DRV-Kapitän Sean Armstrong führte sein Team beinahe zur Überraschung gegen Russland (c) Jürgen Keßler
Die deutsche Rugby-Nationalmannschaft stand kurz davor, Geschichte zu schreiben und in der WM-Qualifikation für das Turnier 2015 in England den nächsten Schritt zu gehen. Lediglich fünf Minuten fehlten gegen Russland zur großen Überraschung. Am Ende musste sich die DRV XV vor 3.167 Zuschauern in Hamburg dem russischen Bären mit 20:31 (3:10) ergeben. Dabei führte die deutsche Mannschaft bis kurz vor Schluss mit 20:17.
Das Spiel begann so, wie von vielen Experten erwartet: Russland zog sein physisches und schnelles Spiel auf, Deutschland wehrte sich in der Verteidigung tapfer. Doch in der 10. Und 21. Minute war alle Gegenwehr vergebens – die Russen tauchten zweimal im deutschen Malfeld ein. Die DRV XV gab aber nicht auf und verkürzte in der 28. Minute durch Verbinder Christopher Hilsenbeck per Straftritt zum 3:10. Mit diesem Ergebnis wechselten beide Mannschaften die Seiten. Nach Wideranpfiff musste das deutsche Team dann aber den nächsten Rückschlag verkraften, als die Gäste per Versuch und geglückter Erhöhung in der 45. Minute auf 17:3 davon zogen. Doch danach drehte die DRV XV auf und es entwickelte sich ein wahrer Rugby-Krimi.
Nach einem gelungenen Durchbruch von Deutschlands #8, Timo Vollenkemper, konnte Gedrängehalb und Kapitän Sean Armstrong den Ball im russischen Malfeld ablegen (47. Minute) und Verbinder Christoph Hilsenbeck verwandelte die Erhöhung sicher. Und die DRV XV setzte nach. Sechs Minuten später besorgten dann Vollenkemper nach einer schönen Einzelleistung und Hilsenbeck mit der erfolgreichen Erhöhung den viel umjubelten 17:17-Ausgleich. Was danach folgte war an Spannung kaum noch zu überbieten. Hilsenbeck besorgte mit einem Straftritt in der 56. Minute die vom Publikum frenetisch gefeierte 20:17-Führung für die deutsche Nationalmannschaft. Und die DRV XV drehte in der Folgezeit richtig auf.
Selbst eine Zehn-Minute-Strafe für Alexander Widiker nach einer gelben (60. Minute) überstand die Mannschaft schadlos. Die Überraschung in der Wolfgang-Meyer-Sportanlage schien zum Greifen nahe. Doch in der 79. Minute gab es die kalte Dusche: Russland nutzte eine Unaufmerksamkeit in der deutschen Verteidigung und drehte nach einer Einzelleistung den Spieß mit einem erhöhten Versuch zur 24:20-Führung um. Die DRV XV bäumte sich nochmal gegen die drohende Niederlage auf und versuchte den Sieg bringenden Versuch zu legen. In der Nachspielzeit machte Russland dann aber den Sack zu und erzielte mit dem letzten Versuch des Spiels die Entscheidung zum 31:20-Endstand (80+4.) für die Gäste.
Nach Abpfiff war den deutschen Akteuren die Enttäuschung ins Gesicht geschrieben. Viele Spieler kämpften mit den Tränen, die Chance verpasst zu haben, in Hamburg Rugby-Geschichte zu schreiben. Kapitän Sean Armstrong fasst das Spiel mit einem Wort zusammen: „Bitter.“ Doch die DRV XV hat dem Favoriten einen großen Kampf geliefert und agierte lange Zeit auf Augenhöhe mit den Russen. „Wir haben an uns geglaubt und wollte unsere Chance nutzen. Doch auf diesem Niveau wird jeder Fehler gnadenlos bestraft. So konnten wir zum Beispiel nicht wie gewohnt unsere Stärke im Gassenspiel nutzen “, sagte DRV-Nationaltrainer Kobus Potgieter nach dem Spiel. Und auch der russische Nationaltrainer Kingsley Jones zollte der Leistung der DRV XV großen Respekt: „Die deutsche Nationalmannschaft hat so stark gespielt, wie wir sie erwartet haben.“ Im DRV-Lager gilt es daher nun, nach der verpassten WM-Chance den Blick nach vorne zu richten. „In den kommenden Monaten liegt viel Arbeit vor uns. Wir wissen jetzt, woran wir arbeiten müssen. Zudem wollen wir einen tieferen Kader aufbauen, um in der kommenden EM-Saison mit den Top-Teams mithalten zu können“, betonte DRV-Nationaltrainer Kobus Potgieter. Denn die Chance zur Revanche gegen Russland wird es ab Februar 2015 geben, wenn die DRV XV in der Division 1A, der höchsten europäischen Spielklasse, in der kommenden EM-Saison wieder auf Russland trifft.
Aufstellung DRV XV:
1. Arthur Zeiler 2. Mika Tyumenev 3. Samy Füchsel 4. Manuel Wilhelm 5. Rob May 6. Kehoma Brenner 7. Alexander Hug 8. Timo Vollenkemper 9. Sean Armstrong (C) 10. Christopher Hilsenbeck 11. Marten Strauch 12. Anjo Buckman 13. Clemens von Grumbkow 14. Mark Sztyndera 15. Steffen Liebig
16. Alexander Widiker, 17. Chris Howells, 18. Marcus Bender, 19. Robert Mohr, 20. Umberto Pilla, 21. Carlos Soteras-Merz, 22. Tim Menzel, 23. Raphael Hackl
Punkte DRV XV: Christopher Hilsenbeck (zehn Punkte), Sean Armstrong, Timo Vollenkemper (je fünf Punkte)
Auswechslungen DRV XV:
Robert Mohr für Manuel Wilhelm (41. Minute) Alexander Widiker für Mika Tyumenev (41. Minute) Umberto Pilla für Kehoma Brenner (60. Minute) Chris Howells für Arthur Zeiler (64. Minute)
Gelbe Karte für DRV XV:
Alexander Widiker (60. Minute)
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