Im 11. Teil seiner Kolumne rekapituliert England-Experte Max Lueck den ersten Spieltag des Sechs-Nationen-Turniers 2014
Nach 240 Minuten, 12 Versuchen, 15 Straftritten, 7 Erhöhungen und einem Drop-Goal ist das erste Wochenende der disejährigen Six Nations unter Dach und Fach.
Es liegt in der Natur der Sache, daß der erste Spieltag dieses wunderbaren Traditionsturnieres oft richtungsweisend ist. Alle drei Sieger haben am vergangenen Wochenende auf heimischen Boden die ersten Punkte eingefahren. Sowohl in Cardiff als auch in Paris und Dublin konnte sich die Fans über einen Sieg Ihrer Mannschaft freuen.
Generell ist der Wettbewerb auch ein guter Indikator dafür, wie die Mannschaften sich von den Strapazen der anspruchsvollen Tests im November erholt haben. Und wenn man hier den Maßstab ansetzt, musste man zuletzt nüchtern feststellen, daß keine der sechs Nationen sich im Herbst mit Ruhm bekleckern konnten. Allerdings durfte man am Samstag und Sonntag freudig beobachtem, daß den Teams eine deutliche Leistungssteigerung gelungen ist.
Wer hätte beispielsweise gedacht, daß Italien die im November noch ziemlich herbe Niederlagen einstecken mussten, 10 Minuten vor Abpfiff nur 6 Punkte von einem Sieg über Titelverteidiger Wales entfernt wären. Das die Waliser am Ende das Spiel doch noch recht abgeklärt gewonnen haben spricht für die Stärke der Dragons. Dennoch muss man immer wieder hervorheben, daß es lobenswert ist, wie es Italien regelmäßig gelingt eine konkurenzfähige Nationalmannschaft aufzustellen, insbesondere wenn man die unterdurchschnittlichen Leistungen italienischer Clubs in den europäischen Wettbewerben in Anbetracht bezieht. Aber würde man die Leistungen der Nationalmannschaften in das Verhältnis zu den Clubleistungen setzen, dürfte auch Wales nicht dort stehen wo sie stehen.
Nicht nur die Waliser sind holprig in das Turnier gestartet. Noch herber hat es England erwischt, die mit breiter Brust und viel Selbstvertrauen nach Paris gereist waren. Das die Herren um Coach Stuart Lancaster nach 22 Minuten bereits einem 13 Punkte-Rückstand hinterliefen hatte man so bestimmt nicht auf der Rechnung. Lancaster, der mit seiner Aufstellung überrascht hatte und sich für zwei jungen Debütanten in der Startmannschaft entschied, schien zwischenzeitlich scheinbar die richtige Wahl getroffen zu haben. Jack Nowell, der represäntativ für das gesamte englische Spiel, zunächst schleppend begann und mit einem groben Fehler den zweitschnellsten Versuch der Turniergeschichte durch Außen Yoann Huget mitverursachte, kam immer besser in die hart umkämpfte Partie. Und auch Luther Burrell, der junge Center von den Northampton Saints, machte einen ordentlichen Job und wurde mit seinem ersten Versuch im ersten Spiel belohnt.
Zu diesem Zeitpunkt hatten sich bereits viele der englischen Fans auf einen wohlverdienten Auswärtssieg gefreut, insbesondere in Anbetracht der starken englischen Aufholjagd. Doch dann kam die 74. Minute und mit ihr ein greade einmal 19 jähriger Franzose. Der junge Mann mit dem klangvollen Namen Gael Fickou, wirbelte durch einen sehenswerten Täuschpass die englische Defensive auf und entschied mit seinem Versuch das Spiel zugunsten der „Les Bleus“.
Weniger spannend, aber denoch recht unterhaltsam ging es am nächsten Tag in Dublin zu. Die Iren, die zuletzt durch eine bärenstarke Leistung gegen Neuseeland auffielen und beinahe die derzeit weltbeste Rugbymannschaft bezwang, unterstrich gegen relativ harmlose Schotten ihre Titelambitionen. Im letzten Turnier von Center-Legende Brian O´Driscoll, gäbe es für die Männer von der grünen Insel, wahrscheinlich kaum eine bessere Genugtuung als den zweiten Titel in der Geschichte der Six Nations einzufangen. Ob dies gelingt bleibt abzuwarten, sicherlich das Potential ist vorhanden und auch der neue Trainer Joe Schmidt weiß wie man Titel gewinnt. Zwei mal bereits gelang es dem Neuseeländer, Leinster zum Heineken-Cup Gewinn zu coachen. Denoch wird die Konkurrenz auch noch das ein oder andere Wörtchen mitreden wollen.
Am kommenden Wochenende wartet bereits eine weitaus anspruchsvollere Aufgabe auf Irland. Dann nämlich kommt der Titelvertteidiger aus Wales zu Besuch an die Lansdowne Road. In den weiteren Partien kämpfen Schottland und England in Edinburgh um den ehrwürdigen Calcutta Cup und Frankreich ist auf eine Wiedergutmachung gegen Italien aus. Die schmerzhafte Niederlage aus dem Vorjahr, haben die Franzosen sicherlich noch gut in Erinnerung, insbesondere weil man am Ende des Turnieres sogar den gefürchteten Wooden Spoon für den Letztplazierten zugeteilt bekam.
Best Wishes Max
Max Lueck, 29, hat seine Rugbykarriere als Spieler in Brühl angefangen und zog 2007 nach England, um dort Coaching zu studieren. Mittlerweile hat er mit vielen Rugby-Vereinen und Athleten als Trainer und Manager gearbeitet. Derzeit baut er mit Leidenschaft und Ehrgeiz das Projekt 7 Bamboos Rugby auf und bloggt regelmäßig für diverse Plattformen und Online Magazine. Weitere Information unter www.7bamboosrugby.com.
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