Weil der Abgesandte des RBW (ausgerechnet der Oldie-Beauftragte!) beim Festakt zum 30jährigen Jubiläum des Freiburger RC zwar 5 Flaschen Wein überreichte, aber keine Laudatio auf den Jubilar hielt - "En Unkel, der wo ebbes zom Trenka brengt, isch besser wie e Tant, die wo bloss guet Klavier schbielt" - möchte ich das als Staffelleiter hier nachholen.
Eine solche Laudatio steht ja meist unter einer Leitfrage.
Diese lautet in unserem Falle: "Warum kriegte Freiburg im Laufe seiner 30jährigen Geschichte nie eine dauerhafte Jugendmannschaft auf die Beine?". Die Antwort auf diese Leitfrage: Das liegt an der persistierenden Jugendlichkeit, welche diesen Verein auszeichnet. Überspitzt ausgedrückt; Die Freiburger haben sich selbst immer als ihre eigene Jugendmannschaft begriffen. Diese Erfahrung habe ich jedenfalls in meiner jetzt 10 Jahre langen Bekanntschaft mit den Freiburgern gemacht.
Das fängt schon mit der Vereinsführung an. Wo gibt es einen 62jährigen Vorstand, der auf dem Jubiläumsturnier a) bis zum Abwinken mitfeiert und b) an beiden Turniertagen als Hakler in der 2. Mannschaft mit einer eher iuvenilen Spielweise mitmischt?
Das hat aber schon viel früher angefangen. Denn mit Gerhard Geckle, dem Gründer des Freiburger RC, habe ich in den 60er Jahren bei der RG Heidelberg in der 2. Mannschaft zusammengespielt, später auch in der Uni-Mannschaft, wo er derjenige war, der durch seine jungenhafte Kontaktfreudigkeit den Haufen zusammenhielt. In den 80er Jahren hörte ich, dass er in Freiburg und in bodenlosem jugendlichen Leichtsinn einen Rugbyverein in die Welt gesetzt hatte.
Mein erster Kontakt mit Freiburg kam etwa 2002 zustande, als ich einen Spielpartner für meine Schulmannschaft suchte. Ich geriet damals an einen gewissen Jerry, der mir ein Spiel gegen seine Jungs anbot. Wir fuhren per Bahn (dreieinhalb Stunden hin, dreieinhalb Stunden zurück) und fanden uns auf einem Verbandsliga-Turnier wieder, in dem uns Jerry gegen seine Jugendlichen spielen ließ. Die Freiburger Jugendmannschaft war schon etwas überaltert; auch, weil Jerry, obwohl ein Mittzwanziger, sich noch als Jugendlicher fühlte und als Spieler mittat. Aber das tat der Sache keinen Abbruch - wir hatten unseren ersten Ausflug in die große Rugbywelt, dem etliche VL-Turniere folgten. Die Freiburger Jugendmannschaft ging übrigens aus den oben geschilderten Gründen in Rekordzeit wieder ein; letzter Vertreter der Jungs dürfte heute Clemens sein.
Dann hatte Freiburg, etwa 2005, wieder eine Jugendmannschaft, diesmal gecoacht von Tilla Dier, die sich - was meine Jugendlichkeit-Theorie untermauert - den Künstlernamen 'Das Fohlen' beigelegt hatte. Tilla pflegte ihre Jungs während der Spiele lautstark mit Ratschlägen zur Spielgestaltung zu versorgen, so dass man immer, schon aus einiger Entfernung, wusste: da spielt gerade die Freiburger Jugendmannschaft! Wir machten ein Spiel in Heilbronn, aber auch diese Mannschaft ging kurz darauf wieder die Dreisam runter.
Dafür wechselten meine Heilbronner Jungs, inzwischen zu Herren gereift, in die Regionalliga und holten sich brav ihre Niederlagen ab, auch gegen Freiburg. Aber ausgerechnet gegen Freiburg gab es den ersten Regionalliga-Sieg, bei dem das Paradox auftrat, dass die jungen Sieger reifer wirkten als ihre Spielpartner gesetzteren Alters. Das fing schon im Vorfeld an. Freiburg hatte sonntags zuvor ein Verbandsliga-Turnier in Ravensburg gewonnen, und ein Roland-ähnlicher Jungspund gesetzten Alters - ich nenne keine Namen, aber der Name fängt mit Th- an und hört mit -ierry auf - postete im Freiburger Gästebuch: "Dann gnade Gott den Heilbronnern! Wir werden es jedenfalls nicht tun!" Worauf die Heilbronner Jungspunde, dergestalt im Bund mit höheren Mächten, sehr selbstbewusst auftraten und gewannen. Ich schrieb damals meinen ersten Scrum-Artikel mit der Überschrift "Freiburg empfiehlt Heilbronn der Gnade Gottes - Heilbronn gewinnt prompt mit 27 : 8". Da zudem ein Heilbronner die Freiburger Seitenrichterin in einer Weise angeredet hatte, die man nicht nur vom feministischen Standpunkt aus als schwer daneben bezeichnen muss, reagierten die Freiburger auf diese unerwartete Niederlage sehr jugendlich-impulsiv mit sofortiger Abreise, nicht ohne mich, als ich vermitteln wollte, ihrerseits mit Ausdrücken zu belegen, die im Schulalltag bei pubertierenden Mittelstuflern öfters vorkommen.
Aber der Sturm im Wasserglas, der daraufhin auch im Freiburger Gästebuch mit jugendlichem Ungestüm tobte, legte sich, die Vereine vertrugen sich wieder, wie das halt in jugendlichen Peer-Groups so abzulaufen pflegt, und seither sind die Spiele zwischen Freiburg und Heilbronn erfreulich ausgeglichen, und nicht ohne Grund spielen beide Vereine jetzt gemeinsam in der 3. Liga Süd. Freiburg macht sogar inwischen einen, möchte ich sagen, beängstigend seriösen Eindruck.
Und das scheint mit darauf zurückzuführen zu sein, dass seit geraumer Zeit die persistierende Jugendlichkeit nicht mehr der alleinige Key-Factor bei Freiburg zu sein scheint. Ich wurde als Staffelleiter schon stutzig, als sich Freiburg vor zwei Jahren zum ersten Mal pünktlich zu einem VL-Turnier anmeldete. Vorher musste ich immer im Kaffeesatz des Freiburger Gästebuchs lesen, ob sich die Jungs wenigsten zur Abfahrt am Wasserwerk verabredet hatten; ob sie dann auch kamen, war immer eine andere Frage. Aber auf einmal verschwand keine Mail mehr im Bermuda-Dreieck, auf einmal nahmen die Freiburger verlässlich meldend an allen Turnieren teil, zeigten Verantwortung, indem sie Anfängermannschaften betüterten und durch mitspielende Freiburger Alpha-Tiere, wie den Rugby-Kosmopoliten Scott, unterstützten; sie haben inwischen einige Väter in ihren Reihen und damit Leute, auf die man sich terminmäßig verlassen kann, weil sie über ihr eigenes Jungvolk auch die andere Seite der Jugendlichkeit kennen und bekämpfen lernen - und: sie haben wieder eine Jugendmannschaft, die auf dem Jubiläums-VL-Turnier ihre Premiere feierte und offensichtlich in Dennis auch einen guten Betreuer hat. Schaun mer mal, wie nachhaltig die Sache diesmal wird. Immerhin müssen die Freiburger jetzt nicht mehr ihre eigenen Jugendlichen sein. Dreißig Jahre geben einem das Recht dazu.
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