DRV-Nationalspieler Manuel Wilhelm im Länderspiel gegen Hongkong - (c) A&M Bruno
Dass Manuel Wilhelm den Weg zum Rugby gefunden hat, ist zu einem nicht geringen Teil eine Verkettung glücklicher Zustände. Dass er zu einem der erfolgreichsten Spieler Deutschlands avancierte, hatte dann vor allem mit Talent und harter Arbeit zu tun. Der heute 32-Jährige Stürmer wird dem deutschen Rugby allerdings auch nach seiner aktiven Karriere erhalten bleiben, hat er doch maßgeblich an Veränderungen und am Ansehen des Rugbysports mitgewirkt.
Kollege Zufall hatte zugeschlagen, als Manuel Wilhelm im Alter von fünf Jahren mit seinen Eltern einen Campingurlaub in Südfrankreich absolvierte. Dort wurde der herumtobende Junge von einem deutschen Urlauber angesprochen, er müsse sich doch mal im Rugby versuchen. Dieser Urlauber hieß Uwe Schwager, wohnte in der gleichen Straße wie Familie Wilhelm in Heidelberg und ist noch heute Trainer des SC Neuenheim (SCN) in der Rugby- Bundesliga. Gesagt – getan: Der in Ludwigsburg geborene Sohn eines ghanaischen Vaters und einer pfälzischen Mutter machte sich mit seiner Mutter auf dem Weg zum Schnuppertraining der Neuenheimer. Weil aber die Trainingsplätze mehrere Heidelberger Klubs nahe beieinander lagen, gab sie ihren Sohn „versehentlich“ bei der RG Heidelberg (RGH) und eben nicht beim SCN ab.
Den Weg zum SC Neuenheim und zu Uwe Schwager – damals noch Spieler bei den Blauen – fand Wilhelm später aber doch noch. Seine Kumpels Bodo Sieber und Christian Gottermaier hatten das Sturmtalent zum Heidelberger Nachbarn „gelockt“. Doch nach nur einer Saison schlug das „Heimweh“ zu und er kehrte zurück in die RGH-Familie. Im Jahr 2002 versuchte sich Wilhelm auch mal ein Jahr im europäischen Ausland. Der Trainer des spanischen Erstligisten CAU Valencia kannte den jungen Stürmer aus der deutschen U18- Nationalmannschaft und hatte angefragt, ob er sich einen Wechsel vorstellen könnte. „Ich war gerade mit der Bundeswehr fertig und hatte ein Wartesemester für Jura in Heidelberg. Da passte das hervorragend, und es war auch eine tolle Zeit in Spanien“, erzählt Wilhelm.
Schon damals hatte Manuel Wilhelm mit Rückenbeschwerden zu tun, die bis heute verschiedene Probleme nach sich ziehen. „Als ich in die erste Mannschaft der RGH kam, war ich noch recht jung und wurde trotz nur 90 Kilo früh in der Zweiten Sturmreihe eingesetzt“, so Wilhelm. Heute ist er mit 109 Kilo deutlich geeigneter für diese Position, auch wenn er nach eigener Aussage mit über 30 Jahren nicht mehr so leichtfüßig ist wie früher. Im Jahr 2010 setzte ihn ein Muskelabriss im Oberschenkel für ein ganzes Jahr außer Gefecht. In dieser Zeit absolvierte er unter anderem ein mehrmonatiges Praktikum bei den Queensland Reds, eines der besten australischen Rugbyteams, und durchlief beim damaligen Superrugby-Champion eine Vielzahl von Bereichen.
Trotz seines Verletzungspechs ist Manuel Wilhelm einer der erfolgreichsten Rugbyspieler Deutschlands. Keiner hat bis heute mehr Deutsche 7er-Meisterschaften geholt wie er – nämlich fünf. Dazu kommen zwei 15er-Titel sowie je einmal der DRV- und der Ligapokal. Außerdem gewann er fünf Titel mit Jugend- bzw. Juniorenmannschaften und 2003 einmal die Deutsche Hochschul-Meisterschaft. Seit dieser Saison führt er die RGH auch als etatmäßiger Kapitän aufs Feld.
In die Nationalmannschaft wurde er erstmals im Jahr 2000 berufen, musste jedoch verletzt absagen. Erst 2003 gab er unter Trainer Rudolf Finsterer – auch lange Jahre sein Coach bei der RGH – sein Debüt. Die Partie in Malmö gegen Schweden wurde gewonnen. Fast fünf Jahre war er Stammspieler, ehe die Verletzung ihn stoppte. Doch Wilhelm kämpfte sich wieder heran und ist heute wieder regelmäßig im Kader der Deutschen XV dabei. Neben den nationalen Titeln bezeichnet Wilhelm den Aufstieg mit der Nationalmannschaft in die A- Division im Jahr 2008 als seinen größten Erfolg. Aber auch an zwei Teilnahmen an Juniorenweltmeisterschaften in den Jahren 1998 und 1999 erinnert er sich noch gern.
Doch auch abseits des Rugbyplatzes ist Manuel Wilhelm durchaus umtriebig. Der studierte Betriebswirt, der auch einige Semester Jura absolviert hat, ist Mitbegründer des Rugby- Portals totalrugby.de und seit 2012 zudem als Leistungssportreferent des Deutschen Rugby- Verbandes tätig. Außerdem entwickelte er im Rahmen seiner Studienarbeit ein neues Spielsystem für die Rugby-Bundesliga, dass seit der Spielzeit 2012/2013 in großen Zügen umgesetzt wird.
Privat ist der Heidelberger vom Fernweh geplagt. Gern verbringt er seinen Urlaub mit Reisen durch die weite Welt. Sechs Wochen war er mit dem Rucksack in Argentinien unterwegs, aber auch Griechenland besucht er gern. Die Strände Europas gefallen ihm so gut, dass er mit einigen Nationalmannschaftskollegen die „Romantics“ gegründet hat. Das Beach-Rugby-Team tourt seit 2006 jeden Sommer unter einem bestimmten Motto durch Europa. Selbstverständlich reist er gelegentlich nach Ghana, wo sein Vater wieder lebt und wo er einige Halbgeschwister hat. Aber er treibt auch gern anderweitig Sport, spielt Squash, betreibt Fitness – aber auch ein gutes Buch lässt er nicht liegen.
Dass sich seine aktive Karriere dem Ende entgegen neigt, darüber ist sich Manuel Wilhelm absolut bewusst: „Die Tage in der Nationalmannschaft sind auf absehbare Zeit sicher gezählt. Wenn die Leistung stimmt, würde ich gern noch so lange spielen, wie wir die Chance auf die WM-Qualifikation haben.“ Im Verein werde Rugby künftig noch mehr zu einem Hobby, denn zeitlich sei die Belastung neben dem beruflichen Engagement dann doch zu groß. „Ich möchte aber so lange spielen, wie es geht und wie es mir Spaß macht, auch wenn es irgendwann in der zweiten Mannschaft ist“, so Wilhelm. „Nicht mehr spielen kann man dann noch lange genug!“
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