Seite 1 von 2 Quade Cooper wurde am Freitag der Öffentlichkeit als neuer Verbinder des RC Toulon vorgestellt
In weniger als 150 Tagen beginnt im Londoner Twickenham-Stadion die achte Rugby-Weltmeisterschaft mit der Begegnung England-Fidschi. Während die diesjährige WM die größte, bestbesuchte und meistverfolgte jemals zu werden verspricht, scheint auch das damit verbundene Transferkarussel ein besonderes zu werden.
Traditionell nutzen viele altgediente Spieler der drei Südhemispheren-Nationen Australien, Neuseeland und Südafrika die Saison nach einer WM, um sich bei einem neuen Verein in Europa oder Japan anstellen zu lassen. Die mittlerweile deutlich lukrativeren Verträge speziell in Frankreich, die extreme Reisebelastung für Super Rugby Spieler, sowie der scheinbar unerschöpfliche Nachschub an talentierten Nachwuchsspielern, der im Umkehrschluss mehr Wettbewerb für altgediente Heroen bedeutet, sind die Hauptursachen für diese alle vier Jahre wiederkehrende Entwicklung.
Doch nach der WM in diesem September und Oktober werden sich noch einmal mehr Rugby-Profis als bisher aus dem Süden in die Top 14, die Aviva Premiership oder die Guiness Pro 12 begeben. Hierbei spielen die beiden kürzlich abgeschlossenen TV-Verträge in England und Frankreich eine gewichtige Rolle. Die französischen Vereine etwa können sich über eine Verdopplung ihrer TV-Gelder freuen, jährlich insgesamt etwa €72 Millionen für die 14 Topklubs ab der nächsten Saison. Bereits mit den Mitteln des alten TV-Vertrages bringt es der durchschnittliche Top 14 Klub heute schon auf ein Budget von über €21 Millionen pro Saison. Aber auch die TV-Rechte für die englische Liga sind seit einer Verlängerung mit BT Sport nahezu ähnlich wertvoll, wie die jenseits des Ärmelkanals.
Außerdem haben sowohl Südafrika als auch Australien seit der letzten WM ihre Nominierungskriterien gelockert. Schon bereits seit mehreren Jahren können Spieler, die bei einem Verein im Ausland spielen, auch für die südafrikanischen Springboks spielen. Vor wenigen Tagen hat nun auch der australische Verband ARU dem in dieser Hinsicht zunehmenden Druck nachgegeben. Von nun an können Wallabies, die mehr als 7 Jahre einen ARU Vertrag besessen haben und zudem bereits 60 Caps gesammelt haben, für die Nationalmannschaft auflaufen, auch wenn sie bei einem ausländischen Verein spielen. Nachdem die Wallabies mit dem zweite-Reihe Stürmer Kane Douglas zuletzt einen jungen vielversprechenden Spieler, der unter Nationaltrainer Micheal Cheika unumstritten war, an Leinster Rugby verloren hatte, schien der Handlungsbedarf unaufschiebbar.
Durch die Neuregelung will die ARU einerseits Wallaby-Spieler für europäische Klubs unattraktiver machen, da sie während der Saison für die Rugby Championship abgestellt werden müssten. Andererseits versucht man bei der ARU auch die Stärke der eigenen Mannschaft in den kommenden Jahren in der Rugby Championship trotz hochkarätiger Abgänge zu gewährleisten. Zum jetzigen Zeitpunkt könnten RC Toulon Außen Drew Mitchell und Innen Matt Giteau, sowie Rekordnationalspieler George Smith, der mittlerweile bei Lyon unter Vertrag steht, von dieser Regelung profitieren.
Einzig die neuseeländische NZRU bleibt bisher bei ihrer strikten Haltung, niemanden für die All Blacks zu nominieren, der einen Vertrag abseits von „Aotearoa“ hat. Angesichts der Abgänge von jungen All Blacks wie Charles Piutau, Francis Saili, Collin Slade, sowie den altgedienten Dan Carter, Ma‘a Nonu und Conrad Smith wird auch in Neuseeland heftiger über das für und wider dieser strikten Haltung diskutiert.
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