Nach einer miserablen Woche ist der Rauch über dem englischen Team, zumindest vorerst, verzogen. Aber die Stimmen die aus dem englischen Camp in Christchurch berichten, sind einhellig der Meinung, dass es sich dabei nur um die Ruhe vor dem zu erwartenden Sturm handelt.
Dabei droht das Unheil von gleich mehreren Fronten. Zum einen sehen sich die Vizeweltmeister am Samstag erneut dem wohl heimstärksten Rugbyteam der Welt, den All Blacks gegenüber, und zum anderen stehen immer noch die unschönen Vergewaltigungsvorwüfe im Raum, mit welchen sich 4 ungenannte Spieler aus dem englischen Kader seit den Feierlichkeiten in einem Nachtclub im Rahmen ihres ersten Spiels gegen die All Blacks vergangenen Samstag, konfrontiert sehen. Im Gegensatz zu der Partie mit den All Blacks, haben die Engländer hier die Dinge nicht selbst in der Hand, ihnen bleibt keine andere Möglichkeit als abzuwarten und zu hoffen, dass sich die Vorwürfe als haltlos erweisen.
Daher gilt es im englischen Lager die Konzentration voll auf die Dinge zu richten, welche in ihrem Machtbereich liegen und jegliche Ablenkung von aussen so gut wie möglich auszublenden. Das zweite Spiel bietet ihnen die Chance zur Wiedergutmachung, der letzten 72 Stunden, welche trotz aller Beteuerungen des neuen Kapitäns Steven Borthwick, ohne Zweifel die Vorbereitungen des Teams heftigt beeinträchtigt haben müssen.
Auf die Frage wie schwierig es gewesen ist sich zu konzentrieren, antwortete Borthwick: “Wir werden am Samstag eine bessere Leistung zeigen und uns teurer verkaufen”.
Borthwick hatte telefonischen Kontakt mit Martin Johnson, dem Teammanager, welcher sich sicher sehr irritiert über den bisherigen Verlauf der Tour gezeigt haben dürfte. Zum Inhalt des Gesprächs teilte der 2. Reihe Stürmer nur mit, “ein Gespräch mit einem Menschen von Martin Johnsons Kaliber, ist immer eine positive Erfahrung”.
Jeder Eindruck das womöglich die Aufmerksamkeit der Spieler beeinträchtigt worden sein könnte, wird abgewiesen. James Haskell und Tom Rees, die beiden Flanker der London Wasps, welche letzte Woche so einen guten Eindruck hinterlassen hatten, brachten ihren Willen zum Ausdruck am Samstag im AMI Stadium gegen die All Blacks ihr letztes Unterhemd geben zu wollen, bevor die lange Saison für die englischen Spieler, welche letzten August gegen Wales begann, zum Ende kommt.
Es ist fast unmöglich etwas anderes als einen neuseeländischen Sieg, mit einem ähnlichen Punkteunterschied (37-20) wie vergangene Woche in Auckland, zu erwarten. Um ein ähnliches Ergebnis zu vermeiden, haben die Engländer unheimlich hart gearbeitet auf dem Trainingsplatz des Christ’s College, neben Gedrängearbeit, stand vor allem Arbeit an der Verteidigung mit Verteidigungs-Trainer Mike Ford auf dem Programm. “Die Spieler Glauben an unser Verteidigungssystem, es geht nur darum es im Spiel auch entsprechend umzusetzen,” sagte Ford.
Letzte Woche offenbarten sich in der Verteidigung große Lücken, am auffälligsten war dies im Kanal zwischen Verbinder und dem 1. Innendreiviertel, dieser Umstand kostete Charlie Hodgson und Olly Barkley ihre Plätze. Barkley war über den Umstand, dass ihm erneut die Chance genommen wurde, sich einen Stammplatz zu sichern so verärgert, dass er dem Coach und der Presse dies auch sehr deutlich mitteilte. Toby Flood und Jamie Noon werden die Plätze der zwei ausgebooteten einnehmen, sicher auch mit der Hoffnung, dass die Vereinskameraden – beide spielen für die Newcastle Falcons – auf Grund ihrer Eingespieltheit, den All Blacks besser Paroli bieten können. “Es macht den Anschein, als hätten sie ein paar offene Türen geschlossen”, sagte All Blacks Co-Trainer Steve Hansen, befragt zur Aufstellung der Engländer.
Die sechs Änderungen im Kader der Engländer machen deutlich, dass die Verantwortlichen letzte Woche einige Fehler bei der Aufstellung gemacht haben. Auch wenn die neue Aufstellung auf Aussenstehende den Eindruck vermittelt, dass es den Trainern darum geht, das Ergebnis lediglich erträglich zu gestalten und nicht darum wirklich auf Sieg zu Spielen, sagt Rob Andrew, der Cheftrainer auf dieser Tour, zur Aufstellung seines Teams: “Wir haben einen sehr ausgeglichenen Spielkader benannt der es uns erlaubt besser zu verteidigen, als noch letzte Woche, von dem wir uns aber auch versprechen die sich bietenden Löcher in der All Blacks Verteidigung zu finden, genauso wie sie es gegen uns getan haben”.
Das neue Innenpaar der Engländer sollte für die All Blacks schwerer zu knacken sein, aber anstatt die Verteidigung von Tindall und Noon zu durchbrechen, könnten die All Blacks Angreifer einfach um die beiden herumlaufen.
Richie McCaw sieht noch Verbesserungspotential im Vergleich zur Vorwoche, “wir spielten nur ungefähr eine Halbzeit wirklich gutes Rugby”, sagte der All Blacks Kapitän. “Wir sind mit unserem Level noch nicht zufrieden.” All dies klingt für englische Ohren nicht gerade beruhigend.
Was meint ihr, gelingt es den Engländern, trotz all der Unstimmigkeiten im Umfeld, die All Blacks am Samstag (21.6.) zu schlagen?
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