'Der Abstand zwischen den Profimannschaften und den anderen Mannschaften ist größer geworden' - (c) Jürgen Keßler
Quo Vadis Rugby-Bundesliga heisst unsere neue Interview-Reihe, die wir mit den Entscheidungsträgern der Rugby Bundesligaclubs geführt haben. Wo führt er hin der Weg des deutschen Rugbys? Trennt sich die Spreu vom Weizen und die Liga verliert sich in einem Kampf reich gegen arm? Was sind die Ziele und Visionen der jeweiligen Vereine. TotalRugby hat nachgefragt und präsentiert Euch wöchentlich die Antworten. Mark Temme zieht als Präsident die Fäden in Berlins erfolgreichstem Verein und auch er stand dem TotalRugby-Team im Interview Rede und Antwort und verriet dabei wie er die Zukunft und Entwicklung der deutschen Liga beurteilt.
TotalRugby: Die aktuelle Spielrunde ist vor kurzem zu Ende gegangen. Was ist Dein Fazit für die gesamte Saison und war Deiner Meinung nach mit diesem Verlauf zu rechnen? Mark Temme: Der Abstand zwischen den Profimannschaften und den anderen Mannschaften ist größer geworden, es wird zumindest immer schwieriger gegen die Profis zu bestehen. Mit dem Verlauf war schon zu rechnen, eine andere Finalpaarung wäre „überraschend“ gewesen.
TR: Der HRK und Frankfurt ließen, bis auf wenige Ausnahmen, relativ wenig zu und standen unentwegt an den Spitzenpositionen – fehlt es der Liga an Spannung? MT: Es wird sich in den nächsten ein/zwei Saisons zeigen ob die Spannung ganz raus ist, oder ob man mit guter Basisarbeit doch die eine oder andere Profimannschaft „ärgern“ kann.
TR: Mit dem TV Pforzheim ist ein weiteres finanzstarkes Team in die Bundesliga aufgestiegen, wird die Liga zunehmend zu einer 2. Klassengesellschaft? Welche Chancen siehst Du dem entgegen zu wirken? MT: Eine Begrenzung von nicht EU-Spielern pro Mannschaft wäre eine Möglichkeit. Ansonsten besteht wirklich die Gefahr, dass die Unterschiede zu groß werden. Soweit ich gehört habe ist eine zusätzliche Profimannschaft in Berlin im Entstehen, diese soll kommende Saison in der Regionalliga starten. Möglicherweise wird diese in 2 Jahren auch 1. Bundesliga spielen, dann wird es, vom heutigen Stand gesehen, 4 Profimannschaften und 4 Nichtprofiteams geben. Die Gefahr beim Einsatz von Spielern mit Schwerpunkt südliche Hemisphäre ist, dass der Nachwuchs in Deutschland die Lust verliert wenn er nicht zum Einsatz kommt.
TR: Frankfurt und HRK spielen in der kommenden Saison zusammen mit der belgischen Mannschaft Kituro und zwei Auswahlmannschaften der Holländer im North Sea Cup. Wie beurteilst Du die Teilnahme deutscher Teams an europäischen Wettbewerben und was bringen diese Maßnahmen dem deutschen Rugby? MT: Finde ich gut, wenn damit Rugby auch mehr in die Medien, d.h. ins Fernsehen kommt. „Regelmäßige“ Beiträge im TV können den einen oder anderen Zuschauer zum Spiel locken, bzw das Interesse von Jugendlichen an Rugby erhöhen. Solange aber bei den Profimannschaften nicht „genügend“ deutsche Spieler spielen bringt es aber die deutsche Nationalmannschaft nicht weiter.
TR: TR: Was denkst Du über eine generelle Ausgliederung der deutschen Profiteams in andere Ligen, wie es zum Beispiel in der Celtic League praktiziert wird (die Liga besteht aus zwölf Profimannschaften aus Wales, Irland, Schottland und Italien)? MT: Halte ich einerseits für eine gute Idee, weil damit die Profiteams sich regelmäßig mit gleichstarken Mannschaften messen können. Andererseits besteht natürlich die Gefahr, dass die Bundesliga an Bedeutung verliert.
TR: DRV-Präsident Bach wurde abgelöst. Angenommen Du bist DRV-Präsident, was wären Deine ersten Maßnahmen die Du durchführen würdest? MT: Ich würde versuchen die Finanzmisere zu lösen und die Etablierung von Rugby in Schulen forcieren.
TR: Was für ein Vorgehen (möglichst realistisch gesehen) wünschst Du Dir vom neuen DRV Präsidenten um das deutsche Rugby nach vorne zu bringen? MT: Ein pragmatisches Herangehen an das Finanzproblem
TR: Letzte Frage – wenn Du an Rugby in Deutschland denkst, was geht Dir dabei als erstes durch den Kopf? MT: Wir stehen (möglicherweise) auf dem „Scheideweg“, zwischen dem Rugby, welches aus Spaß gespielt wird, wo man noch mit dem „Herzen“ dabei ist und welches uns von anderen Sportarten unterscheidet und einer starken Kommerzialisierung. Beides hat seine Daseinsberechtigung. Hoffentlich finden wir einen guten Mittelweg.
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