Der Hamburger RC und der SC Germania List spielen ab der kommenden Saison in der erweiterten 1. Bundesliga
Am Samstag den 14. Juli fand im Haus des Sports zu Hannover der Deutsche Rugbytag 2012 statt. Die Überprüfung der Anwesenden ergab, dass sämtliche 13 dem Deutschen Rugby-Verband angeschlossenen Landesverbände und 72 von insgesamt 115 Vereinen ihre Delegierten nach Niedersachsen entsandt hatten und damit 395 von 504 Stimmen anwesend waren. Neben der kontrovers diskutierten Entscheidung für die in einem DRV-Antrag vorgeschlagene „Ligareform“ entwickelten sich im Laufe der Veranstaltung zahlreiche weitere interessante Diskussionen.
Nach der offiziellen Begrüßung durch DRV-Präsident Ralph Götz wurden die Ehrungen für die sportlich erfolgreichen Vereine und verdiente DRV-Mitglieder vorgenommen, bevor gemäß Punkt 5 der Tagesordnung die schriftlichen Jahresberichte der Präsidiumsmitglieder erörtert wurden.
Hier gibt es den LiveTicker des DRT zum Nachlesen!
Entlastung des Bach-Vorstands erneut abgelehnt
Früher als erwartet wurde die Entlastung des alten Vorstands um den amtierenden SCN-Vorsitzenden Claus-Peter Bach thematisiert. In diesem Zusammenhang erklärte Ralph Götz, dass der Deutsche Rugby-Verband, trotz der misslichen Lage in welcher sein Amtsvorgänger den Verband hinterlassen habe, keine Regress-Ansprüche gegen ihn und seine Kollegen zu prüfen. Weshalb die Vertreter der Rudergesellschaft Heidelberg eine nachträgliche Entlastung des Bach-Vorstands anregten. Nach intensiver Diskussion im Plenum wurde beschlossen, die Entlastung des alten Vorstands im Rahmen eines Dringlichkeitsantrags unter Tagesordnungspunkt 12 (Anträge) abzuhandeln. Bei dieser Abstimmung blieb Claus-Peter Bach und seinen ehemaligen Amtskollegen die nachträgliche Entlastung allerdings mit 115:132 Stimmen erneut versagt.
DRV wieder förderungswürdig / Finanzielle Lage bleibt weiter angespannt
Schon in seiner Begrüßungsrede hatte Götz die weiterhin angespannte finanzielle Lage des Verbandes zum Thema gemacht und in diesem Zusammenhang ausdrücklich DRV-Vize Jürgen Zeiger und weiteren, namentlich ungenannten Geldgebern, für das große Engagement bei der Abwendung der drohenden Insolvenz gedankt. Dabei unterstricht Götz auch die Forderung künftig sorgfältiger mit den finanziellen Ressourcen - insbesondere im Zusammenhang mit der 15er-Nationalmannschaft - umzugehen. Letztere könne in Zukunft, trotz der wiedererlangten Förderungswürdigkeit, im Zweifel nur noch „verwaltet“ werden da öffentliche Finanzmittel lediglich für die olympische 7er-Variante bereitgestellt werden.
In diesem Zusammenhang erläuterte DRV-Vize Jürgen Zeiger in großer Offenheit, dass die Vergabe der öffentlichen Mittel an strenge Auflagen geknüpft ist und der Verband bei einmaligen Verstoß gegen den bewilligten und bis 2018 ausgelegten Entschuldungsplan die Förderungswürdigkeit sofort wieder verlieren könne und somit neuerlich unmittelbar von einer Insolvenz bedroht wäre.
Auf Nachfrage des Plenums gab Zeiger außerdem bereitwillig Auskunft über die Herkunft der beanspruchten Geldmittel. Diese wurden laut Zeiger über eine zu eben diesem Zweck gegründete GbR von Privatpersonen zur Verfügung gestellt da der Rugby-Verband aufgrund fehlender Sicherheiten keine Bank-Darlehen in Anspruch nehmen konnte.
Erfreulicher als die finanzielle Situation stellt sich die Mitgliederentwicklung des Rugby-Verbandes dar, auch im vergangenen Jahr konnte der Deutsche Rugby-Verband zahlreiche neue Mitglieder gewinnen, laut der jüngsten Bestandserhebung zählt der DRV 12.936 Mitglieder im Vergleich zu 12.227 im Jahr 2011, das entspricht einer Steigerung von 5,8%.
Zeiger und Wallenwein fordern Unterstützung für 15er-Nationalmannschaften
Sowohl der für die 15er-Nationalmannschaften zuständige Vize-Präsident Hans-Joachim Wallenwein, als auch der DRJ-Vorsitzende Jürgen Zeiger, beschrieben ihre Probleme bei der Finanzierung entsprechender Nationalmannschaftsmaßnahmen. Da auch künftig öffentliche Mittel nur zu Gunsten der olympischen 7er-Variante bereitgestellt werden, sind die Nationalmannschaften zur Finanzierung ihres Spielbetriebs ausschließlich auf externe Mittel (beispielsweise Sponsoring-Einnahmen) angewiesen, da hier entsprechende Gelder zuletzt ausgeblieben waren, gestaltet sich insbesondere die Finanzierung von Maßnahmen der Nachwuchsmannschaften U19, U21 und U23 sehr schwierig. Doch auch die in den vergangenen Jahren so erfolgreiche U18-Nationalmannschaft hat Probleme entsprechende Finanzmittel für die Teilnahme an internationalen Turnieren zu generieren. So betonte DRJ-Vorsitzender Jürgen Zeiger, dass die Teilnahme der U18-Nationalmannschaft am Eliteturnier in Portugal (Herbst 2012) mit 41.000 Euro zu Buche schlägt, wovon zur Zeit ein Betrag von circa 10.000 Euro nicht gedeckt ist.
Heftige Kritik an der Arbeit von Sportswork
Mehrfach im Laufe der Sitzung wurde die Arbeit der vom DRV für die Vermarktung beauftragten Pinneberger Marketingagentur Sportswork debattiert. Nicht nur der von Sportswork empfohlene Ausstieg aus dem ÖR-Fernsehvertrag und der damit einhergehenden Verzicht auf jährlich 34.000 Euro, sondern auch die mangelhafte Pressearbeit, die unzureichende Unterstützung bei der Durchführung von Rugby-Veranstaltungen und der drastische Rückgang der jährlichen Marketingeinnahmen wurden in diesem Zusammenhang angesprochen. Ex-Präsident Claus-Peter Bach sprach von „Nichterfüllung“ des bis 2016 geschlossenen Vertrages Seitens der Pinneberger, versicherte aber zugleich eben jenen Vertrag im Jahr 2010 erst nach sorgfältiger Prüfung und mit uneingeschränkter Unterstützung des gesamten Präsidiums und der Geschäftsführung geschlossen zu haben. Nicht nur das Plenum, sondern auch der DRJ-Vorsitzende Jürgen Zeiger zeigte sich pessimistisch im Hinblick auf eine baldige Besserung der Zusammenarbeit. Zum Abschluss des Rugbytags beauftragten die Versammlungsmitglieder das DRV-Präsidium die Möglichkeiten eines vorzeitigen Vertragsausstieg zu prüfen. Die Vermarktungsagentur selbst war übrigens – wie schon in den vergangenen Jahren – beim DRT nicht vertreten.
Ligareform überspringt 2/3-Hürde, auch 7er-Landesverbandsmeisterschaft kommt
Die mit Spannung erwartete Diskussion um die von TotalRugby-Gründer Manuel Wilhelm entwickelte „Ligareform“, die vom Deutschen Rugby-Verband als Antrag Nummer 7 zur Abstimmung gestellt worden war, wurde erwartend kontrovers geführt. Wilhelm hatte zunächst einen Kurzvortrag der zu erwartenden Änderungen gehalten und danach die Fragen der Anwesenden Vereins- und Landesverbandsvertreter beantwortet. Nach langer Diskussion wurde dem Antrag mit 261:121 Stimmen der anwesenden Vereins- und Landesverbandsvertreter zugestimmt, da sich auch weniger als 2/3 der anwesenden Bundesligisten (9 von 24) gegen die Reform aussprachen, wird die kommende Saison also nach einem grundlegend veränderten Spielsystem ausgetragen. Der Antrag des Sportclub Neuenheims auf eine Veränderung der Ligastruktur wurde mit 227:78 erwartungsgemäß abgelehnt.
Der für den Spielbetrieb zuständige DRV-Vizepräsident Herbert Lütge wird in den kommenden Tagen die neuen Spielpläne inklusive der Einteilung der entsprechenden Ligen bekanntmachen.
Die auf dem Rugbytag vorgestellte Version des Ligakonzepts zum Download
Ebenfalls angenommen wurden die richtungsweisenden Anträge des Rugby-Verbands NRW zur Einführung eines „Gremiums Strutkurreform“ dem neben dem geschäftsführenden DRV-Vorstand, Vertreter der Deutschen Rugby Frauen, der Deutschen Rugby Jugend, der Schiedsrichter Vereinigung und der Landesverbände angehören und das gemeinsam einen Plan zur strukturellen und strategischen Neu-Ausrichtung des DRV und seiner Organe entwickeln soll. Auch der 2. NRW-Antrag der die Durchführung einer Landesverbandsmeisterschaft im 7er-Rugby für Frauen und Männer vorsieht wurde von den Delegierten abgesegnet und somit ein erster wichtiger Schritt auf dem Weg zu den in der Phase zwei der neuen Ligastruktur geplanten Verbandsauswahlen im 15er-Rugby gemacht.
Scharmann und Segert komplettieren Präsidium
Klaus Blank, der im Rahmen des Rugbytags für seine langjährigen Verdienste für das Deutsche Rugby mit einer persönlichen Ehrung ausgezeichnet wurde, hatte im Vorfeld der Jahresversammlung angekündigt aus beruflichen Gründen nicht mehr für den SDRV-Vorsitz zu kandidieren, sein Nachfolger wird der erfahrene Hamburger Schiedsrichter-Obmann Dietmar Scharmann.
Für die Nachfolge Helge Pietrek als DRV-Vizepräsident Ausbildung gab es gleich zwei Kandidaten, in der daraus resultierenden „Kampfabstimmung“ konnte sich der erfahrene Bundesligatrainer Carsten Segert (Hannover 78) mit 317:56 Stimmen deutlich gegen den vom DRV-Präsident Ralph Götz vorgeschlagenen 30-jährigen Kölner Dirk Frase durchsetzen.
Hans-Joachim Wallenwein (Dossenheim) wurde vom Plenum ohne Gegenstimme in seinem Amt als DRV-Vizepräsident Nationalmannschaften bestätigt.
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