TR-Kolumnist Max Lueck zollt dem scheidenden Brian O'Driscoll Tribut
Manchmal, da schreibt der Sport Geschichten, die sind so unglaublich spannend und auf den Moment perfekt abgestimmt, dass selbst die besten Drehbuchautoren vor Neid erblassen. Am vergangenen Samstag, wurde einmal mehr genau so eine Geschichte erzählt. Der BBC Reporter John Inverdale bezeichnete im Anschluss an die Übertragung, den Spielplan-Koordinator der Six Nations 2014 treffend als Genie, denn besser hätte man die 15 Partien in diesem Jahr nicht konstellieren können.
Das Ende des perfekt inszinierten Dramas spielte sich in zwei Akten ab. Begonnen hatte alles an einem sonnigen Nachmittag in Rom, bevor es am Abend, 1500 km entfernt, in Paris seinen Höhepunkt fand.
Wie jede gute Geschichte sollte auch diese einen würdigen Helden finden. Brian Gerald O'Driscoll, von seinen Fans auch gerne mythenhaft als „BOD“ bezeichnet. Eine Umschreibung, die dem bescheidenen Superstar aus Dublin wohl eher etwas unangenehm ist, mit der er aber in den vergangenen 15 Jahren, in denen er auf allerhöchstem Niveau sämtliche Rekorde für sich verbuchen konnte, gelernt hat umzugehen. Er ist nunmal zweifelsohne Einer der ganz Großen des Sports. Und das nicht nur, weil er mit sagenhaften 141 Einsätzen für sein Land und den British & Irish Lions die meisten Spielen auf internationaler Bühne bestritten hat oder weil sogar der US-Präsident Barack Obama ihn zuletzt in einer Rede zum St. Patricks Day würdigte, sondern auch weil er trotz unglaublicher Leistungen, stets eine ungeheuer sympathische und faire Bescheidenheit für sich behalten hat. Von Teamkollegen und Trainern, egal ob Irland, Leinster oder den Lions wird er oft zurecht als der ultimative Team-Spieler bezeichnet, einer der immer alles gibt.
Bevor der 35 jährige O'Driscoll seine Schuhe an den Nagel hängt, durfte er aber noch einmal mit seinem Team, mit denen er das allerletzte Spiel bestritten hatte, ein Siegerpodest besteigen. Die Iren haben das Turnier letztendlich verdient gewonnen, weil sie insgesamt die stärkste Mannschaft waren, was sich auch in der komfortablen Punktedifferenz widerspiegelt. Dennoch hätten die wieder erstarkten Franzosen, die ja bekanntlich am Besten sind, wenn keiner mehr mit ihnen rechnet, um ein Haar den Iren noch einen gewaltigen Strich durch die Rechnung gemacht. Denn die sonst recht selbstbewussten Iren zeigten auf der Schlussgraden auf einmal Nerven. Vor allem der sonst so gewohnt sicher auftretende Johnny Sexton, verpatzte gleich mehrere Male die Möglichkeit durch Straftritte eine Führung auszubauen.
Zwar legte Sexton, der bei Paris Metro unter Vertrag steht, mit zwei Versuchen eine insgesamt starke Leistung hin, aber die fehlenden Punkte vom Tee hätten am Ende fast noch zu einem französischen Sieg geführt und in der Konsequenz zu einem englischen Titelgewinn. Zum Schluss reichte es dennoch für die “goldene Generation“ um Brian O'Driscoll, Paul O'Connell und Gordon D'Arcy, zum zweiten Mal nach 1985 die begehrte Trophäe in den Pariser Nachthimmel zu stemmen.
Bei dem Erfolg der Iren muss man Joe Schmidt´s Männern zudem zugute halten, dass sie unter gewaltigem Druck standen. Zum Einen hatte man in den letzten 42 Jahren nur ein einziges Mal in Paris gewinnen können und zum Anderen gelang es England ein paar Stunden zuvor bei ihrem Kantersieg gegen Italien beinahe noch, den riesigen Punktedifferenzrückstand von 49 Punkten wettzumachen. Aber all das sind lediglich Spekaluationen und um ehrlich zu sein, mit ein wenig Neutralität betrachtet, wer will dieser irischen Mannschaft schon den Titel vergönnen?
Ohnehin könnte man behaupten, dass England, trotz einer starken Leistung gegen Italien, das Turnier nicht am Ende in Rom, sondern in Paris am Anfang verloren habe. Denn wenn man sich an das erste Spiel der Engländer erinnert, denkt man zunächst an zwei fahrlässige Fehler, die zu Versuchen für Frankreich führten und dadurch England wichtige Punkte kosteten.
In Irland hingegen stellt man sich jetzt die ganz große Frage: “Wer tritt in die riesigen Fußstapfen von O´Driscoll?“. Es gibt sie zwar, junge talentierten Center wie zum Beispiel Robbie Henshaw und Fergus McFadden, allerdings wird es wohl noch einige Jahre dauern, bis wir wieder einen neuen BOD erleben dürfen.
Für die letzten 15 Jahre, kann man sich lediglich hochachtungsvoll vor diesem Ausnahmespieler verneigen. Man wird sich, nicht nur in Irland, noch lange diese eine Geschichte erzählen. Er wird dem Sport fehlen, das steht außer Frage. Danke BOD.
Best Wishes Max
Max Lueck, 29, hat seine Rugbykarriere als Spieler in Brühl angefangen und zog 2007 nach England, um dort Coaching zu studieren. Mittlerweile hat er mit vielen Rugby-Vereinen und Athleten als Trainer und Manager gearbeitet. Derzeit baut er mit Leidenschaft und Ehrgeiz das Projekt 7 Bamboos Rugby auf und bloggt regelmäßig für diverse Plattformen und Online Magazine. Weitere Information unterwww.7bamboosrugby.com.