzt. Durch den sportlichen Erfolg der Auswahlmannschaften ist die Motivation mit dem Adler auf der Brust aufzulaufen so hoch wie schon lange nicht mehr. Ohne Regionalauswahlen bleiben für einen ambitionierten 15er-Nationalspielern nur noch die zwei Topclubs im Südwesten oder das Ausland als Auswahl. Was zu einem weiteren Aderlass bei den Teams aus der zweiten Reihe führt.

Was wirklich wichtig ist

Ob die Liga mit 8,16,24 oder mehr Vereinen an den Start geht, ob es Pokalbewerbe und/oder Playoffs gibt...Das ist nur äußere Makulatur. Es löst nicht die strukturellen Probleme im deutschen Rugby wie mangelhafte Jugendarbeit, fehlende Leistungszentren, unzureichende Trainer- und Schiedsrichterausbildung.

Es wird Zeit, dass sich Vereine und Landesverbände ihrer Verantwortung für das deutsche Rugby bewusst werden und mit der Umsetzung der zweiten Stufe der ursprünglichen Reform beginnen, statt das sich eine Handvoll Vereine einen neuen Modus nach eigenem Gusto zurechtschneidert.

 

Autor: Lars Schindewolf

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Kommentare (10)add comment

Andreas Hauer said:

2314
Der Beitrag ist sehr interessant.
Auch ich bin ein Fan der Regionalauswahlen, allerdings hat man meines Erachtens damals den Fehler gemacht, die Reform nicht konsequent umzusetzen und verbindliche Absprachen zu treffen.
Stattdessen hat man einfach die Phase 1 genommen und sich gefreut, dass nun "alle" in der 1. Bundesliga mitspielen dürfen.

Wenn man mal genauer hinguckt, haben wir in Deutschland nicht mal 24 Teams um eine 1. Bundesliga ordentlich aufzustellen. In der Saison 2014/15 sind gerade mal 21 Mannschaften angetreten. Seit der Ligareform 2012 hat es im Nordosten immer eine Mannschaft gegeben, die die Saison in der Meisterrunde nicht zu ende gespielt hat.

Wie soll man so ein "Produkt" Sponsoren verkaufen. Hinzu kommt der DRV-Pokal.
Welcher Rugby-Laie weiß schon, was DRV-Pokal bedeutet. Jeder in Deutschland denkt, dass ist ein K.O.-Wettbewerb, statt einer Art "2. Liga".

Mit der neuen "möglichen" Regelung wird wenigstens ein verbindlicher Spielplan erstellt, mit dem die Vereine planen können und mit dem man auch auf Werbepartner zugehen kann.
Nie zu wissen, wann man gegen wen spielt, ist ein großes Manko an der aktuellen Reform.

Prinzipiell sind 2 Achter-Staffeln schon ein guter Schritt. Allerdings sollte der DRV-Pokal so gestaltet werden, dass es mehr Vergleiche zwischen Nord- und Süd-Teams gibt.
Mein Vorschlag wäre es Gruppen für den Pokal zu bilden und Nord- und Südteams miteinander zu mischen.

Ich freue mich über eure Meinungen!
Mai 13, 2015

Kamaz Othodow said:

2034
Voraussetzungen zur Teilnahme in der 1. BL
Es sollten vielleicht in der ersten Linie Voraussetzungen geschaffen werden, die die Vereine zur Teilnahme in der 1. BL befähigen.
1. Eine zweite Mannschaft, damit es nicht zu den "Ausfällen" im Spielbetrieb kommt
2. Jugendteams, wäre vielleicht 'ne Maßnahme zur Förderung der Jugend (Punktabzüge bringen hier nichts)
Eine Mannschaft, die solche Voraussetzungen in die 1. Bl mitbringen würde, wird sich auch dauerhaft dort etablieren.
Mai 13, 2015

christoph trebbin said:

3238
41:14 55:5
Das sind nicht etwas die Traummasse eines Rugby-Spielers, sondern die letzten Halbfinal-Ergebisse. Überraschung: Fehlanzeige. Alle 4 Teams aus dem Südwesten, darunter die beiden Voll-Profi-Teams. Der Rest ist Staffage (wie immer). Richtig ist, ohne den HRK und seine Acadamy hätten wir nicht diesen tollen Aufwind im 7er- und 15er-Rugby. Das ist auch alles bekannt. Nur, mittel und langfristig wird die Rugby-BL zum "Lame-Duck-Project", egal wie oft und wie lange an den neuen Strukturen wieder herumgebastelt werden. Wenn es uns nicht gelingt, mit einigen Top-Sponsoren eine ähnliche Profi-Liga mit gleichstarken Teams wie in Italien oder Frankreich oder sonstwo aufzubauen, dann werden wir auch noch in zig Jahren im Ur-Schleim der Öffentlichkeitswahrnehmung dahinfristen. Die Rugby-Puristen und - Nostalgikern werden sich nach wie vor an ihren reinen Amateurteams erfreuen, und die beiden Profi-Teams und deren Sponsoren werden vielleicht irgendwann auch ihre Motivation verlieren, teure Trainings-Spiele gegen den Rest der Liga auszurichten. Der Verlierer ist am Ende auf jeden Fall wieder der deutsche Rugby!
Mai 13, 2015

Michael Corbishley said:

3055
Keine
Das Ligasystem hat weder TV Pforzheim noch SC1880 noch HRK zurück gehalten – und auch nicht das aktuelle weder das mögliche neue. Man kann das Ligasystem nicht für 'fehlenden' Ehrgeiz anschuldigen.

Regionalmannschaften waren in (fast?) alle Länder ausschließlich von den Nationalverbänden gegründet und finanziert, warum schuldet man hier denn die Vereine? In Irland sind die Spieler sogar direkt angestellt, und die Vereine haben auch in Schottland und Wales die Regionalen Mannschaften nicht gewollt.

Höchstens Heidelberg, Hamburg, Rhein-Main, Hannover und Berlin könnten wettbewerbsfähige Mannschaften zusammenstellen. Wenn Sie hier bestimmte Verbände oder Vereine Anschuldigen möchten dann sag welche und bitte diese auch ihre Meinungen fragen und präsentieren. Wie sieht dann eine Regionalmannschaft konkret aus? Halbprofi? Voll Profi? Ehrenamtlich? Hauptangestellte Trainern? Mit Akademien? Was wird bisher unternommen? Nur von eigene Landesjugend oder auch ausländische Spieler? Wie viel werden die Kosten und wer bezahlt? Wie viel kann der DRV dazu tun? Wie viel Geld haben die Landesverbände und Vereine überhaupt zur Verfügung? Wie viel muss von Sponsoren gewonnen werden? Wo werden die Spielen? Außerdem macht es überhaupt kein Sinn über solche Themen in NRW, Bremen, Bayern und andere Länder mit BL Mannschaften zu reden - das Geld und Publikum, sogar die Spieler, gibt es kaum.
Mai 13, 2015

Michael Corbishley said:

3055
Nicht ausgewogen
Außerdem finde ich es nicht o.k. dass der neue Antrag kritisiert wird ohne dass es erst ausgewogen präsentiert wird. Eigentlich wird die neue BL.1 fast genau wie der Meisterrunde aussehen, die Kritik oben stimmt überhaupt nicht - es ist vollkommen unzutreffend. Heusenstamm, Hamburg und Germania List werden genau die gleiche Gegner haben, und Leipzig wird mittlerweile auch die Grizzlies ersetzen können. Zumindest werden sie alle auch einen Chance auf einem Pokalgewinn haben. Außerdem bringt es eine Menge Vorteile für kleine Vereine, eine Mischung von Vorteile und Nachteile für mittelgroße Vereine, aber auch mehr Zeit für die Nationalmannschaften. Ich finde der Artikel hier ehe provokativ als ausgewogen.
Mai 13, 2015

Marcus Trick said:

449
Abenteuerlich
Die Motivation der Vereine zu Veränderungen am Spielsystem implizit auf die Dominanz der beiden "Profiklubs" - ich setze das mal bewusst in Anführungszeichen - zu schieben, finde ich sehr verwunderlich. So korrekt die Darstellung der aktuellen sportlichen und wirtschaftlichen Situation in der Bundesliga ist, so haarsträubend sind die Rückschlüsse und Unterstellungen des Autors.

Glaubt er etwa wirklich, dass noch Bundesligaspielbetrieb stattfinden würde, ohne den Willen zur und die Hoffnung auf eine Beendigung der bestehenden Dominanz zweier Vereine? Man gäbe sich bei den Vereinen der Illusion hin, diese Dominanz mit einem geänderten Spielsystem brechen oder ihr "entrinnen" zu können? Oder gar, dass irgendein Verein die Capri Sonne-Millionen abgelehnt hätte?

Wo bitte ist die Relevanz der aktuellen sportlichen und wirtschaftlichen Kräfteverhältnisse zum Spielsystem? Hält er die Vereinsvertreter der Bundesliga einfach nur für so blöde? Das wäre ja die einzige Erklärung dafür, hier eine Verbindung zwischen diesen beiden Themen herzustellen. Zumindest wenn man seitens des Autors dem Leser auf TR nicht eben diese Blödheit unterstellt...

Es ist ja tatsächlich so, dass alle deutschen Rugbyvereine sich nach Kräften und ihren Möglichkeiten um Gönner und Sponsoren zu Bemühen. Die herausragenden Ergebnisse der beiden vorgenannten Vereine sind aber doch mehr eine schicksalhafte Fügung als das Ergebnis eines ursprünglichen entsprechenden Marketingkonzeptes. Erfolgreiche Geschäftsleute haben sich - aus reinem Goodwill - hier ihrer(!) Vereine angenommen und die finanziellen Mittel zur Verfügung gestellt/generiert, mit denen diese Erfolge ermöglicht wurden.

Die anderen Vereine mögen darauf zwar ein bisschen neidisch sein, dürfen sich aber damit trösten, dass diese Zustände endlich sind. Vor allem da auch der HRK und der TVP ja weit davon weg sind, Geldgebern einen wirtschaftlich relevanten Gegenwert zu bieten. Alle mir bekannten Vereine mühen sich genau deshalb weiterhin und nehmen deshalb jeden Cent an Einnahmen gerne an, um selbst die eigenen Möglichkeiten zu verbessern. Ich nehme an, sie nehmen es auch gerne von Capri Sonne!

Die Motivation für eine erneute Reform des Spielsystems ist aber doch nicht Resignation ob der Dominanz zweier Vereine. Sondern die Tatsache, dass das bestehende System Schwächen hat. Diese sind um so erheblicher, weil man die Reform damals aufgrund der Bedenken der Vereine nur mit der 1. Stufe umgesetzt hat, ohne die doch so wichtigen Regionalauswahlen. Sonst wäre das aktuelle Spielsystem bei den Vereinen mutmasslich mangels wirtschaftlich tragfähigem Konzept und Akzeptanz doch nicht mehrheitsfähig gewesen...

Daran hat sich seither dann ja auch nichts geändert, ein solches Konzept sind alle Beteiligten ja bislang schuldig geblieben. Auch eine gestiegene Akzeptanz für das System der Regionalauswahlen kann ich nicht erkennen. Denn die Vereine - und sie sind nun mal ín Summe der DRV - wollen ja jetzt eine (andere) Lösung. Und wieder wirken demokratische Meinungs- und Entscheidungsprozesse...

Und dass in solchen Prozessen Gegenpositionen bezogen werden ist auch o.k.! Aber so leid es mir tut, dieser Versuch der Diskreditierung des Bundesligaausschusses und seiner Bemühungen um das Spielsystem ist mir ein bisschen zu plump!

Mit freundlichen Grüßen
Marcus Trick
Mai 13, 2015

Robert Martin said:

143
Stukturproblem Nr. 1 ist und bleibt die Nachwuchsförderung
... und zwar egal ob es sich um einen semiprofessionellen Serienmeister oder einen kleinen Amateurverein ohne Bundesliga Ambitionen handelt.
Gerade zurück von den DRJ Meisterschaften in Hannover habe ich dort die Präsenz jener Clubs vermisst, die gerade soviel für Rugby Deutschland tun!
Mein Vorschlag:
Nur wer eine EIGENE Schüler- oder Jugendmannschaft im Vorjahr zu den DRJ Meisterschaften (15er für Meisterrunde, 7er für DRV Pokal) geschickt hat, hat als Club die Grundvoraussetzungen erfüllt in seiner jeweiligen Spielklasse in die Playoffs eintreten zu dürfen!
Das würde dafür sorgen das alle ambitionierten und besonders die Vorzeigeclubs sich bezüglich Jugendarbeit genauso ins Zeug legen, wie eine RGH, Germania,Victoria 78, TSV, SC1880, Berliner und viele andere für Rugbydeutschland gute und wichtige Vereine, die aber im Herrenbereich im sportlichen Schatten der beiden "Top" Clubs stehen. Die aus der Mengensteigerung resultierende Erhöhung der Anzahl Schülerturniere und Jugendspiele wäre ganz einfach noch eine positive Qualitäts- und Attraktivitätssteigerung.
Mai 13, 2015

Anne Lormis said:

641
schön einseitig und herablassend
Mir fehlt leider die Zeit weiter auf diesen Artikel einzugehen. Ich bin nämlich viel zu beschäftigt mir "nicht" den Arsch für meinen Verein aufzureißen.
Mai 13, 2015

Kamaz Othodow said:

2034
Zeiten ändern sich
Auch Victoria Linden und DRC Hannover waren mehrfache Meister...
Mai 13, 2015

Gero Welter said:

3348
...
"ohne die ganz große Tradition.." Der Schreiber ist sehr gut informiert. Nicht. Darum ist der Satz mit der angeblich nicht vorhandenen Jugendarbeit auch plötzlich verschwunden.
Mai 15, 2015

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