Während auf dem europäischen Kontinent die Rugby Saison 2014/2015 mittlerweile Fahrt aufgenommen hat, wurde am Wochenende zwischen den South Sydney Rabbitohs und den Canterbury-Bankstown Bulldogs das prestigeträchtige Finale um die australische Rugby League Meisterschaft ausgetragen. Um es vorwegzunehmen: Die Rabbitohs, die unter anderem dem Gladiator-Darsteller Russel Crowe gehören, haben das Endspiel deutlich mit 30-6 gewonnen.
In der Regel ist es so, daß Rugby League im Vergleich zu Union, zumindestens in diesen Breitengraden deutlich weniger mediale Aufmerksamkeit gewidmet wird. Allerdings ist es nun einem Mann zu verdanken, daß in den vergangen Tagen weit über die Grenzen Australiens die Sportart im Fokus stand (auch Bild.de und Welt.de berichteten); die Rede ist von “Slammin“ Sam Burgess.
Was war passiert? Der Mann der vom Namen und Statur her auch gut im Profi-Wrestling aufgehoben wäre, brach sich in der Anfangsminute des Spiels bei einem Angriff den Wangenknochen und verlor zusätzlich einen Zahn. Schwer angeschlagen und mit blutender Nase spielte Burgess dennoch das gesamte restliche Finale, sicherte sich anschließend den “Man of the Match“-Award und gleichzeitig den ersten Vereinstitel nach 43 Jahren.
Grund genug sich einmal genauer mit dem harten Kerl auseinanderzusetzen. Sam Burgess, Jahrgang 1988 geboren im Norden Englands (Dewsbury), ist hier auf der Insel im Moment ein Name der mit großer Vorfreude in Verbindung gebracht wird. Zum Jahresende wird der Brite in die englische Premiership wechseln und somit in die Fußstapfen vieler anderer “Code Converts“ treten. Dem finanziell bestens aufgestellten Verein und Ligaprimus Bath Rugby gelang es den Coup anfang des Jahres unter Dach und Fach zu bringen. Umgerechnet ca. 345.000 € überwies der Club aus Süd-West England an die Rabbitohs.
Die stets euphorische britische Presse reagierte kurz nach dem Deal mit höchst erwartungsfrohen Schlagzeilen. Insbesondere in Anbetracht der anstehenden Rugby-WM im eigenen Land, sehen viele in Burgess schon jetzt einen neuen Nationalhelden. Solche Erwartungen sind natürlich stets mit Vorsicht zu bewerten. Zumal man sich derzeit weder in Bath noch bei der Nationalmannschaft nicht 100% einig ist auf welcher Position der 116 kg schwere Star überhaupt spielen soll. Am wahrscheinlichsten wäre die Center Position oder ein Platz in der 3. Reihe.
Fest steht, Burgess ist ein hoch talentierter Athlet mit enormer Durchsetzungskraft und beachtlicher Spielintelligenz. Dennoch wird bei League-Union Wechsel stets eine Frage heiß diskutiert: Inwiefern ist ein Rugby League Spieler in der Lage sich der 15er Version anzupassen? Und auch wenn Union und League viele Gemeinsamkeiten aufweisen, haben sich die beiden Sportarten, insbesondere durch den Profistatus, in den letzten Jahren enorm schnell auf ihre ganz eigene Art entwickelt.
Es gibt allerdings auch reichlich Vorbilder bei denen der Transfer erfolgreich geglückt ist. Beispielsweise hat zuletzt Kyle Eastmond, ebenfalls bei Bath unter Vertrag, gezeigt das er in der Lage ist in beiden Sportarten zu glänzen. Von der Veranlagung her, ist Eastmond eher vergleichbar mit dem wohl erfolgreichsten englischen “League-Convert“ und Weltmeister Jason Robinson: Klein, enorm schnell und kraftvoll.
Bereits in seiner ersten Union Saison hat er den Sprung in die Nationalmannschaft geschafft und auf der Neuseeland-Tour im Sommer bewiesen das er auch auf aller höchstem Niveau das 15er Spiel beherscht.
Eastmond hat seine ideale Position in der Hintermannschaft schnell gefunden. Bei Burgess wird man abwarten müssen, wo er sich am wohlsten fühlt. Mit seinem kraftvollen Antritt und hartem Tackling, ähnelt der Engländer übrigens stark dem boxenden League und Union Spieler Sonny Bill Williams der schon mehrmals erfolgreich die Sportarten gewechselt hat. In dieser Woche gibt Williams nach zwei Jahren in der höchsten australischen Liga NRL ein erneutes Comeback im 15er Rugby.
Die englischen Rugby Union Fans hoffen jedenfalls das Burgess nicht genau so wechselfreudig wie der Neuseeländer ist und im Falle einer erfolgreichen Weltmeisterschaft wieder zurück nach Australien geht. Allerdings gibt es in der Familie noch weitere hoch talentierte Rugbyspieler; Burgess hat drei Brüder, die ebenfalls allesamt für die Rabbitohs spielen. Für Nachwuchs wäre gesorgt.
Best wishes,
Max
Max Lueck, 30, hat seine Rugbykarriere als Spieler in Brühl angefangen und zog 2007 nach England, um dort Coaching zu studieren. Mittlerweile hat er mit vielen Rugby-Vereinen und Athleten als Trainer und Manager gearbeitet. Derzeit baut er mit Leidenschaft und Ehrgeiz das Projekt 7 Bamboos Rugby auf und bloggt regelmäßig für diverse Plattformen und Online Magazine. Weitere Informationen unterwww.7bamboosrugby.com.