Im Interview gibt Bundestrainer Peter Ianusevici in den Stand der Vorbereitungen der Deutschen 7er-Herren - (c) Miriam May
Wenn man Bundestrainer Peter Ianusevici gegenüber sitzt spürt man es: Der Mann ist voller Energie und Vorfreude auf die große sportliche Herausforderung der er sich mit seiner 7er-Auswahl in diesem Sommer gegenübersieht. Gleichzeitig tanzt der Rugby-Bundestrainer, einer von drei Honorarkräften im Deutschen Rugby-Verband, auf vielen anderen Hochzeiten. So ist der Wahl-Berliner nicht nur für die Deutschen 7er-Herren verantwortlich, sondern für sämtliche DRV-Mannschaften. Daneben gilt es noch die Trainer-Ausbildung voranzutreiben, Konzepte für den Spielbetrieb im 15er- und 7er-Rugby zu entwickeln und in seiner Freizeit hat er sich der Aufgabe angenommen, den Berliner Rugby Club vor dem drohenden Abstieg zu bewahren. Wir haben uns vor dem Start der 7er-Saison mit dem geschäftigen Bundestrainer auf ein Interview verabredet.
Hallo Peter, wie sind denn die Vorbereitungen auf die 7s Grand Prix Series angelaufen? Zuerst einmal gab es eine große Enttäuschung: Bei der Bundesligakonferenz wurde eine 7er-DM mit mehreren Qualifikationsphasen und am Ende ein Finalturnier der besten Mannschaften abgelehnt. Das führt dahin, dass fast alle Spieler nach Abschluss der 15er-DM buchstäblich keinen Spielbetrieb mehr haben und erst Ende August wieder einsteigen. Damit haben wir in der wetterbedingt schwierigsten Zeit versucht, noch den regulären Spielbetrieb hinzukriegen, nutzen aber die beste Zeit nicht, um zu spielen. Dabei weiß ich genau, dass viele Vereine das Geld nur schwer dafür ausgeben wollen und sehr viele Spieler am 7er gar nicht interessiert sind. Es liegt ihnen nicht, sie lehnen es ab. Für die aber, die daran Spaß haben, sollten die Vereine offener sein, am Ende verbessern sie ihre Spieler ja damit.
Aber welche Vorschläge wurden unterbreitet, um die 7s-Series auch für ihre Kritiker attraktiver zu machen? Den etwa gleichen Austragungsmodus, wie 2011 beizubehalten.
Okay. Konkret, zu den Vorbereitungen... Zentral haben wir ein paar Lehrgänge mehr als im Vorjahr, auch ein Vorbereitungsturnier zusätzlich in Nancy, wir nehmen an den Heilbronn 7s teil, organisieren unsere “Mini-Turniere” während der Lehrgänge selbst und werden von den Heidelberger Vereinen auch immer unterstützt. Das freut mich.
Regional ist die Vorbereitung schon seit einigen Wochen angelaufen: Stützpunkttraining gibt es nun regelmäßig in Heidelberg (geleitet von Mustafa Güngör und Sean Armstrong), Hannover (Timur Tekkal und Benjamin Simm), Berlin (Falk Duwe und Christian Lill). Das läuft schon recht gut. Als nächstes kommt Heusenstamm/Frankfurt mit Jens Steinweg und Markus Walger, hier sind die Gespräche schon gelaufen. Ich leite diese Trainings auch regelmäßig, per Rotation. Sie sind gut bis sehr gut besucht. Am Mittwoch Abend gab es 18 Teilnehmer in Berlin. Weitere Interessierte haben sich bei mir gemeldet.
Individuell habe ich eine geschlossene Facebook-Gruppe gegründet, alle Kaderspieler (Elite, U21 Development, U18) sind da aufgenommen, 76 haben sich dafür interessiert. Ich versuche sie da abzuholen, wo ich mit ihnen am schnellsten kommunizieren kann. Individuelle und periodisierte Trainingspläne die eine Formspitze für die vier großen Turniere anstreben, werden in drei Kategorien ausgegeben: Für Profispieler (zwei Trainingseinheiten/Tag), Halbprofis (1-2 Trainings/Tag) und Amateure (ein Training/Tag). Die Teilnehmer an den 15er-Playoffs und dem DM-Finale kommen erst nach diesen Spielen ins rein 7er-spezifische Training, das ist spät, aber wie schon gesagt, diese Spieler sind auf sehr hohem Niveau durchtrainiert.
Eines möchte ich aber klar stellen: Obwohl die drei Kader sehr groß sind und jeder eine Chance haben wird, dadurch, dass das Geld am Ende doch knapp ist, werde ich für jeden Lehrgang, für jedes Vorbereitungsturnier nur die besten Spieler nominieren können, die mir für das Wochenende zur Verfügung stehen. Die U21-Development und U18-Kader sind eher perspektivisch ausgerichtet, sollen erst ab 2013 in Aktion kommen, ich habe jetzt keinen Spielraum für Experimente...
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Wie läuft die Betreuung? Wir haben mittlerweile zwei Team-Manager, die sich zusammen und in Abwechslung um die Mannschaft kümmern, Michael Schnellbach und Matthias Bechtel (beide Heidelberg). Dazu kommen zwei Physios, Michael Brisken (Hannover) und Lorena Kemptner (Heidelberg), eine enge Kooperation mit dem OSP Heidelberg, Konditionstrainer sind Jamie Houston (Heidelberg) und Leo Löhr (Berlin) an Bord. In den nächsten Tagen habe ich einen Termin mit dem Athletiktrainer Klaus Camman (Heidelberg), der bereit ist, einige der Spitzenspieler zu betreuen. Hinzu kommt der Psychologe Dr. Denis Mourlane (Marburg), der uns auch zu den großen Turnieren begleiten wird und der Sportmediziner Dr. Andreas Schwarz (Heidelberg), bei dem die Spieler rund um die Uhr Zugang haben. Damit habe ich mich mit Spezialisten umgeben, die eine perfekte Betreuung dieses Teams ermöglichen.
Der Aufstieg im letzten Jahr hat ja perfekt geklappt. Welches sind jetzt die Ziele? Heidelberg 7s 2011 war ein einmalig spannendes Turnier: Wir mussten es gewinnen, den Punkte-Rückstand aus Danzig aufholen, die Belgier nicht ins Finale einziehen lassen. Alles hat geklappt, auch mit drei Spielen, die wir noch nach dem Ertönen der Sirene umgedreht haben, einschließlich das Finale gegen Polen, mit dem phantastischen Angriff aus dem eigenen Malfeld und dem Versuch von Chris Hilsenbeck, nach dem Tackling von Sam Rainger an Alex Hauck. Einmalig spannend...
In diesem Jahr sieht die Welt ganz anders aus, wir spielen praktisch gegen eine Welt-Elite, Wales, England, Schottland, Frankreich, Italien, Georgien, Russland, Portugal, Spanien. Hinzu kommen die Ukraine, die ihre Vorbereitungen auf den Fidji-Inseln machen, und die Niederlande. Daraus ergibt sich ein ganz anderer Druck auf unsere Spieler, auf allen Ebenen: Technisch-taktisch, konditionell, psychisch. Wir müssen fähig sein, Niederlagen wegzustecken und für jedes nächste Spiel wieder alle Energie zur Verfügung stellen zu können. Und das bei jedem Spiel, bei jedem Turnier, in der festen Überzeugung, dass wir am Ende die Klasse halten. Dazu brauche ich ganz spezielle Spieler, mit einem starken Charakter, Zuverlässigkeit, Willenseigenschaften werden entscheidend sein, da werde ich in der Nominierung sehr stark darauf achten.
Wann kommen die ersten Nominierungen? Am kommenden Dienstag, nach den Bundesliga-Spielen, nach Gesprächen mit den Spielern, Trainern, dem Abfragen von Verfügbarkeiten, den Verletzungen
Wie soll die Zukunft aussehen? Ich sehe viel Sinn in einer 7er-Bundesliga, die parallel zur 15er-Saison läuft. Da gibt es zwei Varianten: Entweder unsere 15er-Länderspiele im Oktober und März/April beantragen und parallel zu diesen Daten die 7er-Bundesliga laufen zu lassen, oder etwas ganz Neues gründen, eine Bundesliga mit Mannschaften die wenig 15er spielen und an einem solchen Spielbetrieb interessiert sind. Nach und nach würden dann auch die besseren und besten Mannschaften über einen Qualifikationsmodus hinzu kommen. Das Wichtigste ist aber aus meiner Sicht, nur nicht den 15er Spielbetrieb zu gefährden. Hier haben wir zur Zeit unsere besten Strukturen, die besten Trainer, Profi- und Halb-Profispieler, die engagiertesten Amateure. Der Trainingsprozess läuft hervorragend, meine Kooperation mit diesen Trainern auch.
Um eine Gruppe von Elite-Spielern zu isolieren, müssten wir ihnen regelmäßig zentrale Lehrgänge anbieten, sie als Team behandeln, regelmäßig an Turnieren teilnehmen lassen, dafür haben wir das Geld (noch) nicht, dieses reicht vorläufig nur für die 8-10 Wochen Vorbereitung und Teilnahme an den Turnieren in den kommenden drei Monaten.
In diesen Tagen starte ich Gespräche mit NRW, Bayern, Hamburg, Sachsen, Thüringen, Rheinland-Pfalz, usw. Sodass wir auch schnell in die Breite gehen. Es liegt jetzt vor allem auch an der Ausbildung von 7er-Trainern, dafür muss das Angebot sowohl von uns, als auch von den Landesverbänden kommen, aber dafür werde ich sorgen
Was spricht gegen das aktuell diskutierte Ligakonzept und die Chance daraus einen regelmäßigen 7er-Wettbewerb auf Basis von Regional-/Landesverbandsauswahlen zu entwickeln? Könnte man nicht gerade durch so ein Instrument die Spieler, die 7er-Rugby spielen wollen, gezielt sichten und fördern und gleichzeitig die Last der Organisation von den Vereinen nehmen? Ja, das ist in der Tat eine Chance, die wir uns nicht entgehen lassen dürfen. Ich bin noch nicht darauf eingegangen, da ich noch nicht weiß, ob wir diesen Weg gehen werden, wenn aber beim DRT ein anderer 15er-Spielmodus beschlossen wird, werde ich sofort Vorschläge zur Ergänzung mit dem 7er Spielbetrieb machen, das muss dann ein Gesamtpaket werden.
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