TotalRugby-Kolumnist Max Lueck beschäftigt sich diese Woche mit dem kriselnden Heineken Cup
Der Begriff ”Euro-Krise” jagt nicht nur Finanzexperten in ganz Europa Schauer über den Rücken, sondern bereitet jetzt auch Anhängern des Europäischen Club-Rugbys große Sorgen . Auch hier geht es um viele Euros - aber darüber hinaus hat das Ganze auch einen brisanten sportlichen Aspekt. Der Hintergrund: Seit längerem beklagen die zwölf englischen Vereine der Premiership und die 14 französichen Clubs der Top 14 kollektiv, dass das bestehende Qualifikationssystem für den Europäischen Clubwettbewerb den Teilnehmern schwerwiegende Nachteile bereitet. Im Moment sieht dieses System vor, das sechs der zwölf englischen und sieben der 14 französichen Vereine sich für den Heineken Cup qualifizieren, und darüber hinaus die jeweiligen Vereine der unteren Tabellenhälfte für den Amlin Challenge Cup. Das Problem aus Sicht der englischen und französichen Vereine: Sie fühlen sich dadurch enorm benachteiligt, dass sie sich für die begrenzten 13 Plätze im Heineken-Cup qualifizieren müssen, während die Clubs der RaboDirect-Pro12-Liga (bestehend aus vier (Nord-)Irischen, zwei Schottischen, vier Walisischen, und zwei Italienischen Clubs) sich automatisch für den Heineken Cup qualifizieren; mit Ausnahme des schlechtplatziertesten Walischen Teams
Was die Vereine besonders stört, ist, dass sie auf der einen Seite dringend die Relegation in ihren eigenen Ligen verhindern müssen (die es in der Pro12 nicht gibt) und gleichzeitig sich einen der wertvollen Plätze in der oberen Hälfte der Tabelle sichern müssen, um die Qualifikation für den europäischen Wettbewerb zu garantieren. In der Konsequenz heißt das, dass die Teams Woche für Woche die beste Mannschaft aufstellen müssen, um diese Ziele zu erreichen. Eine Herausforderung, der sich die Vereine der keltischen/ italienischen Liga aufgrund der automatischen Qualifikation nicht stellen müssen.
Des Weiteren ist die Umverteilung der Finanzen den anglo-französischen Vereinen ein gehöriger Dorn im Auge. Immerhin bekommen die teilnehmenden Vereine der Pro12-Liga 52 % des Gesamtetats zugesichert, während der Veranstalter der zwei Wettbewerbe, die ERC, den französischen und englischen Top Clubs ledglich nur 24% garantiert.
Die große Frage, die im Moment im Raum steht, ist also, wie es weiter geht. Die Vereinsbosse aus Frankreich und England haben bereits angekündigt, einen eigenen Wettbewerb mit reduziertem Turnierformat von 20 Vereinen anstatt der bisherigen 24 Teams zu organisieren. Ob es dazu kommt und wie das Format genau aussehen soll, beziehungsweise was das für die Pro12-Vereine als Konsequenz hieße, weiß im Moment noch keiner so recht. Ähnlich wie auch in der europäischen Finanzpolitik tun sich die Verantwortlichen äußerst schwer, eine gemeinsame Lösung zu finden. Sollte man sich nicht einig werden, würde das bedauerlicherweise das Ende des fast 20 Jahre alten Traditionswettbewerbs bedeuten.
Aber wie immer steckt in jeder Krise auch eine neue Chance, und wer weiß, vielleicht ergibt sich durch eine Revolution im europäischen Club-Rugby, auch für kleinere Rugbyländer wie etwa Deutschland, durch neue Wettbewerbe Möglichkeiten, sich gegen Vereine der Nachbarländer zu messen.
Fest steht jedenfalls, es wird sich einiges ändern in der Saison 2014-2015. Bis dahin bleiben uns noch ein letztes mal Heineken- und Amlin-Challenge-Cup im alten Format. Lasst es uns genießen, am kommenden Wochenende geht es los!
Best Wishes
Max
Max Lueck, 29, hat seine Rugbykarriere als Spieler in Bonn angefangen und zog 2007 nach England, um dort Coaching zu studieren. Mittlerweile hat er mit vielen Rugby-Vereinen und Athleten als Trainer und Manager gearbeitet. Derzeit baut er mit Leidenschaft und Ehrgeiz das Projekt 7 Bamboos Rugby auf und bloggt regelmäßig für diverse Plattformen und Online Magazine. Weitere Information unter www.7bamboosrugby.com
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