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Stevenson: “Wir werden ein starkes Team sein"
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Geschrieben von Max Joachim   
Sonntag, 22. Juni 2008

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Nachdem die Trainerlegende George Simpkin (Neuseeland) seinen Verein SC 1880 Frankfurt gen Heimat verlassen hat, haben sich die frisch gekürten deutschen 15er-Meister einen neuen Experten vom anderen Ende der Welt ins Team geholt: Der 42-jährige Philip “Lofty” Stevenson übernimmt nicht nur Simpkin`s Aufgaben in Frankfurt/Main, sondern bildet zusammen mit Rainer Kumm (Hannover) das Trainergespann der deutschen 7er-Nationalmannschaft,

mit der die beiden sich bei den anstehenden Peugeot Hannover Sevens für die 7er-WM 2009 in Dubai qualifizieren wollen. hannover-sevens.de sprach mit Stevenson über seine Zeit in Neuseeland und was er von seiner Zeit in Deutschland erwartet.

Wie ist es dazu gekommen, dass du als Rugby-Trainer aktiv bist?
Stevenson: Ich habe mit Rugby angefangen, als ich 4 Jahre alt war, also wie jeder Kiwi. Ich spiele immer noch ab und zu und hoffe, in der kommenden Saison auch für 1880 auflaufen zu können. Ich habe für Nachwuchs- und Auswahl-Teams von Wairarapa Bush und Bush Union gespielt. Dnach ging ich mit 19 Jahren nach Frankreich und habe auch kurz bei den Harlequins 1985 gespielt. Nach einem Trip nach London bin ich zurück nach Neuseeland gekommen. Ich hatte einige Verletzungen und habe deswegen mit 25 angefangen, ernsthaft als Trainer zu arbeiten. Ich habe auch als Leichtathletiktrainer gearbeitet und hatte eine Personal-Trainer-Firma.
Ich habe dann die Nachwuchsauswahlen von Manwatu und Wairarapa-Bush trainiert. Ich war ein Rugby-Entwicklungs-Officer und eine Akademie-Officer der Wellington Hurricanes für sechs Jahre, was bedeutet, dass ich einer der erfahrensten Rugby-Entwicklungs-Officers in Neuseeland war. In der letzten Saison habe ich Heartland Wairarapa-Bush mit 15 neuen Spielern im Kader trainiert und am Ende der Saison haben wir unter den Top 4 abgeschlossen. Ich mag einfach die Herausforderung. Ich habe auch Trainer ausgebildet als NZRU Provinz-Resourcen-Coach.

Warum hast du dich dazu entschieden, nach Deutschland zu kommen?
Stevenson: Wie gesagt, ich mag die Herausforderung. Ich wollte etwas anderes machen, wo ich weiter herausgefordert werden würde. Ich mag das Gefühl, das Menschen kriegen, wenn sie die Veränderungen sehen, das ist erfüllend für mich. Du kannst irgendwo in der Welt sein und etwas wunderbares kreieren. I will einen Unterschied machen und es gibt großartige Möglichkeiten für Rugby in Deutschland zurzeit, vornehmlich mit der 7er- und 15er-WM-Qualifikation.

Was ist so besonders am 7er-Rugby?
Stevenson: Es ist sehr, sehr schnell und du brauchst einen bestimmten Spielertyp. Jemand, der nicht sehr gut im 15er-Rugby ist, kann durchaus im 7er-Rugby Erfolg haben. Nicht viele Trainer sind gleich gut im 15er- und 7er-Rugby. Man kann 7er-Rugby auch als Ausbildung für andere Sportarten nutzen, zum Beispiel muss man im Touch-Rugby auch den freien Raum finden, in Aussie Rules ist das Abseits auch wichtig. Schnelligkeit ist der Schlüssel zum Erfolg. Jeder guckt sich gern schnelle Sportarten an, wie zum Beispiel 100m-Läufe – es geht los und ist gleich wieder vorbei und alle Emotionen, die sonst in 80 Minuten ablaufen, treffen in 14 aufeinander. Rugby ist ein Vollkontaktsport. Es lehrt dich, gesund zu leben, diszipliniert zu sein und außerdem vermittelt es Menschen Skills, von denen sie vorher nicht mal gehört haben. Für mich dreht sich alles um die Spieler. Auf dem Feld seid ihr Gegner und danach trinkt ihretwas zusammen. Das ist Gentlemansport für mich. Das kriegt man nicht in vielen anderen Sportarten.

Was denkst du können die Deutschen von den All Blacks lernen?
Stevenson: Früher war es in Neuseeland so, dass die All Blacks aus einem Trainingslager wieder gekommen sind und das Erlernte an ihren Club zuhause weitergegeben haben. Das sollte auch in Deutschland passieren. Wir müssen das Clubniveau verbessern und eine breitere Spielerbasis schaffen, sodass wir über mehrere Jahre hinweg erfolgreich sein können. In Neuseeland war es meine Aufgabe, Spieler für das nächsthöhere Level bereit zu machen und das Gleiche will ich auch in Deutschland machen. Es wird wichtig sein, den Deutschen zu vermittel, dass sie sich auf Veränderungen schnell einstellen, denn Rugby verändert sich so schnell, dass du dich immer wieder darauf umstellen musst.

Du scheinst ziemlich enthusiastisch zu sein über all das …
Stevenson: Das bin ich auch! Wir müssen jetzt gewinnen, um einen riesigen Schritt zu machen, denn es ist die richtige Zeit. Wir haben gerade die 15er-WM in Frankreich erlebt und wir müssen diese Aufregung um die Hannover Sevens nutzen, um den Sport jetzt auszubauen. Ich kann es kaum erwarten, um ehrlich zu sein. Das deutsche Rugby ist daran gewöhnt, langsam vorwärts zu kommen, aber jetzt müssen große Schritte her. Auch der Verband muss mitwachsen. Sie müssen die Entwicklung beobachten und sicherstellen, dass wir alles bekommen, was wir brauchen, um weiter in diesen großen Schuhen zu laufen. Ansonsten könnte das Ganze kollabieren. Der IRB gibt uns zurzeit auch mehr Geld, sodass es eine wunderbare Zeit ist, im deutschen Rugby involviert zu sein.

Wo siehst du das Potenzial im deutschen Team?
Stevenson: Wir können auf Erfahrung aufbauen, aber es ist nicht gut genug, 2 oder 3 gute Spieler zu haben. Wir brauchen mindestens einen sehr guten deutschen Spieler in jeder Position. Das bedeutet, dass wir die Clubs dazu drängen müssen, mehr Talente zu fördern. Ich möchte nicht über einzelne Spieler sprechen; im 7er-Rugby geht es vor allem um Fitness und mentale Stärke. Wir müssen sichersetellen, dass wir die richtigen Spieler dafür haben. 7er-Rugby ist hart, also müssen wir den Spielern diese Skills vermitteln. Es wird aber auf jeden Fall eine aufregende Zeit für die Spieler, denn sie haben die Chance, sich für eine Rugby-Weltmeisterschaft zu qualifizieren.

Was erwartest du von den Hannover Sevens?
Stevenson: Es ist eine tolle Chance für Deutschland, zu zeigen, dass sie solch ein Event organisieren können. Hannover ist eine tolle Stadt und ich bin sicher, dass jeder dort eine klasse Zeit haben wird. Es ist die Gelegenheit für das deutsche Rugby, Verbindungen mit Menschen zu schaffen, die das Geld und die Zeit haben, in diesen wunderbaren globalen Sport zu investieren. Jeder sollte diese Gelegenheit ausnutzen. Es gibt viel Geld in Deutschland, wir müssen es nur für uns nutzen. Es ist im Prinzip ein Show-Bühne für den Sport und ein großer Schritt auf die europäische Rugby-Bühne!

Was denkst du über das deutsche 7er-Rugby & Rugby im Allgemeinen hier?
Stevenson: Ich erwarte, dass es schnell wachsen wird, eigentlich sogar so schnell, dass die Funktionäre aufpassen müssen, dass sie mithalten. Das Team kann diesen großen Schritt jetzt schaffen und sich für Dubai qualifizieren. Das ist der Ort, an dem ich das deutsche 7er-Team nächstes Jahr sehen will. Ich will, dass sie in der Lage sind, in Dubai und möglicherweise auch Südafrika, Neuseeland und Hong Kong zu spielen als Vorbereitung auf die 7er-WM.
15er-Rugby sollte hier auch wachsen. Ich will, dass die Spieler mutig sind. Rugby mag Amateur-Status in Deutschland haben, aber wann immer Pioniere zugegen sind, kann man den Schritt zum professionellen Sport schaffen, zumindest in der Art, wie wir uns vorbereiten und spielen, auch in kurzer Zeit. Wir brauchen diese Webb Ellis-Mentalität – einfach den Ball aufheben und loslaufen. Der Sport wächst so schnell, dass die Leute, die sagen, dass es nicht möglich ist, gleich von jemandem überholt werden, der es möglich macht.
Ich bin mir auch sicher, dass der Deutsche Rugby-Verband diese Schritte wagen will. Sie haben im Stillen für eine Weile gearbeitet und müssen jetzt mit diesen Ergebnissen heraus rücken und die Möglichkeiten um sie herum ergreifen. Wir müssen revolutionär sein. Es ist immer leicht, einfach mitzuschwimmen, aber das bin ich nicht. Jeder und der DRV im Besonderen sollte so aufgeregt sein wie ein junges Kind, das zum ersten Mal Rugby spielt. Ich weiß, dass ich das bin!

Warum sollte Rugby bei den Olympischen Spielen dabei sein?
Stevenson: Rugby ist ein Sport für die ganze Familie, nicht für Hooligans. Wir müssen die deutsche Regierung dazu bringen, das zu verstehen, damit sie den Sport in irgendeiner Weise fördern, denn auch wenn er zurzeit nicht bei Olympia dabei ist, war es einmal und Deutschland holte damals die Silbermedaille 1900 in Paris. Wir müssen sie also dazu bringen, vorbei zu schauen und es sich anzugucken. 7er-Rugby ist extrem unterhaltsam, also warum sollte man es nicht fördern? Ich sage den Leuten in Entscheidungspositionen: Kommt und seht es euch selbst an! Kommt zu den Peugeot Hannover Sevens 2008! Ich verspreche euch, dass ihr Rugby in einem anderen Licht betrachten werdet, also kommt vorbei und seht selbst!
Das Ziel sollte immer sein, dass wir die Gesellschaft verbessern, in der wir leben und Rugby ist ein super Weg, um das zu erreichen. Rugby ermöglicht es mir, die ganze Welt zu bereisen. Es lehrt dich, immer wieder aufzustehen, wenn du umgeworfen wirst. Das ist Rugby und kein anderer Sport kann dir solche Lebens-Skills auf diese Art beibringen. Kein anderer Sport ist so darauf angewiesen, dass jedes einzelne Mitglied dazu bereit ist, für den anderen in die Bresche zu springen. Wenn man alleine arbeitet, wird man es nicht schaffen, wenn man aber zusammen arbeitet, dann spielt man Rugby. Ich muss mich völlig darauf verlassen, was die anderen machen und genauso verlassen die sich auf mich.
Das größte Glücksgefühl für einen Rugbytrainer ist, dass Kinder den Sport wirklich lieben! Die Kinder haben so viel Spaß und sie sind so froh, wenn sie umfallen und wieder aufstehen, man kann es in ihren Augen sehen, diese Genugtuung, die Courage zu haben, weiterzumachen. Leute denken, dass Rugby brutal ist, aber da liegen sie falsch. Rugby ist ein Sport für Gentleman, der manchmal einen Schiedsrichter braucht. Es ist statistisch erwiesen, dass weniger Verletzungen auftreten, als in anderen Sportarten, besonders wenn Kinder es spielen. Das liegt daran, dass es spezielle Regeln für jede Altersklasse gibt, aber viele Leute in Deutschland wissen das nicht. Wenn diese nach Hannover kommen, werden sie es selber sehen können.

Wo siehst du deine eigene Zukunft in der Rugbywelt?
Stevenson: Ich mache immer nur einen Schritt nach dem anderen. Ich will erstmal hier erfolgreich sein. Ich will versuchen, die Arbeit von George [Simpkin] weiterzuführen und ausbauen, was er mit Frankfurt getan hat. Vielleicht kann ich auch mit Deutschland bei der Rugby-WM 2011 in Neuseeland involviert sein, aber kurzfristig gesehen würde ich mich gern für die 7er-WM 2009 qualifizieren und die Hannover Sevens gewinnen.
Ich will die Spielfähigkeit und Talente hier allgemein ausbauen. Wir können auch mit Frankfurt nur besser werden, wenn unsere Gegner besser werden. Wir müssen also die Trainer trainieren, das ist sehr wichtig. Das wäre die beste Möglichkeit, denn so kann man die Spielsysteme zu deren Spielern viel schneller verbreiten.

Was hältst du von deinem Kollegen Rainer Kumm?
Stevenson: Er ist ein wunderbarer Kerl. Wir haben ähnliche Ideen und die gleiche Vision für das deutsche 7er-Rugby. Er will hart arbeiten und das gleiche mache ich auch. Ich freue mich schon darauf, mit dem ganzen Team zusammenzuarbeiten.

Wie siehst du eure Chancen bei den Peugeot Hannover Sevens?
Stevenson: Unser Ziel ist es, zu gewinnen, denn wenn du nicht mit dem Ziel antrittst, zu gewinnen, hast du schon verloren. Wir müssen eine Einheit bilden, ein starkes Team und ich bin schon sehr aufgeregt, dass wir diese Chance haben, dass wir das für Deutschland schaffen können, für das deutsche Rugby und für die deutschen Rugbyspielerinnen und -spieler.

hannover-sevens.de dankt Lofty Stevenson für seine Zeit und wünscht ihm und seinem Team alles Gute für die anstehenden Aufgaben …

Foto: Miriam May

Quelle: www.hannover-sevens.de

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Kommentare (1)add comment

SRC said:

241
...
mit dieser Einstellung kann man eigentlich nur erfolgreich sein... Vorbildlich!!!
Juni 24, 2008

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busy
Letzte Aktualisierung ( Freitag, 27. Juni 2008 )
 
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