(c) Miriam May
Überlegungen zu einer Korrektur der Ligareform sollte man rechtzeitig anstellen und offen ausdiskutieren. Nach der 1. Phase ist ein guter Zeitpunkt, Positives und Negatives zu sichten. Eine Rückkehr auf 'Start' kann es realistischerweise nicht geben, ein Verharren im Schmollwinkel auch nicht. Ein bloßes Fortschreiben der Ligareform (Augen zu und durch!) geht ebensowenig; es lebe die Evolution.
1) Die vier regionalen Qualifikationspools nach Himmelsrichtungen und mit einem gewissen Zahlenfetischismus führen zu sportlich höchst ungleichen Verhältnissen. Zumindest im Bereich Süd/West und Nord/Ost muss hier ein Ausgleich möglich sein. Die Heidelberger Vereine können dank ihrer zentralen Lage auch in der 1. Liga so flexibel sein, wie sie es in der 3. Liga bereits sind.
2) Es ist Glück im Unglück, dass in der Südgruppe der TSV am Ende den Schwarzen Peter hatte; er wird dies Jahr dank seines inneren Zusammenhalts wohl mit Stabilität auf hohem Niveau überstehen. RGH, SCN oder Pforzheim wären in ernstere Krisen geraten. Das führt dann im schlimmsten Fall dazu, dass die großen Fische die kleinen oder kranken fressen. Da es im Süden jeden treffen kann, müsste jeder bereit sein, in die West-Gruppe zu gehen; im Zweifelsfall sollte der Aufsteiger in den sauren Apfel beißen.
3) Die fehlenden Rückspiele in der Qualifikationsrunde waren sportlich nicht das große Manko, das manche Skeptiker befürchtet haben. Finanziell allerdings tritt hier eine Ungleichbehandlung ein, die geregelt werden muss. Der mir nahestehende Verein Neckarsulm musste z.B. zweimal nach München und einmal nach Freiburg reisen, ohne dass es im Fall der Münchener Vereine eine Kompensation im Rückspiel gibt; finanziell ein Schlag ins Kontor. Lösung: Sowohl in der Qualifikationsrunde als auch in der Endrunde teilen sich beide Vereine die Kosten und Einnahmen hälftig. Und natürlich: Ausgleich von Heim- und Auswärtsspielen von Saison zu Saison.
4) In der Abstiegs- und Aufstiegsfrage besteht Klärungsbedarf: Was geschieht z.B., wenn in der 3. Liga Süd am Ende zwei Vereine aus einem Pool an der Spitze und damit aufstiegsberechtigt sind? In welchen Pool steigen sie auf? Wer steigt dafür ab? Wird ein Verband dafür, dass er 2 Aufsteiger stellt, dadurch bestraft, dass er auch zwei Absteiger stellen muss? Auch dies Problem löst sich, wenn man die Fixierung auf die Süd- West- usw. -Pools aufgibt.
5) Die 3. Liga Süd-West, ebenso wie das Nord-Ost-Pendant, sind sinnvoll, denn so ersparen sich die Vereine die unsäglichen Aufstiegsturniere der Vergangenheit. Auch die Lockerung der Regionalität ist positiv. Allerdings sollte die 3. Liga im Südwesten eingleisig mit +- 8 Teilnehmern und nicht in zwei Pools durchgeführt werden. Nur wenn aufstiegswillige Vereine sich rechtzeitig in der 3. Liga mit den logistischen und finanziellen Fragen eines Aufstiegs in die 2. Liga auseinandersetzen, haben sie dort eine nachhaltige Chance. Außerdem muss bei weiteren Anfahrten der Kader entsprechend groß und belastbar sein.
6) Noch nicht geklärt ist, wie verhindert werden kann, dass sich ein Standort für die K.O.-Runde entscheidend und wettbewerbsverzerrend mit ausländischen Kräften verstärkt. Manuels Einlassungen an dieser Stelle klingen abwiegelnd - nur bis zum 11.Spieltag können die Vereine ihren Kader aufstocken - aber: wie ist der 11. Spieltag definiert? In der Hauptrunde? Das kann man den Hühnern geben, denn die Hauptrunde hat ja 11 Spiele. Hier sollte unbedingt festgelegt werden, dass selbstverständlich auch die 5 Spiele der Qualifikation zählen!
7) Der Schiedsrichtermangel wird verschärft dadurch, dass die meisten Spiele auf den Samstag gelegt werden. Das kann man verstehen, weil die langen An- und Rückfahrtszeiten am Sonntag ungünstiger sind als am Samstag. Eine Entzerrung auf Samstag/Sonntag würde aber nicht nur den Mangel besser verteilen, sondern auch die Möglichkeit bieten, die Gruppe der selbst spielenden Schiedsrichter zur Verfügung zu haben.
8) Vertrauensbildende Maßnahmen sind erforderlich, einmal im Bereich der angedachten Regionalauswahlen, besonders aber in der Zusammenarbeit zwischen Top-Clubs und Hinterland. Man wird um die Einführung von Ausbildungs-Entschädigungen für Spieler abgebende Klubs nicht herumkommen.
9) Die Regionalligen müssen nicht dahinsiechen. Eine einteilige 3. Liga mit eher wenigen, dafür aber qualifizierten Teilnehmern sichert quantitativ und qualitativ die Existenz der Regionalligen. Ob die Top-Klubs ihre 2. Mannschaften besser (und kostengünstiger!) in einer parallel zur 1. Liga geführten Gruppe spielen lassen, sollte rechtzeitig und nicht wie dieses Jahr unter Zeitdruck ausdiskutiert werden.
10) Unterhalb der Regionalligen (notfalls auch innerhalb oder statt der Regionalliga) sollte jeder Verband eine Aufbauliga haben, in der neue Standorte starten und etablierte Standorte eine 2. Mannschaft aufbauen können. Und sei es nur, um neben der heute selbst in unteren Ligen oft durch angedockte Fremdkräfte verstärkten 1. Mannschaft immer noch eine aus ortstreuen Spielern gebildete Fünfzehn zu haben. Für Krisenzeiten. Die kommen bestimmt.
So, jetzt habe ich mal einen Stein ins Wasser geworfen.
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