Nach hartem Kamp auf dem Platz und vor dem Sportgericht steht das Ergebnis nun fest: MRFC und HTV trennen sich 24:24 (c) Jan Perlich
Die Berufung des München RFC gegen die Umwertung des Spiels gegen den Heidelberger TV war erfolgreich: Das DRV-Schiedsgericht hob das Urteil des Sportgerichtes vom 26. November auf. Damit fließt nun das auf dem Platz erzielte Ergebnis von 24:24 in die Tabelle der Gruppe Süd/West des DRV-Pokals ein. Strittig war die Frage des Einsatzes von ausgebildeten Erste-Reihe-Spielern und der Anordnung von unumkämpften Gedrängen durch den Schiedsrichter.
Gegenstand des Streits ist die Wertung des Spieles MRFC gegen HTV vom 19. Oktober 2013. In der 44. Minute des Spieles wurde der verletzte Spieler des MRFC mit der Nr. 3 durch den Spieler mit der Nr. 16 zunächst temporär ersetzt, damit das Spiel fortgesetzt werden konnte solange der Spieler mit der Nr. 3 am Spielfeldrand untersucht wurde. Bei dem Spieler mit der Nr. 16 handelt es sich dabei um einen ausgebildeten Erste-Reihe-Spieler, der auch als solcher auf dem Spielberichtsbogen markiert war. Auf Bitten des Kapitäns des MRFC wurde durch den Schiedsrichter unumkämpftes Gedränge angeordnet: Grund der eingewechselte Spielr war noch nicht aufgewärmt. Nachdem einige Minuten später feststand, dass Spielers mit der Nr. 3 nicht mehr weiterspülen würde, wurde die Auswechslung des Spielers mit der Nr. 16 endgültig vollzogen. Bis zu diesem Zeitpunkt lief das Spiel weiter, jedoch mit unumkämpften Gedrängen. Nachdem die Auswechslung endgültig vollzogen war, wurde die Anordnung des Schiedsrichters nicht mehr aufgehoben und bis zum Spielende wurde mit unumkämpften Gedrangen weitergespielt. Werder der Kapitän des MRFC noch des HTV baten den Schiedsrichter die Anordnung aufzuheben. Das Spiel endete unentschieden 24:24, zum Zeitpunkt der Auswechslung stand es 3:24.
Der HTV legte gegen die Wertung des Spieles fristgerecht am 20. Oktober 2013 Wertungswiderspruch ein, die Spielleitung des DRV leitete umgehend das Verfahren in. Dabei wurde festgestellt, dass der MRFC mit 22 Spielern angetreten war, wobei vier Spieler als erfahrene und ausgebildete Erste-Reihe-Spieler auf den Spielberichtsbogen vermerkt waren. Tatsachlich befanden sich im Kader aber sechs ausgebildete Erste-Reihe-Spieler, die jedoch nicht alle als solche gekennzeichnet waren.
Das Sportgericht wertete das Spiel mit 50:0 Wertungspunkten und 5:0 Spielpunkten zugunsten des HTV, da es die Anordnung des unumkämpften Gedränges als einen unzulässigen Vorteil auslegte, den sich der MRFC bewusst verschaffte. Gegen das Urteil wurde Seitens des MRFC fristgerecht Berufung eingelegt.
Das Schiedsgericht entschied nun, dass die Berufung ist zulässig sei. Der Berufungsführer hat fristgemäß Berufung gegen das Urteil des Sportgerichts vom 26. November 2013 eingelegt. Die Begründung: Eine Wertung des Spieles mit 50:0 Wertungspunkten und 5:0 Spielpunkten zugunsten des HTV, aufgrund der schiedsrichterlichen Anordnung eines unumkampften Gedränges ist rechtsfehlerhaft, ein hierauf basierter Wertungswiderspruch ist bereits unzulässig: „Proteste gegen die Entscheidung eines Schiedsrichters während eines Spieles und in Bezug auf die Anwendung und Auslegung der Regeln des Rugbyspiels sind nicht zulässig.“ § 13 Nr. 4 BL-Richtlinie spiegelt hierbei die allgemeinen Regeln der Sportgerichtsbarkeit zur Tatsachenentscheidung wieder. Als Tatsache ist jede spielentscheidende Entscheidung des Schiedsrichters zu verstehen die sich notwendiger Weise aus einer Würdigung des Spielverlaufs und einer entsprechenden Regelanwendung zusammensetzt (DRV Schiedsgerichtsurteil vom 16.07.1987, SportR 16/35/7). Tatsachenentscheidung im engeren Sinne sind dabei Entscheidungen mit Wirkung für das Spiel und das Spielergebnis und umfassen alle Entschließungen des Schiedsrichters, die ausschließlich auf den tatsachlichen Verlauf und das Ergebnis des konkreten Spiels sich auswirken. Diese sind grundsätzlich unanfechtbar und einer späteren Überprüfung entzogen (so auch DRV Schiedsgerichtsurteil vom 16.07.1987, SportR 16/35/7). Dies korrespondiert mit der Regelung des § 13 Nr. 4 BL-Richtlinie.
Als Tatsachenentscheidungen im weiteren Sinne bezeichnet man dagegen vom Schiedsrichter während des Spiels verhängte persönliche Disziplinarmallnahmen, deren Wirkung Über das Spielende hinaus sich erstreckt, da sie als Anknüpfungspunkt weiterer Maßnahmen, etwa eine Spielsperre, dienen. Diese sind grundsätzlich, im Rahmen des Disziplinarverfahrens, gerichtlich Überprüfbar. Eine Regelung wie im Wertungsverfahren (§ 13 Ni. 4 BL-Richtlinie), gibt es im Disziplinarverfahren deshalb nicht.
Der eingewechselte Spieler mit der Nr. 16 war dabei em n ausgebildeter und als solcher gekennzeichneter 1. Reihe Spieler und durfte somit auf dieser Position spielen. Die Anordnung des Schiedsrichters, im Weiteren, ein unumkämpftes Gedränge durchzufahren basierte auf der richtig oder falschen Einschätzung, dass der Spieler noch nicht hinreichend aufgewärmt war. Dabei ist es vollig unerheblich, ob dies auf Anregung des Kapitäns des MRFC geschah, da es in den DRV Sicherheitsanweisungen, unter Regel 20.13, ausdrücklich heißt: „Wenn der Schiedsrichter der Meinung ist, dass die Spieler in der Ersten Reihe nicht in der Lage sind eine gute und sichere Körperposition einzunehmen, die es gewährleistet ein sicheres Gedränge durchzuführen, muss im lnteresse der Sicherheit die Gedränge nach Regel 3.14 (d) fortsetzen. Der Schiedsrichter, und nicht der Kapitän oder Trainer einer Mannschaft, entscheidet oh und wenn die Sicherheit in einem Gedränge nicht mehr gewährleistet ist."
Ebenso verhalt es sich mit der Entscheidung des Schiedsrichters das unumkämpfte Gedränge bis zum Ende des Spiels beizubehalten. Bei der Anordnung des unumkämpften Gedränges handelt es sich demnach urn eine Tatsachenentscheidung im engeren Sinne, da der Schiedsrichter aus einer Würdigung des Spielverlaufs heraus sich dazu entschlossen hat, die Anweisung 20.13 anzuwenden. Entscheidend ist, das der Schiedsrichter eine Regel ordnungsgemäß angewandt hat, selbst wenn er die Voraussetzung der Regel falsch als gegeben angenommen hat (DRV Schiedsgerichtsurteil vom 16.07.1987, SportR 16/35/7).
Eine Spielwertung zugunsten des HTV kann auch nicht auf den fehlerhaft ausgefüllten Spielberichtsbogen zurückgeführt werden. Aufgrund Regel 3.5 IRB sind bei 22 spielberechtigten Spielern mindestens fünf ausgebildete und erfahrene Erste-Reihe-Spieler aufzubieten. Von der spielleitenden SteIle wurde festgestellt, dass im Kader des MRFC insgesammt sechs Spieler diese Voraussetzungen hatten. Die Mannschaft des MRFC entsprach demnach der Regel 3.5 IRB. Im Spielberichtsbogen wurde lediglich formell nicht alle Spieler als solche gekennzeichnet. Hierbei handelt es sich um einen Formverstoll der mit Sicherheit in einem Disziplinarverfahren geahndet werden konnte. Ein solches wurde aber nicht eingeleitet, zudem ist eine Spielwertung zugunsten des HTV im Disziplinarverfahren nicht möglich.
Darüber hinaus war der eingewechselte Spieler mit der Nr. 16 ein ausgebildeter und als solcher im Spielberichtsbogen gekennzeichneter Erst-Reihe-Spieler, so dass dessen Einwechslung überhaupt kein Regelverstoß darstellt.
|