Der Heidelberger RK sicherte sich in der abgelaufenen Saison fast sämtliche Titel - (c) Jürgen Keßler
Quo Vadis Rugby-Bundesliga heißt unsere neue Interview Reihe, die wir mit den Entscheidungsträgern der Rugby Bundesligaclubs geführt haben. Wo führt er hin der Weg des deutschen Rugbys? Trennt sich die Spreu vom Weizen, verliert sich die Liga in einem Kampf reich gegen arm? Was sind die Ziele und Visionen der jeweiligen Vereine? TotalRugby hat nachgefragt, diesmal bei Alexander Wiedemann Manager des Heidelberger RKs, Tripple-Gewinner vergangenen Spielzeit. Lange Zeit war er selbst für den Klub auf dem grünen Rasen aktiv, widmet er sich nun dem organisatorischen Bereich von Deutschlands Rugby-Aushängeschild.
TotalRugby: Die aktuelle Spielrunde ist vor kurzem zu Ende gegangen. Was ist Dein Fazit für die gesamte Saison und war Deiner Meinung nach mit diesem Verlauf zu rechnen? AlexanderWiedemann: Ob mit diesem Saisonverlauf zu rechnen war oder nicht, ist denke ich schwer zu beurteilen. Beispielsweise stand in der Saison 2009/2010 bis zur Winterpause die RGH als Herbstmeister fest und der HRK war nur Fünfter in der Tabelle. In der Saison 2010/2011 hatte der HRK wahrscheinlich die beste Saisonvorbereitung in seiner Geschichte und wohl auch aller Bundesligamannschaften absolviert. Ich kann da nur für den HRK sprechen, aber mit dieser Dominanz bis zur Winterpause hat eigentlich keiner gerechnet.
TR: Der HRK und Frankfurt ließen, bis auf wenige Ausnahmen, relativ wenig zu und standen unentwegt an den Spitzenpositionen – fehlt es der Liga an Spannung? AW: Ich denke, dass die Bundesliga nach wie vor spannend ist. Vor allem, wenn man sich die Spiele HRK-RGH und RGH-1880 sowie das Finale anschaut. Natürlich ist ein enormer Unterschied zwischen z.B. dem RK Heusenstamm, TSV und dem HRK oder 1880 Frankfurt. Aber ich denke solche Unterschiede gibt es jedes Jahr in der Bundesliga. Jahr für Jahr schaffen es aber auch vermeintlich „kleinere“ Vereine den Großen ein Bein zu stellen. Es gibt immer wieder Überraschungen und dass wird auch so bleiben.
TR: Mit dem TV Pforzheim ist ein weiteres finanzstarkes Team in die Bundesliga aufgestiegen, wird die Liga zunehmend zu einer Zweiklassengesellschaft? Welche Chancen siehst Du dem entgegen zu wirken? AW: Ich glaube, als der erste Spieler vor einigen Jahren das erste Mal Benzingeld für die Anreise bekommen hat um eine Mannschaft zu verstärken hat Rugby in Deutschland begonnen sich in eine andere Richtung zu entwickeln – und zwar weg vom Amateursport. Über kurz oder lang werden sich alle Mannschaften einen potenten Sponsor suchen oder aber auf der Strecke bleiben. Ich glaube auch, dem kann man nicht mehr entgegen wirken, jeder 10 oder 12 Jahre alte Junge träumt doch davon, mit seinem geliebten Sport einmal Geld zu verdienen.
TR: Frankfurt und HRK spielen in der kommenden Saison zusammen mit der belgischen Mannschaft Kituro und den beiden holländischen Teams des RC Hilversum und dem RC the Dukes im North Sea Cup. Wie beurteilst Du die Teilnahme deutscher Teams an europäischen Wettbewerben und was bringen diese Maßnahmen dem deutschen Rugby? AW: Ich hoffe auf mehr Spiele auf hohem Niveau damit sich die jungen deutschen Spieler schneller entwickeln können. Die Basis des deutschen Rugbys sollte möglichst breit aufgestellt sein, um auch für die Nationalmannschaft gute Spieler auszubilden.
TR: Was denkst Du über eine generelle Ausgliederung der deutschen Profiteams in andere Ligen, wie es zum Beispiel in der Top12 praktiziert wird (ehemals Celtic und Magners League; die Liga besteht aus zwölf Profimannschaften aus Wales, Irland, Schottland und Italien)? AW: Wäre auf Fall eine Überlegung wert. Ich sehe darin auch recht gut Vermarktungschancen. Für mich beginnt Professionalität im Kopf, nicht im Geldbeutel. Sonst wäre der Titelgewinn der RGH gegen Frankfurt 2007 meiner Meinung nach nicht möglich gewesen. Da wurde professionell gearbeitet und damit kam der Erfolg, mit Bezahlung hatte dieser Titel sicher nichts zu tun.
TR: DRV Präsident Bach ist kürzlich abgetreten. Angenommen Du wärst neuer DRV Präsident, was wären Deine ersten Maßnahmen die Du durchführen würdest? AW: Den Verband neu organisieren und alle Vereine in eine Linie bringen. Aber das ist wahrscheinlich unmöglich! Die Vereine haben in Deutschland einfach zu viel Macht! Man kann nichts machen, ohne dass einer sein Veto einlegt oder sich beschwert. Dazu kommt, dass sich die Landesverbände und deren Mitarbeiter untereinander und miteinander nicht alle grün sind und sich gegenseitig blockieren. Es wäre am besten, wenn wir einen richtigen Reset machen würden und Rugby Deutschland noch einmal neu starten. Nicht unbedingt zwingend mit neuen Mitarbeitern, denn jeder der im DRV momentan arbeitet ist engagiert und arbeitet hart. Aber oft sind die Ehren- und Hauptamtlichen einfach alleine gelassen und es kommt keine große Unterstützung von den Vereinen oder Landesverbänden.
TR: Was für ein Vorgehen (möglichst realistisch gesehen) wünschst Du Dir vom neuen DRV Präsidenten um das deutsche Rugby nach vorne zu bringen? AW: Ich kann nur hoffen, dass der neue DRV Präsident Ralph Götz genauso engagiert arbeitet wie es jeder andere auch tut oder tat und es schafft, dass alle zusammen arbeiten. Evtl. dass er diesen Reset durchsetzt von dem ich in der letzten Frage gesprochen habe und damit den Sport weiter nach vorne bringt.
TR: Letzte Frage – wenn Du an Rugby in Deutschland denkst, was geht Dir dabei als erstes durch den Kopf? AW: Stillstand ist Rückschritt! Alle Nationen um uns herum entwickeln sich schnell weiter und es wird immer schwerer Schritt zu halten. Einige Vorgehensweisen denen wir folgen sind meines Erachtens zu stur und unflexibel.
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