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TotalRugby-Interview mit Alexander Widiker: 'Wir müssen etwas kleinere Brötchen backen!'
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Mittwoch, 18. Januar 2012

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DRV-Skipper Alexander Widiker möchte topfit ins neue Rugbyjahr gehen - (c) Miriam May

Die meisten Bundesliga-Teams haben nach der Winterpause das Training wieder aufgenommen und bringen sich eifrig für die Fortsetzung des Ligaspielbetriebs in Form. Anlass genug sich mit Deutschland-Kapitän Alexander Widiker auf ein Interview zu verabreden. Der 29-jährige DRV-Kapitän blickt mit uns zurück auf das Rugbyjahr 2011 und wagt einen kleinen Ausblick auf die spannenden Aufgaben die 2012 für ihn, seine junge Familie, die Ländermannschaft und seinen Verein, den Heidelberger Ruderklub, bereithält.

TotalRugby: Hallo Alexander, bist Du gut ins neue Jahr gerutscht?
Alexander Widiker:
Danke der Nachfrage, ich bin sehr gut ins neue Jahr gekommen. Ich war über Silvester gemeinsam mit meiner Lebensgefährtin bei meinem guten Freund und Nationalmannschaftskollegen Clemens von Grumbkow in der Toskana. Dort habe ich die Akkus aufgeladen und jetzt bin gespannt darauf, was das neue Jahr bringen wird.

 

TR: Neues Jahr neues Glück, was sind Deine sportlichen Ziele für 2012 im Verein und mit der Nationalmannschaft?
AW:
Mit dem Heidelberger RK wollen wir natürlich den Meistertitel verteidigen und  auch den North Sea Cup gewinnnen.

Mit der Nationalmannschaft wollen wir in erster Linie auch mal ein anderes Team als die Holländer bezwingen. Wenn wir einen guten Kader haben, ist das ein realistisches Ziel. Ich bin eigentlich immer sehr positive eingestellt, wenn es um die Nationalmannschaft geht, leider kamen trotzdem nicht immer die gewünschten Ergebnisse dabei raus. Ich hoffe einfach, dass wir uns verbessern und das wir zumindest unsere verbleibenden Heimspiele gewinnen.

Ein ganz besonderes sportliches Ziel für mich die Schweden-Tour der Penguins [die Penguins sind eine Weltauswahl im Stile der legendären Barbarians], neben mir sind auch noch meine Vereinskameraden Arthur Zeiler, Caine Elisara und Pieter Jordaan nominiert. Das ganze findet in der ersten Juniwoche statt und ich habe zunächst einmal unter Vorbehalt zugesagt. Meine Freundin und ich erwarten Ende Mai unser erstes Kind und wenn alles glatt geht, habe ich bereits grünes Licht zur Teilnahme an dieser Tour erhalten. Wenn es dem Baby gut geht, werde ich dabei sein. Der schwedische Verband feiert wohl irgendein Jubiläum und wir werden im Rahmen der Tour drei Spiele gegen schwedische Teams bestreiten. Das ist natürlich eine tolle Sache, auf die ich mich wirklich freue.

 

TR: Das klingt ja wirklich sehr spannend, lass uns trotzdem noch einmal kurz die Brücke schlagen zur Nationalmannschaft: In der Ära Potgieter-Schippe gab es ja zahlreiche neue Gesichter, alleine die Ergebnisse wurden nicht viel besser - was lief 2011 konkret falsch?
AW: Das ist wirklich ein schwere Frage. Wir müssen uns wohl damit abfinden, dass wir in dieser Phase des Umbruchs etwas kleinere Brötchen backen müssen, was die internationalen Ambitionen des Deutschen Rugbys angeht. Die Aufstiegsmannschaft der vergangenen Jahre, hatte die Chance sich aus den unteren Ligen hochzuspielen. Gegen die kleinen Mannschaften konnten wir uns Selbstvertrauen holen und uns langsam Schritt für Schritt entwickeln. Dadurch wurden wir behutsam an die größeren Mannschaften herangeführt, wodurch sich auf die guten Ergebnisse im ersten Jahr der A-Gruppe erklären lassen.

Dann folgte der große Umbruch, bei dem viele Leute ins kalte Wasser geschmissen wurden. Viele Spieler mussten in der A-Gruppe ran, bevor sie das Niveau hatten, um dort zu bestehen. Dadurch kam es natürlich zu einem Bruch.

Das Rugby in Deutschland muss unbedingt professioneller werden, die anderen Nationen machen es uns vor und haben immer mehr Profis in ihren Mannschaften. Sogar die Mannschaft Moldawiens besteht inzwischen fast komplett aus Profis. Wir haben in Deutschland einfach noch zu viele Amateure und deswegen fehlt es uns hier etwas an Niveau. Das Talent ist zweifelsohne da, wir müssen nur Wege finden es auszuschöpfen.

 

TR: Welche der Niederlagen 2012 schmerzt  am meisten und was erwartest Du von Deiner Mannschaft im neuen Jahr?
AW: Es waren ja fast alles relativ knappe Niederlagen. Die letzte Niederlage gegen Polen schmerzt noch ganz besonders. Wir haben 30 Gegenpunkte bekommen, weshalb es unglaubwürdig erscheint zu erzählen, dass wir auf Augenhöhe waren. Aber Fakt ist, wir hätten in Polen gewinnen können. Wenn einer unserer Spieler den Ball nicht im Malfeld fallen lässt, dann führen wir mit 0:15 und verlieren diese Partie nicht mehr, aber im Nachhinein ist es leicht große Reden zu Schwingen. Unter dem Strich haben wir das Spiel hoch verloren und jetzt müssen wir einfach an uns arbeiten.

Mein Appell an die Mannschaft ist, dass jeder Spieler an seiner Physis arbeitet so hart er kann, wenn wir körperlich topfit sind, können wir aus dieser Mannschaft mit Sicherheit mehr rausholen. Ich denke ich muss niemand mehr extra motivieren, wer bei der Nationalmannschaft nicht motiviert ist, erscheint mir ohnehin fehl am Platz. Wir sollten nach den vielen Niederlagen Motivation genug haben, um jetzt endlich mal eine kleine Siegesserie zu starten.

 

TR: Und Du persönlich, was kannst Du verbessern? Haste Du gute sportliche Vorsätze für das Jahr 2012?
AW:
Natürlich! Ich kann mich noch in allen Aspekten meines Spiels verbessern. Aber meine Priorität ist ganz klar meine Fitness. Ich habe aufgrund großer Leistenprobleme fast die komplette Vorbereitung im Sommer verpasst und war daher in der Hinrunde nicht in bester körperlicher Verfassung.

Aber jetzt bin ich voll in der Vorbereitung und werde mich in eine bessere körperliche Kondition bringen. Hierauf liegt wiegesagt mein absoluter Fokus und danach wende ich mich den anderen Bereichen, wie beispielsweise Gasse, Gedränge, Laufspiel, Stellungsspiel und all’ den anderen Aspekten die einen guten Rugbyspieler ausmachen, zu.

 

TR: In Rugby-Deutschland wurde zuletzt heftig diskutiert, über den Spielplan der Bundesliga und über die Förderung der 7er-Nationalmannschaft, was ist Deine Meinung dazu?
AW:
Das ist schwer zu sagen. Fest steht, der aktuelle Spielplan ist eine absolute Katastrophe. Ich habe in keinem anderen Land gesehen, dass man drei Spiele in acht Tagen bestreiten muss, wie ich es beispielsweise mit dem HRK in der Hinrunde machen musste. Auf Profiniveau gibt es sicherlich ab und an drei Spiele in 12 Tagen, aber was uns Bundesligaspielern zugemutet wurde, war wirklich viel zu heftig.

Selbstverständlich muss am Spielplan gearbeitet werden, vielleicht müssen wir die Winterpause durchspielen oder irgend etwas in der Art?

Ich persönlich habe auf jeden Fall kein Problem damit, dass die 7er-Nationalmannschaft künftig mehr gefördert werden soll, ganz im Gegenteil. Erfolg kommt nicht von ungefähr, wir haben eine gute Qualität an 7er-Leuten und wenn die etwas mehr Förderung erfahren, können wir vielleicht wieder etwas an der Spitze kratzen.

Auch die 15er-Nationalmannschaft dürfte von der Förderung der 7er-Jungs profitieren, schließlich spielen diese auch weiterhin 15er-Nationalmannschaft.

Aber prinzipiell ist 7er-Rugby nicht mein Fall, daher beschäftige ich mich nicht zu sehr damit, dafür gibt es andere Leute.

 

TR: Von einer Trennung des 15er- und 7er-Kaders hälst Du also nichts?
AW:
Dafür benötigen wir einen größeren Kader. Momentan ist das aber nicht gegeben und daher in Deutschland nicht umsetzbar.

Selbst die besseren Mannschaften wie Georgien und Portugal, sind noch nicht in der Lage die Kader komplett zu trennen. Da sind die besten 7er-Spieler gleichzeitig auch die besten in der 15er-Mannschaft und umgekehrt.

Ein komplette Trennung ist in der Stärkeklasse von Neuseeland oder Südafrika sicher sinnvoll, aber auf unserem Niveau nicht umsetzbar.

Wir müssen für uns den besten Weg finden, wie wir die beiden „Sportarten“ einvernehmlich fördern.

 

TR: Okay noch ein paar Sätze zur Bundesliga, mit dem TV Pforzheim hat sich eine dritte Kraft im Kampf, um den Titel angemeldet, auch ihr habt in der Hinrunde gegen die Goldstädter verloren, weshalb geht der Titel 2011/2012 trotzdem an den Ruderklub?
AW: Das ist ganz einfach, ich spiel beim HRK und ich bin selbstbewusst genug zu sagen, dass wir den Titel in dieser Saison verteidigen werden. Natürlich haben wir jetzt mal ein Spiel gegen Pforzheim verloren, wir sind schließlich auch nicht unschlagbar. Aber wie heißt es so schön: Abgerechnet wird am Schluss. Für mich gibt es kein anderes Ziel als die Verteidigung des Meistertitels und das wird uns auch gelingen, davon bin ich fest überzeugt.

 

TR: Du hast es ja schon angedeutet, auch privat wird 2012 für Dich ein spannendes Jahr, Du wirst Vater, wie hast Du vor die Mehrfach-Belastung mit Schule, Leistungssport und deinen Aufgaben als junger Vater zu meistern?
AW:
Ich sag nur: Nichts ist unmöglich! Spaß beiseite, ein großer Vorteil ist der geplante Geburtstermin. Unser Baby kommt Ende Mai, das heißt ich habe zunächst einmal die komplette Sommerpause für meine Familie. Für mich ist das eine neue Motivation, die mir sicherlich auch zusätzliche Kraft geben wird. Die spannende Aufgabe Vater zur sein, zur Schule zu gehen und eben auch noch Rugby zu spielen. Große Schwierigkeiten sehe ich dabei nicht. Meine Familie ist hier, die Familie meiner Freundin, die eine starke Frau ist, ist da und gemeinsam werden wir das mit Sicherheit schaffen. Ich freue mich darauf!

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