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Quo Vadis Rugby-Bundesliga? - Rudolf Finsterer (RG Heidelberg)
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Geschrieben von TotalRugby Team   
Samstag, 13. August 2011

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'Der Liga fehlt es total an Spannung' findet RGH-Manager und Ex-Nationaltrainer Rudolf Finsterer - (c) A+M Bruno

Quo Vadis Rugby Bundesliga heißt unsere Interview-Reihe, die wir mit den Entscheidungsträgern der Rugby-Bundesligisten geführt haben. Wo führt er hin der Weg des deutschen Rugbys? Trennt sich die Spreu vom Weizen und verliert sich die Liga verliert in einem Kampf reich gegen arm? Was sind die Ziele und Visionen der jeweiligen Vereine? Wir haben diesmal mit Rudolf „Bazi“ Finsterer gesprochen, der viele Jahre als Trainer der Deutschen 15er-Nationalmannschaft im Einsatz war und als Vereinstrainer mit der RGH in den vergangenen Jahren zahlreiche Titel einheimste. Mittlerweile hat sich Bazi vom grünen Rasen zurückgezogen und fungiert bei der Rudergesellschaft als Manager.

TotalRugby: Die aktuelle Spielrunde ist vor kurzem zu Ende gegangen. Was ist Dein Fazit für die gesamte Saison und war Deiner Meinung nach mit diesem Verlauf zu rechnen?
Rudolf Finsterer: die aktuelle Spielrunde hatte genau das Endspiel, welches bereits im Voraus für mich fest stand. Das der beiden Profi Vereine des HRK und dem SC 80 Frankfurt – ein anderes Endspiel konnte es einfach nicht geben. Alle anderen Teams spielen nur um die Endrunden Plätze (SCN/RGH/TSV/BRC) – der Rest spielt um den Abstieg. Doch ein Abstieg wohin? Das ist eine ganz andere Frage.

TR: Der HRK und Frankfurt ließen, bis auf wenige Ausnahmen, relativ wenig zu und standen unentwegt an den Spitzenpositionen – fehlt es der Liga an Spannung?
RF: Meiner Meinung nach fehlt es der Liga total an Spannung. Schade, denn wir haben tolle Spieler, jedoch gehen diese teilweise unter, weil es einfach an der Breite fehlt.

TR: Mit dem TV Pforzheim ist ein weiteres finanzstarkes Team in die Bundesliga aufgestiegen, wird die Liga zunehmend zu einer Zweiklassengesellschaft? Welche Chancen siehst Du dem entgegen zu wirken?
RF: Eine Zweiklassengesellschaft wird es nur solange geben, bis einem der bezahlten Team das Geld ausgeht. Ich glaube, bei in einem gut geführten Verein mit gesunder Struktur und einer ordentlichen Vereinspolitik besteht die Möglichkeit „mitzuhalten“. Sehr wichtig sind natürlich auch ein guter Teamgeist, sowie ein Mix aus jungen und älteren Spielern. Geld wird aber leider die Zukunft bestimmen.

TR: Frankfurt und HRK spielen in der kommenden Saison zusammen mit der belgischen Mannschaft Kituro und den beiden holländischen Teams des RC Hilversum und dem RC the Dukes im North Sea Cup. Wie beurteilst Du die Teilnahme deutscher Teams an europäischen Wettbewerben und was bringen diese Maßnahmen dem deutschen Rugby?
RF: Spiele gegen starke ausländische Teams sind immer gut. Von daher kann ich dies nur begrüßen. Da sowohl in Frankfurt als auch beim HRK zahlreiche Nationalspieler unter Vertrag stehen, wird es auch dem DRV helfen.

TR: Was denkst Du über eine generelle Ausgliederung der deutschen Profiteams in andere Ligen, wie es zum Beispiel in der Top12 praktiziert wird (ehemals Celtic und Magners League; die Liga besteht aus zwölf Profimannschaften aus Wales, Irland, Schottland und Italien)?
RF: Finde ich gut. Als Profiteam sollte man den Anspruch haben sich mit anderen Profis zu messen um zu sehen wie stark man wirklich ist.

TR: DRV Präsident Bach ist kürzlich abgetreten. Angenommen Du wärst neuer DRV Präsident, was wären Deine ersten Maßnahmen die Du durchführen würdest?
RF: Ich glaube nicht, dass ich in der Lage wäre DRV Präsident zu werden oder zu sein, deshalb möchte ich meine Meinung für mich behalten.

TR: Letzte Frage – wenn Du an Rugby in Deutschland denkst, was geht Dir dabei als erstes durch den Kopf?
RF: Es kommen harte Zeiten auf das deutsche Rugby zu wenn man nicht auf den Zug aufspringt – das gilt vor allem für das 7er-Rugby. Die Gedanken die ich habe, sind was sich die Leute unter Profi-Bedingungen vorstellen, das gilt sowohl auf Vereins- als auch auf Verbandsebene. Hier muss ein gravierendes Umdenken bei den agierenden Personen stattfinden.

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Kommentare (6)add comment

Matthias Hase said:

381
...
"Geld wird aber leider die Zukunft bestimmen." - war das in der vergangenheit nicht auch schon so?

"... das gilt vor allem für das 7er-Rugby. Die Gedanken die ich habe, sind was sich die Leute unter Profi-Bedingungen vorstellen, das gilt sowohl auf Vereins- als auch auf Verbandsebene." - wieso werden dann die teams kritisiert, die das bereits im 15er-bereich versuchen umzusetzen?
August 13, 2011

thoralf zab said:

938
...
ich muss matthias recht geben. rugby wird auch in deutschland um die profesionatität nicht herumkommen. und das ist auch gut so wenn wir mal eines tages konkurrenzfähig werden sollen. meines erachtens sollten wir nicht auf die profiteams meckern sondern nacheifern. wenn ein verein profesionell geführt wird, kommt auch die nachwuchsarbeit viel mehr zum tragen, siehe 1880. und auch uli b. strebt in der zukunft viel mehr deutsche spieler in der 1. mannschaft an. bis es dazu kommt, müssen eben noch ein paar jahre vergehen bis der nachwuchs so weit ist.
also ich bin von dem konzept, 1880, HRK oder auch Pforzheim überzeugt. wir müssen eben nach vorne schauen, nicht zurück sonst enteilen uns noch mehr internationale gegner.
August 13, 2011

Uli Byszio said:

887
Profi- oder Mäzenatentum
Eigentlich stimmt ein Mix aus den ganzen Aussagen.
Der 1880 ist kein Profi-Verein, sondern ein Verein, der wohlgesonnene Sponsoren hat, die dem Verein nahestehen.
Eigentlich müssten wir - gerade in einer Stadt wie Frankfurt - VIEL mehr Marketing machen und die Spiele als grosse Show aufziehen um Publikum anzulocken, Eintrittsgelder zu vereinnahmen und dann echte Sponsoren zu gewinnen, die Geld gegen Imagetransfer geben.
Die jetzigen Sponsoren bekommen zwar auch einen Imagetransfer für ihr Geld, aber sicherlich könnte man da viel mehr machen.
Was Barzi sagt ist auch richtig: einen gut geführten Verein mit guten Strukturen kann man auch mit Geld nicht ersetzen. Wir beim 80 fangen JETZT - nach 5 bis 6 Jahren langsam an, wieder Verein zu werden. Eltern engagieren sich, Spieler, deren Karriere beendet ist helfen dem Verein. Dennoch ist das noch viel zu wenig. Wir werden erst in ca. 10 Jahren solide Vereinsstrukturen haben, wie dies bei der RGH beispielsweise der Fall ist.
Wir werden in Deutschland auf lange Jahre kein Profitum bekommen, sondern es werden die Vereine langfristig erfolgreich sein, die mehr Geld als die anderen UND eine gute Struktur haben. Hätte die RGH beispielweise auch nur die Hälfte unseres Budgets gehabt, wäre sie in der Vergangenheit unschlagbar für uns gewesen.
Woher das kommt? Aus der Jugendarbeit. Es gibt bei der RGH viele Talente aus der eigenen Jugend (oder auch aus anderen Heidelberger Vereinen), die dort zu tollen Spielern herangereift sind. Es gibt dort eine Bewegung, die die Spieler veranlasst hart zu trainieren und hart zu spielen. Dies kommt aus dem Verein an sich heraus, aus der Kultur die dort herrscht. Dies war sogar schon zu den Zeiten, als ich selbst noch Nationalmannschaft gespielt habe (was SEHR lange her ist). Fehlt diese Kultur, so kann man das auch nicht mit Geld wettmachen, es sei denn, man setzt NUR auf ausländische Profis.
Ich halte es für nicht gut, wenn man jetzt versuchen würde, diese Kultur durch Geld (Siegprämien für jeden beispielsweise) zu ersetzen. Das mag eine Zeit lang gutgehen, ersetzt aber nicht die Kultur.
Die Kultur kann meines Erachtens nur durch ein gutes Management, meist durch ehemalige Spieler oder Eltern, und durch eine gute Jugendarbeit geschaffen werden. Damit diese Kultur - Leistung aus Freude an der Sache an sich - greifen kann, braucht man nach meiner heutigen Erfahrung mindestens 10 Jahre (wir sind im 5. Jahr).
Ist diese Kultur einmal geschaffen, dann kann es nur hilfreich sein punktuell mit bezahlten Profi-Spielern dem Rest der Mannschaft Führung und Vorbild zu geben. Hier meine ich bis zu 5 Spieler, die ein deutlich besseres Niveau besitzen, als der Rest der Mannschaft.
Werden wir das im 80 schaffen? Werden wir sehen. Es wird auf jeden Fall schwer und es gibt immer wieder Rückschläge. Die Entwicklung der ersten Mannschaft in den letzten beiden Jahren war nicht besonders ermutigend (mangelnder Abbau der Profis), ebenso die Implementation der Kultur (immer noch nicht genug Eltern und ehemalige Spieler die sich ehrenamtlich (!) enganieren und immer noch zu wenig Leistungsbereitschaft der Amateure in Bezug auf Trainingseinsatz und Leistungswillen, die Jugendarbeit hingegen an sich betrachtet zeigt eine sehr vielversprechende Entwicklung, allderdings im Rahmen der DRJ und der "Vereinsmeierei" und sehr, sehr schwierigen und nicht besonders vielversprechenden äußeren Bedingungen.
Fazit: Geld hilft, kann aber keinen dauerhaften Erfolg und/oder Bestand eines Vereines begründen. Wenn Byszio, Wild und Co. ihre Hausaufgaben nicht machen und nicht an die Zukunft des Vereines denken und irgendwann mal ein neues Hobby haben, dann sind diese Vereine so schnell weg, wie diese gekommen sind. Die RGH, den TSV, den HTV, SCN usw. gibt es dann aber immer noch!
August 13, 2011

Christian Pfusch said:

102
...
@Uli: Sehr, sehr gutes Statement vor Dir und einmal "Aufklärung" für die vielen Kritiker der Arbeit und Zielsetzung des Frankfurt 1880!!! Teile deine Meinung bis auf ein paar Kleinigkeiten... viele leistungsstarke+talentierte Spieler wollen leider kurzfristig!!! Erfolge, die sie bei den von dir angeführten Vereinen mit guten Strukturen und guter Jugendarbeit nur mittelfristig oder langfristig erreichen können!!! Hier ist Überzeugungsarbeit der Verantwortlichen nötig.... Und....wir müssen durch unsere Nationalmannschaften mehr Erfolge einfahren, um unseren Sport durch die Medien bekannter und interessanter zu machen.....So geht meine Hoffung im Moment zu unserer 7s Nationalmannschaft und der kommenden Grand prix Series 2012!!! Eurosport2 hat diese Spiele teilweise übertragen.... Eine konzertierte Aktion und Prioritätensetzung aller Vereine und natürlich des DRV`s wäre da vorteilhaft. Das heisst aber nicht, dass das 15er Rugby z.B. U18, U19 und des Herrenbereichs vernachlässigt werden sollte...aber das Problem dort, wie Du ja weisst sind die finanziellen Probleme des DRV`s mit dem BMI/IRB ect.....hoffentlich geht es dort weiter und nicht den "Bach" runter...
August 13, 2011

Philipp Schmidt said:

1082
@ Christian
Nicht nur die Nationalmannschaften müssen für mehr Aufmerksamkeit sorgen, das müssen wir alle!
Hohen Neuendorf und Kiel haben gezeigt, dass man hohe Zuschauerzahlen auch abseits der sportlichen Spitze (Nationalmannschaften/1.Liga) erreichen kann. Hier würde ich einen der ganz wenigen Kritikpunkte am Frankfurter Konzept sehen. Solange Rugbydeutschland im eigenen Saft kocht werden wir nicht weiter kommen.
August 13, 2011

Matthias Hase said:

381
...
interessant: unterschiedliche voraussetzungen (kiel: konkurrenz durch hnadball und football, h'dorf alleinstellungsmerkmal bl), aber dennoch akzepatable zuschauerzahlen. und darum geht's: erfahrungen, ideen austauschen. vlt setzen wir diese diskussion im foum fort. habe ja dort einen entsprechenden thread aufgemacht.
August 13, 2011

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