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„Das war härter als alles, was wir im vergangenen Jahr gespielt haben…“
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Geschrieben von Jens Hausner   
Dienstag, 31. Mai 2011

Krofdorf-Gleibergs Außendreiviertel Michael Golin beim \

So lautete das Urteil von Cameron Freeman, dem bulligen Kapitän der Ramstein Rogues, nach dem Spiel seiner Mannschaft gegen die Rugby Männermannschaft des TSV Krofdorf-Gleiberg. Als Gegner für ihr zweites Freundschaftsspiel hatten die Wettenberger mit Ramstein keinen geringeren als den ungeschlagenen Rheinland-Pfalzmeister eingeladen. Das aus in Ramstein stationierten US-Soldaten bestehende Team der „Gauner“ (engl. „rogues“) hatte in der abgelaufenen Saison die Regionalliga Rheinland-Pfalz ohne Punktverlust und mit einer beachtlichen Differenz von 598:46 Punkten dominiert und wollte die Einladung an den Seeküppel nach dem Aufstieg als Vorbereitung auf die dritte Liga Süd-West nutzen. Der Seeküppel präsentierte sich den insgesamt 250 Zuschauern dabei in einem neuen und bisher ungewohnten Kleid. Die Fußballtore waren mehr als acht Meter hohen und in den Vereinsfarben rot und weiß gestreiften Rugby-Torstangen gewichen, die schon von weitem sichtbar waren. Gespendet wurden die Stangen vom befreundeten hessischen Rugbyverein TGS Hausen, die Stangenpolster sind ein Geschenk des Bundesligisten RK Heusenstamm (An dieser Stelle ein Riesendankeschön an die beiden Vereine!!!).

Der englische Schiedsrichter Robbie Grieveson pfiff das Spiel um 15:03 Uhr bei besten äußeren Bedingungen und strahlendem Sommerwetter an. Schnell stellte sich heraus, was für ein Kaliber sich die Krofdorfer hier für ihr zweites Spiel ausgesucht hatten. Die heimischen “ Rugby-Kelten“, wie sich die TSVler selbst nennen, ließen sich von den muskelbepackten und durchtrainierten US-Hünen allerdings nicht beeindrucken und schickten sie von Beginn an couragiert in krachenden Tackles immer wieder in den harten „Rasen“ des Seeküppels – begleitet von „Oh!“-  und „Argh!“-Rufen des angetanen und schwer beeindruckten Publikums. Besonders Innendreiviertel Jakob Seifert konnte mit seinen technisch perfekten Tackles überzeugen und brachte mit seinen nur 75 Kg einen Riesen nach dem anderen zu Boden. Nach sieben Minuten brachen die Rogues erstmals durch die Keltenverteidigung und legten ihren ersten Versuch, der von Spielertrainer Clive French zur 7:0 Führung erhöht wurde. In den anschließenden 12 Minuten folgte eine Demonstration, warum Ramstein die Rheinland-Pfalz-Liga so überlegen gewonnen hatte. Mit drei weiteren, schön herausgespielten Versuchen, von denen aber nur einer erhöht werden konnte, schraubten die Gäste das Ergebnis auf 22:0. Nachdem TSV-Schlussspieler Lars Kuppe einen Straftritt von der Mittellinie präzise kurz vor der Ramsteiner Mallinie ins Aus wuchtete, trickste der Wettenberger Sturm in der anschließenden Gasse bei eigenem Einwurf die Ramsteiner aus, die mit einem hohen Einwurf rechneten. Stattdessen passte Hakler Thorsten Hofmann den Ball kurz auf den ersten Pfeiler Jens Morneweg, der seine ganze Kraft hinter den Ball legte, sich bis ins Malfeld durchtankte und den Ball auch ablegen konnte. Dabei beging er jedoch einen technischen Fehler, so dass Schiedsrichter Grieveson den Versuch nicht geben konnte. Dieser fast erfolgreiche Angriff gab der Krofdorfer XV spürbar Auftrieb und so spielte sich das Spiel mehr und mehr in der Ramsteiner Hälfte ab. Besonders beeindruckte der Sturm, der nicht nur die eigenen Gedränge gewinnen konnte und die Ramsteiner Muskelpakete immer wieder den Rückwärtsgang einlegen ließ. Einzige Unterbrechnung dieser starken „Sturm- und Drang-Phase“ der Rugbyneulinge von der Burg war ein weiterer erhöhter Versuch der Routiniers in der 30. Minute zum 29:0. Mehr gelang Ramstein in Hälfte eins nicht. Mit einem Vorball nach krachendem Krofdorfer Tackle von Kuppe, bei dem dieser sich verletzte und nicht mehr weiterspielen konnte, endete der erste Durchgang wie er begonnen hatte.

 

Nach der Pause fanden die Rogues wieder besser ins Spiel. Bereits nach sieben Minuten konnten sie den Ball zweimal im Krofdorfer Malfeld ablegen und auf 39:0 davon ziehen. Kurios kam der nächste Versuch der Gäste zustande. An der eigenen Fünfmeterlinie, also kurz vor dem eigenen Malfeld, konnte der Krofdorfer Sturm den Blau-Weißen ein Gedränge abnehmen. Aufgrund eines Fehlers wurde das Gedränge wiederholt, diesmal mit Einwurf für Krofdorf-Gleiberg. Wiederum drückte das Pack stärker als sein amerikanisches Pendant und Hofmann konnte den Ball erhakeln. Die Situation schien für den TSV geklärt, da es Gedrängehalb Jayson Reed trotz Bedrängnis gelang, den Ball auf Seifert zu passen, der schon zum Befreiungskick bereit stand. Dieser ging aber mächtig in die Hose – im wahrsten Sinne des Wortes: Statt hoch und weit zu fliegen, um den Platzherren eine Verschnaufpause zu bieten, landete der Ball mit voller Wucht am Hinterteil von Zweite-Reihe-Stürmer Toni Miene, der gerade im Begriff war, sich aus dem Gedränge zu lösen. Beide Teams warfen sich über den Ball wobei die Gäste den Ball auf ihre Seite bringen konnten. Die Verteidigung schaffte es noch, sich zu organisieren und hielt drei Angriffsphasen stand, bis Flügelspieler Matt Rompca durch mehrere sehenswerte Steps an drei Kelten vorbei unter den Stangen ablegen konnte. Nach dem erfolgreichen Erhöhungstritt stand es nun 0:46 aus Sicht der Heimmannschaft (63. Minute). Bei der Krofdorfer XV schienen nun trotz aufopfernder Verteidigung die Kräfte zu schwinden. In dieser Phase schraubten die Rogues das Ergebnis durch zwei weitere erhöhte Versuche auf 0:60. In der Schlussoffensive kamen die Kelten noch einmal an das Ramsteiner Malfeld heran und hatten die Chance zu punkten. Aber Verbinder Oliver Meißner vefehlte bei einem Straftritt die Torstangen und auf der noch nicht vorhandenen Anzeigetafel stand auf Krofdorfer Seite immer noch die Null. Noch verheißungsvoller war die letzte Aktion des Spiels. Diesmal bekamen der TSV etwa 15 Meter vor dem gegeerischen Malfeld mittig einen Straftritt zugesprochen. Die großen, starken Stürmer aus der ersten und zweiten Reihe formierten sich, um den Ball mit "der Brechstange" ins Ziel zu bugsieren. Sie liefen an, um mit der entsprechenden Geschwindigkeit an Durchschlagskraft zu gewinnen – aber Reed zögerte mit dem Pass und die geballte Power des Krofdorfer Sturms lief erstaunt und mit leeren Händen am Ball vorbei ins Leere. Schließlich landete der Ball in den Händen des kleinsten Stürmers, Hofmann, der darüber zwar zunächst überrascht schien, sich aber trotzdem tapfer einen Weg durch die Abwehrreihe des Gegners zu bahnen versuchte. Dabei war er aber auf sich allein gestellt, da seine Sturmkollegen ihn schon überholt hatten. Ramstein eroberte den Ball zurück und nach einem Vorball pfiff Grieveson das Spiel ab.

Beim Sportsgruß beider Mannschaften an der Mittellinie bescheinigte Ramsteins Kapitän Freeman den Rugby-Kelten dann das oben beschriebene Reifezeugnis. Außerdem betonte er, dass die Tackles härter und der Sturm der Gastgeber stärker seien als alles, was in der abgelaufenen Saison  in Rheinland-Pfalz gegen die Rogues gespielt hat. Die Aussage wurde von seinen Mitspielern auch gleich mit einem kräftigen Applaus bestätigt. Auch Schiedsrichter Grieveson meinte nach dem Spiel, dass das junge Wettenberger Team eine Bereicherung für die Regionalliga Hessen sein wird und dass die Mannschaft mit einer solchen Leistung sicher ein paar Teams hinter sich lassen wird. Jakob Seifert wurde von seinen Mannschaftskollegen zum Spieler des Tages gewählt.

Fazit: Die Krofdorfer XV können trotz des auf den ersten Blick deutlichen Ergebnisses stolz auf die gezeigte Leistung sein. Phasenweise war nichts davon zu spüren, dass hier ein Landesmeister gegen ein Anfängerteam spielte. Der scheinbaren körperlichen Unterlegenheit setzten die Männer um Kapitän Reed Courage, Einsatzwillen und Härte entgegen - auch gegenüber sich selbst. Bedenkt man, das Ramstein in seiner Meistersaison jedes Spiel im Schnitt mit 60:5 Punkten gegen weitaus erfahrenere Mannschaften gewonnen hat, rückt das erreichte Endergebnis von 0:60 in ein anderes Licht. Wären dem TSV die drei punkteträchtigen Situationen besser gelungen, hätte es am Ende auch 17:60 ausgehen können. Die Kelten können im September mit einer ordentlichen Portion Selbsbewusstsein in ihre erste Saison starten.

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Letzte Aktualisierung ( Dienstag, 31. Mai 2011 )
 
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