Da ist das Ding! Der TV Pforzheim holt sich den Nordsee Cup Die Erfolgsgeschichte der Rugbyspieler des TV Pforzheim hat vor den Toren Brüssels einen neuen – internationalen – Höhepunkt erreicht. Beim belgischen Erstligazweiten Boitsfort RC gelang den Rhinos aus der Goldstadt am Vatertag ein verdienter 28:10-Sieg im Finale um den Nordsee-Cup im Rahmen des Europapokals. Und das nächste Endspiel ist bereits auch schon in Sicht: Am 21. Juni wird die deutsche Rugby-Meisterschaft in Pforzheim gegen den Heidelberger RK entschieden.
2011 besiegelten die Rugbyspieler des viertältesten deutschen Turnvereins den Aufstieg in die Bundesliga. Gleich in der ersten Saison holten sich die Rhinos im Sommer 2012 die deutsche Vizemeisterschaft im 15er- und den Meistertitel im olympischen 7er-Rugby. Im Vorjahr war der TVP noch in der Vorrunde des Nordsee-Cups beim niederländischen Regio Team Noord gescheitert. Dieses Mal ließen die Rhinos dagegen nichts anbrennen - und setzte seine Erfolgsgeschichte gegen belgische Teams fort. denn gegen Mannschaften aus dem Nachbarland hatte der TVP bislang noch nie eine Niederlage einstecken müssen. Das musste auch der ungeschlagen ins Finale gekommene Boitsfort RC erleben. „Trotz Überzahl konnten die Belgier den Sieg der Pforzheimer nicht gefährden“, freute sich Teammanager Jens Poff.
Dabei sah es anfangs nicht gut für die Goldstädter aus. Boitsfort übte mächtig Druck aus und beschäftigte so die TVP-Abwehr. Folge: Die als Schnellstarter bekannten Pforzheimer konnten ihr rasantes Angriffsspiel nicht aufbauen. Nach elf Minuten ging der BRC durch einen Straftritt mit 3:0 in Front. Nach 15 Minuten die Schreckensnachricht: TVP-Hüne Markus Bachofer hatte einen Schienbeinbruch erlitten.
Diese Verletzung wird TVP-Coach John Willis noch reichlich Kopfzerbrechen bereiten, denn die großen Männer scheinen ihm zum Saisonende hin auszugehen. Josh Fisiiahi hat es im Halbfinale der deutschen Rugby-Meisterschaft bei Hannover 78 an der Schulter erwischt. Die Saison für ihn ist ebenso vorbei wie für den jungen Markus Bachofer. Rob May kam am vergangenen Wochenende verletzt vom Länderspiel gegen Russland zurück. Beim DM-Finale will der Nationalspieler allerdings wieder auf dem Platz stehen, erklärte Poff.
Der TVP zeigte sich jedoch durch die schwere Verletzung keineswegs geschockt. In der 20. Minute gelang Nationalspieler Carlos Soteras-Merz der erste Versuch. Jeremy te Huia hatte mit seinen Erhöhungskicks einen guten Tag erwischt, denn er traf nach jedem Versuch sicher zwischen die Stangen. Anders lief es bei Boitsfort RC. Die Belgier versuchten in der ersten halben Stunde ihr Glück mit zwei Straftritten, die jedoch ihr Ziel verfehlten. Unterdessen hatte der TVP-Sturm seinen Rhythmus gefunden und das Spiel in die Feldhälfte des BRC verlagert. Marc Hittel konnte in der 36. Minute wenige Zentimeter vor dem Malfeld noch ins seitenaus getackelt werden, doch zwei Minuten später spurtete Nationalspieler Chris Howells los, gab das Leder-Ei an Kapitän Mustafa Güngör weiter, der Jörn Schröder bediente. Der 21-Jährige legte den zweiten Versuch. Die beiden pfeilschnellen Außendreiviertel Manasah Sita und David Schulz vergaben danach noch Chancen, das 14:3-Halbzeitergebnis höher zu schrauben.
In der zweiten Hälfte konnte der TVP fast alle Einwürfe in die Gasse gewinnen und daraus immer wieder gefährliche Angriffe starten. In der 50. Minute schob wieder der Sturm das Spiel in Richtung BRC-Malfeld. Sita konnte dann den dritten Pforzheimer Versuch legen. Nur fünf Minuten später erhielt Tim Kasten die gelbe Karte, "weil er den schwachen Schiedsrichter nach einer Fehlentscheidung angelächelt hat“, so Poff. Der Teammanager ärgerte sich noch lange nach dem Spiel über die Leistung des Referees. Denn der mit der gelben Karte verbundene zehnminütige Platzverweis machte den Boitsfort RC wieder stark. Doch es kam noch dicker für den TVP. Als Kasten wieder aufs Feld durfte, entwickelte sich eine Massenschlägerei, die der Schiedsrichter nur mit Strafen für die Pforzheimer ahndete: Gelb für Mau Simeona und Rot für den vom SC Frankfurt 1880 ausgeliehenen Jannis Läpple. Den Rest des Spiels hatte der BRC also zwei Spieler mehr auf dem Platz, doch die Punkte machte der TVP. Gelb-Sünder Kasten zeigte in der 75. Minute seine besondere Klasse und legte nach einer famosen Einzelleistung den vierten Versuch. Die letzte Aktion gehörte den Belgiern, die vor dem Abpfiff ihren ersten Versuch legten.
Mit dieser ansehnlichen Leistung können die vom Verletzungspech verfolgten Pforzheimer doch mit einer gehörigen Portion Zuversicht ins Endspiel um die deutsche Meisterschaft gehen. Sturm und Abwehr zeigten sich gegen Boitsfort engagierter und härter zupackend als noch im DM-Halbfinale bei Hannover 78. Auch die vielen Unsicherheiten beim Passspiel und die unnötigen Fangfehler waren deutlich weniger zu sehen. Was der TVP bis zum 21. Juni gegen den HRK dringend abstellen muss, da sind sich Willis und Poff einig, sind die Disziplinlosigkeiten, die zu den Zeitstrafen geführt haben. Der amtierende deutsche Meister aus Heidelberg weiß im Überzahlspiel solche Chancen gnadenlos zu nutzen.
Auf die Pforzheimer warten in der nächsten Stufe des Europapokals nun die Sieger des Baltic Cups und der Regional Rugby Championship. Trotz der Freude über den internationalen Erfolg und den neuen Meilenstein in der Vereinsgeschichte, hatte Poff nach dem Sieg beim BRC den Blick schon wieder aufs DM-Finale gerichtet. „Wir müssen jetzt erst einmal sehen, wie wir unsere Verletzten wieder fit bekommen und den Aderlass an wichtigen Spielern kompensieren können“, sagte Poff. Und dann sind da noch die vielen Vorarbeiten, die die Vereinsmitglieder leisten müssen, um das Spiel des Jahres im SüdwestEnergie-Stadion in Pforzheim-Eutingen zu ermöglichen. „Jeder ist irgendwo und irgendwie eingespannt. Alle ziehen an einem Strang. Anders geht es für einen Verein unserer Größenordnung nicht“, erklärt Poff.
|