Ulrich Byszio: 'Mit unserer Abstimmungsdemokratie kommen wir nicht weiter.' - (c) Jürgen Keßler
Quo Vadis Rugby Bundesliga heißt unsere Interview-Reihe, die wir mit den Entscheidungsträgern der Rugby-Bundesligaclubs geführt haben. Wo führt er hin der Weg des deutschen Rugbys? Trennt sich die Spreu vom Weizen und die Liga verliert sich in einem Kampf reich gegen arm? Was sind die Ziele und Visionen der jeweiligen Vereine? TotalRugby hat nachgefragt und präsentiert Euch wöchentlich die Antworten. Diesmal Ulrich Byszio, der Mann der den SC Frankfurt 1880 vom ambitionslosen Regionalligist zum mehrfachen Meister in Liga, Pokal und 7er-Meisterschaft geformt hat.
TotalRugby: Die aktuelle Spielrunde ist vor kurzem zu Ende gegangen. Was ist Dein Fazit für die gesamte Saison und war Deiner Meinung nach mit diesem Verlauf zu rechnen? Uli Byszio: Mit dem Verlauf war zu rechnen, da die Vereine mit viel Geld und vielen Profis deutlich im Vorteil gegenüber den Vereinen mit wenig Geld und wenig Profis sind. Schade, aber so ist es.
TR: Der HRK und Frankfurt ließen, bis auf wenige Ausnahmen, relativ wenig zu und standen unentwegt an den Spitzenpositionen – fehlt es der Liga an Spannung? UB: Ja, es fehlt an Spannung und ich denke es ist frustrierend für die anderen Mannschaften. Ich kenne das aus meiner aktiven Zeit. Victoria, Hannover 78 und auch andere Vereine hatten damals teilweise auf kritischen Positionen bezahlte Spieler und wir waren mit 80 chancenlos – der Anteil der für die Nationalmannschaft spielberechtigten Spieler muss erhöht werden.
TR: Mit dem TV Pforzheim ist ein weiteres finanzstarkes Team in die Bundesliga aufgestiegen, wird die Liga zunehmend zu einer Zweiklassengesellschaft? Welche Chancen siehst Du dem entgegen zu wirken? UB: Wie gesagt: Anteil der für die Nationalmannschaft spielberechtigten Spieler erhöhen und vielleicht sollte auch der Anteil der Spieler, die aus der eigenen Jugend kommen festlegt werden. Dies sollte man aber genau überlegen, damit man nichts kaputt macht. Es wird aber meines Erachtens nicht viel ändern, außer, dass die „reichen“ Vereine dann den armen Vereinen die Spieler „wegkaufen“ werden um diese Quoten zu erfüllen. (dies birgt aber erneut Problematik wegen der Jugend Regelung der Bundesliga Mannschaften – da könnte es dann aber schon Geld für Jugendspieler geben, was auch nicht gut wäre).
TotalRugby: Jetzt spielt ihr und der HRK in der kommenden Saison zusammen mit der belgischen Mannschaft Kituro und den beiden holländischen Teams des RC Hilversum und dem RC the Dukes im North Sea Cup. Wie beurteilst Du die Teilnahme deutscher Teams an europäischen Wettbewerben und was bringen diese Maßnahmen dem deutschen Rugby? UB: Meines Wissens nach nehmen wir an dieser Runde nicht teil, da es in Bezug auf die Reisekosten zu teuer ist. Kann aber sein, dass ich da nicht auf dem neuesten Stand bin. Der Wettbewerb ist super, muss aber finanziert werden (Reisekosten) und terminlich machbar sein. Ich würde lieber mehr Termine für das 7er Rugby sehen (mein persönlicher Favorit, auch aus Verbundenheit zu meiner eigenen Spieler Vergangenheit).
TR: Was denkst Du über eine generelle Ausgliederung der deutschen Profiteams in andere Ligen, wie es zum Beispiel in der Top12 praktiziert wird (ehemals Celtic und Magners League; die Liga besteht aus zwölf Profimannschaften aus Wales, Irland, Schottland und Italien)? UB: Nicht machbar. Da überschätzt man die finanziellen Möglichkeiten vom SC 80. Ich glaube Herr Wild könnt das finanzieren, aber die Frage ist, ob er das will. Dr. Wild sollte lieber vom deutschen Rugby dahingehend unterstützt und motiviert werden, dass er die Nationalmannschaft zu seinem persönlichen Steckenpferd macht. Mit ihm im könnte das Deutsche Rugby einen riesen Schritt nach vorne machen. Er ist genau der Richtige. Man muss ihn nur dementsprechend behandeln. Er hat mir zwei bittere Niederlagen in den Endspielen angetan – aber wo wären wir ohne HRK heute? Das wäre totale Langweile. Er macht aus meiner Sicht unter Einschränkungen Fehler – Spieler anderer deutscher Vereine zum HRK zu ziehen und diesen Geld zu zahlen – aber – wie gesagt – er ist DIE Chance für das Deutsche Rugby, organisatorisch, marketingtechnisch, managementtechnisch und finanziell.
TotalRugby: DRV Präsident Bach ist kürzlich abgetreten. Angenommen Du wirst DRV Präsident, was wären Deine ersten Maßnahmen die Du durchführen würdest? UB: Monopolistische Strukturen schaffen. Demokratische Wahl des Vorstandes und der entscheidet in ALLEN Sachfragen, auch für die Jugend. Im DRV wird alles demokratisch abgestimmt, das führt zu – aus meiner Sicht – vielen Fehlentscheidungen. Dazu würde ich mich für eine Förderung der Jugendarbeit in den kleinsten Altersklassen stark machen.
TotalRugby: Letzte Frage – wenn Du an Rugby in Deutschland denkst, was geht Dir dabei als erstes durch den Kopf? UB: Zu viele Köche verderben den Brei. Einer, der einen gesunden Kopf hat, kritikverträglich und nicht beratungsresistent ist, sollte die Verantwortung übernehmen und die Richtung in allen Bereichen vorgeben. Mit unserer Abstimmungsdemokratie kommen wir nicht weiter. Wir brauchen EINE starke Person an der Spitze die demokratische gewählt wurde – wenn möglich ehrenamtlich. Das birgt erhebliche Risiken, aber schlimmer kann es nicht mehr werden.
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