Die Teilnehmer der FIRA-Tagung in Prag
In der Woche vom 19. November – 23. November hatte der europäische Rugby-Verband FIRA A.E.R. die General Secretaries und die Technical Directors seiner Mitgliedsnationen zu einer Tagung in Prag geladen. Der Deutsche Rugby-Verband wurde in der tschechischen Metropole durch Geschäftsführer/Sportdirektor Volker Himmer und Leistungssportreferent Manuel Wilhelm vertreten. Zu den Kernthemen der Veranstaltung zählten die Punkte Mass Participation, FIRA-Bezuschussung sowie die von der FIRA organisierten europäischen Rugby-Wettbewerbe auf Vereins- und Nationalmannschaftsebene.
Mass Participation
Der Fokus der Tagung in Prag lag auf dem Thema Mass Participation. Gemeinsam mit dem iRB (International Rugby Board) hat die FIRA verschiedene Konzepte und Werkzeuge entwickelt, die gewährleisten sollen, dass die große Öffentlichkeitswirksamkeit einer Weltmeisterschaft im Rugbymutterland, auch in den Nationen in denen Rugby in der allgemeinen Wahrnehmung nur eine untergeordnete Rolle spielt, ihre Wachstumspotentiale freisetzt.
Dem Deutschen Rugby-Verband kommt hier, gemeinsam mit Rumänien, Tschechien, Polen und Belgien, eine gewisse Vorreiterrolle zu, da Deutschland bereits seit 2010 zu den fünf europäischen Nationen zählt, die vom iRB in das weltweite „Get into Rugby“ Projekt aufgenommen worden sind, weil man sich hier ein besonders großes Entwicklungspotential verspricht.
So waren die fünf Projekt-Nationen am 1. Tagungstag aufgefordert dem Plenum ihre bisherigen Aktivitäten auf dem Sektor Schulrugby zu präsentieren. Anschließend wurden die nächsten Entwicklungsschritte des Projekts vorgestellt, welche u.a. eine komplett überarbeitete Website mit zahlreichen aufeinander aufbauenden Trainingseinheiten sowie ein neues Evaluationssystem enthält, in welchem zukünftig sämtliche Schulrugby-Aktivitäten zu erfassen sind.
Mit „Get into Rugby“ sollen interessierte Mütter, Väter, Lehrer oder Trainer künftig ein Tool an die Hand bekommen, welches bereits nach kurzer Schulung dazu befähigen soll die Grundzüge des Rugbysports sinnvoll und sicher vermitteln zu können.
Unstimmigkeiten gab es zwischen iRB und FIRA darüber, ob an den Schulen vornehmlich das kontaktlose Tag-Rugby oder Rugby mit Kontakt gelehrt werden soll. Insbesondere FIRA-Präsident Jean-Claude Baqué (dieser wurde vor Wochenfrist in Paris für weitere vier Jahre in seinem Amt bestätigt) brachte zum Ausdruck dem kontaktlosen Tag-Rugby nicht sonderlich viel abgewinnen zu können, seie die körperliche Auseinandersetzung (Combat) doch das Element im Rugbysport, welches ihn im Vergleich mit anderen Ballsportarten so einzigartig mache.
Ungeachtet dieser Detailfragen wurde die gemeinsame Zielsetzung formuliert in allen europäischen Mitgliedsnationen im Rahmen des RWC 2015 ein Mitgliedswachstum von +20% erreichen zu wollen. Hierfür wurden an Tagungstag 2 in internationalen Arbeitsgruppen zahlreiche Strategien entwickelt und präsentiert.
IRB-Zuschüsse
Eine wesentliche Säule im Jahreshaushalt des Deutschen Rugby-Verbands stellen die Zuschüsse, die der International Rugby Board für die Entwicklung und Verbreitung des Rugbysports zur Verfügung stellt, dar. In den vergangenen Jahren wurde Deutschland hier als sogenannte „targeted nation“, also als Nation in welcher die iRB-Verantwortlichen eine großes Entwicklungspotential vermuten, eingestuft und dadurch vergleichsweise großzügig bezuschusst.
Im Rahmen der Prag-Tagung kündigte der iRB nun an dieses Modell überarbeitet zu haben und die Verbände neu einzuordnen und auch dementsprechend zu bezuschussen. Die Einteilung in die verschiedenen Bezuschussungs-Pools bemisst sich an verschiedenen Faktoren wie beispielsweise sportliches Abschneiden der Nationalmannschaften, Wachstum und Haushalt.
Unerfreulicherweise hat die drohende Insolvenz des Deutschen Rugby-Verbands, dazu geführt, dass die notwendigen Gelder für zielorientierte Maßnahmen in den Bereichen Leistungs- und Breitensport fehlten, weshalb der DRV die vom iRB und FIRA in den Verband gesetzten Hoffnungen nicht befriedigenden zu erfüllen vermochte. Dies dürfte künftig drastische Kürzungen bei den jährlichen Zuschüssen zur Folge haben.
Wettbewerbe
Im finalen Block ging es schwerpunktmäßig um die vorhandenen Wettkampfsysteme. Während die General Secretaries unter der Leitung von Gilles Bizot an einer Verbesserung der Organisation unter administrativen Gesichtspunkten arbeiteten, beschäftigten sich die Technical Directors in erster Linie mit den sportlichen Aspekten der vorhandenen Wettbewerbe.
Ein aus Deutscher Sicht sehr interessantes Konzept wurde den beiden ehemaligen tschechischen Weltklassespielern Martin Kafka (Ex-Profispieler in Frankreich, Spanien und Japan sowie Ur-Enkel von Schriftsteller Franz Kafka) und Jan Machachek (Ex-National- und Profispieler, u.a. viele Jahre bei Clermont Auvergne) vorgestellt. Vor dem Hintergrund, dass es auch in Tschechien nicht gelingt die Nationalspieler auf Vereinsniveau ausreichend zu fördern, plädieren die beiden tschechischen Rugby-Schwergewichte für die Einführung eines Europawettbewerbs von Regionalauswahlen zwischen Tschechien, Belgien, Holland, Deutschland und anderen interessierten Nationen. Der Entwurf dieses Konzept, der für Deutschland vier Regionalauswahlen vorsieht, lässt sich hervorragend mit dem zu dieser Saison eingeführten neuen Spielsystem der Rugby-Bundesligen vereinbaren und entspricht in seinen Grundzügen weitestgehend der angedachten „Phase 2“. Weitere Einzelheiten dieses Entwurfs werden wir in den kommenden Wochen hier auf TotalRugby vorstellen.
Teilnehmen wird eine Deutsche U19-Nationalmannschaft an der im April 2013 stattfindenden 7er-Europameisterschaft auf der spanischen Ferieninsel Palma de Mallorca, während die U16-Spieler des Deutschen Rugby-Verbands am FIRA-Camp im tschechischen Nymburg ihr Rugbyspiel verfeinern wollen, dort treffen sie auf Altersgenossen aus der Tschechischen Republik und aus Ungarn. Der Deutsche Rugby-Verband hat sich verpflichtet zu Ausbildungscamp 26 Spieler, fünf Schiedsrichter und fünf Trainer zu entsenden, im Gegenzug stellt die FIRA sicher, dass die Teilnehmer vor Ort unter der Anleitung von hochqualifizierten Rugby-Lehrern trainieren.
Fixiert wurden auch die Spielorte der 7er Grand Prix Series 2013, die drei Turniere finden in Lyon (8./9. Juni), England (September 2013) und Bukarest (September 2013) statt. Die Details zu den beiden September-Turnieren werden alsbald veröffentlicht, der späte Zeitpunkt wurde gewählt, um die Vorbereitungen der WM-Teilnehmer am im Sommer 2013 stattfindenden 7s World Cup in Moskau nicht zu beeinträchtigen.
|