Bernd Schöpfel (rechts) hier im Gespräch mit Bundestrainer Peter Ianusevici
Der Rücktritt von DRJ-Vizepräsident Bernd Schöpfel hat vor einigen Wochen hohe Wellen geschlagen. Zunächst war von einem Rücktritt aus privaten Gründen zu lesen, bevor ans Licht kam, dass womöglich Schöpfels Temprament, v.a. an der Seitenlinie, den Ausschlag für den raschen Rückzug aus seinem Amt, welches er bis dahin höchst erfolgreich bekleidete, gegeben haben könnte. Da TotalRugby stets darum bemüht ist bei allen Beteiligten nachzufragen, haben wir den ehemaligen DRV-Vizepräsident bereits vor einigen Wochen um ein Interview gebeten, jetzt da sich die Gemüter wieder etwas beruhight haben, war der Zurückgetretene bereit, mit uns über die Gründe die zu seinem Rücktritt geführt haben zu sprechen:
TotalRugby: Hallo Bernd, seit Deinem Rücktritt ist nun ein bisschen Zeit verstrichen. Du hast Dich bewusst dafür entschieden, Dich nicht direkt nach Deinem Rücktritt zu Wort zu melden. Wie ist es Dir in den letzten Wochen ergangen? Bernd Schöpfel: In den ersten Tagen wurde ich von allen Seiten mit Fragen überschüttet. Vor allem Freunde konnten die veröffentlichten Darstellungen nicht glauben und haben nachgefragt, ob dies denn alles so seine Richtigkeit habe. Ich habe aus meinem engen Umfeld sehr viel Unterstützung bekommen, was mir im ersten Moment sehr geholfen hat. Die Situation hat sich dann aber ziemlich schnell wieder beruhigt und ich konnte selbst etwas zur Ruhe kommen und über mein weiteres Rugbyleben nachdenken.
TR: Rugbydeutschland hat Dich in Deiner Funktion als DRV Vizepräsident immer als sehr engagiert erlebt, aber auch mitbekommen, dass Du Dich teils über mangelnde Unterstützung seitens des Verbandes beklagt hast. Wie müssen wir uns das konkret vorstellen? BS: Der DRV ist ein Konglomerat von Unterverbänden und Interessengruppen. Hier versucht jeder seine Interessen oder vielleicht besser, die seiner „Abteilung“, nach vorne zu bringen. Hier nehme ich mich auch nicht aus. Dies ist aber o.k. und legitim, schließlich wurde man ja dafür in das Präsidium gewählt. Die fehlende Unterstützung ist wohl besser mit „Energieverlust durch interne Reibung“ zu beschreiben. Hier geht es meines Erachtens noch zu sehr um „Landesverbandsinteressen“ und persönliche Profilierung. Es geht zu viel Zeit und Kraft für nicht notwendige Diskussionen verloren. Entscheidungen, die in Absprache mit den Landesverbänden getroffen wurden, werden intern neu diskutiert und abgeändert. Was dann natürlich wieder zu Unzufriedenheit und fehlendem Vertrauen bei den Verbänden führt. Eine Spirale, die die sinnvolle Verbandsarbeit fast unmöglich macht.
TR: Fußball Mannschaften wie der FC Bayern oder Real Madrid wurden schon öfter nachgesagt, Sie seien untrainierbar, da die Mannschaften nur aus Individualisten bestehen und nicht als Team fungieren. Könnte man diese Charakterzüge in gewisser Weise auf den DRV übertragen? BS: Ich denke, dass das Präsidium des DRV durchaus in der Lage ist als Team zu arbeiten. Alle Präsidiumsmitglieder haben das Wohl des gesamten deutschen Rugbys im Auge, von den Frauen und der Jugend bis hin zu den Herren. Die Bremsklötze kommen meist von außen und sind sehr vielschichtig. Es sind die Ansprüche und oftmals der fehlende Wille zur Zusammenarbeit von Vereinen, Verbänden und öffentlichen Stellen wie z.B. dem BMI. Fairerweise muss ich sagen, dass die Anzahl der „Nörgler“, die prinzipiell ohne Blick auf die Situation gegen den DRV arbeiten, immer geringer wird.
TR: Man bekommt leider viel Negatives über den DRV mit - vermutlich auch weil wir alle dazu tendieren lauter zu jammern, als wir loben. Wenn man sich die Strukturen auf Vereins- und Verbandsseite anschaut erweckt es den Eindruck, dass hier mehr gegen- als miteinander gearbeitet wird. Eigentlich kann es doch aber nur das Ziel eines jeden Vereins-/Verbandsmitgliedes sein, das deutsche Rugby weiter zu entwickeln und Schritt für Schritt in Richtung Professionalisierung zu bringen. Wie kannst Du Dir diese Verhaltensweisen erklären, bzw. uns? BS: Dies ist, meines Erachtens, das Hauptproblem im Deutschen Rugby. Nicht in allen Landesverbänden und Vereinen ist man in der Lage über den Tellerrand hinauszuschauen und an das „große Ganze“ zu denken. Viele Verantwortliche haben offensichtlich Angst selbst an Boden zu verlieren, wenn Andere stärker werden. Dass es aber nur möglich ist, sich in einem leistungsstarken Umfeld weiterzuentwickeln, vergessen viele.
TR: Eigentlich hat man den Eindruck, dass in der Jugendarbeit in Deutschland sehr fruchtbar gearbeitet wird, von Querelen wie Sie im Seniorenbereich stattfinden hat man bis dato wenig mitbekommen. Was kannst Du uns dazu sagen? BS: Die sportliche Zusammenarbeit zwischen dem DRJ-Präsidium, den Trainern, Teammanagern und Betreuern kann sicherlich als vorbildlich bezeichnet werden. Hier ist es gelungen über Landesverbandsgrenzen hinaus ein Team zusammenzustellen, dem das Wohl der Jungs, unserer Spieler, am Herzen liegt. Es ist schon fast ein enger Freundeskreis, der mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln zum Wohle des deutschen Rugbys sehr viel Zeit investiert. Dieser enge Kern hat es möglich gemacht, dass es bei allen Begegnungen, ob auf Vereins- oder Verbandsebene, außerhalb des Feldes sehr freundschaftlich und fair zugeht. Wer schon einmal das Vergnügen hatte, bei einer Meisterschaft die Spieler außerhalb des Spielfeldes zu beobachten, weiß sicherlich wovon ich spreche.
TR: Es wurde viel über die rote Karte und deren Hintergründe diskutiert, sogar von einer Klage war die Rede. Wie beurteilst Du diesen Sachverhalt und das Verhalten der Schiedsrichter? BS: Aus der Sicht des Schiedsrichters war die rote Karte sicherlich eine richtige Entscheidung. Ich hatte wiederholt seine Entscheidungen kritisiert. Alle die mich kennen wissen, dass ich mittlerweile zu den eher ruhigen Trainern an der Linie gehöre. Die Schiedsrichterleistung war meines Erachtens aber nicht akzeptabel und dies habe ich zum Ausdruck gebracht. Allerdings habe ich den Schiri zu keinem Zeitpunkt beleidigt - auch nicht in meinem offiziellen Beschwerdeschreiben über die dargebrachte Schiedsrichterleistung an den Schiedsrichterobmann. Bezüglich der roten Karte hätte ich mir hier ein offensiveres Verhalten des SDRV erhofft, in dem man zum Beispiel das Gespräch mit mir gesucht hätte. Stattdessen habe ich nur eine „inoffizielle“ Information über die Einleitung eines Verfahrens gegen mich bekommen. Auf Nachfrage nach einer Begründung, habe ich aus meiner Sicht weder eine nachvollziehbare noch haltbare Aussage erhalten. Dies entspricht nicht meiner Vorstellung einer konstruktiven Auseinandersetzung im Umgang mit schwierigen Situationen.
TR: In welcher Form gab es einen Austausch mit dem Verband, gab es Rückendeckung? Hat man versucht Dich zu halten? BS: Nein, es war dem Vorstand aber bekannt, dass ich mich zum DRJ-Tag im Sommer nicht mehr zur Wahl stellen würde. Die für mich nach wie vor nicht nachvollziehbare Ankündigung eines Verfahrens, war der Anlass „das Ende“ vorzuziehen. Offizielle Gespräche gab es seitdem nicht. Ich habe das Gefühl, dass man hier nicht unbedingt „meine“ Wahrheit hören wollte.
TR: Wie sieht Deine Zukunft im Rugby aus, bei Deinem Verein RGH wirst Du aber doch hoffentlich weiterhin im Amt bleiben? BS: Ich habe meine Vision, das deutsche Rugby weiter nach vorne zu bringen, noch immer nicht aufgegeben. Ivh musste aber lernen, dass es schwierig ist, deutschlandweit ebenso begeisterte Mitstreiter zu finden. In der RGH habe ich momentan einen Jugendvorstand um mich, der genauso „rugbyverrückt“ ist wie ich und dies meine ich 100% positiv. Ich denke, hier kann ich im Moment mehr bewegen und vielleicht über diesen Weg dem Gesamten dienen. Aber man weiß nie was die Zukunft bringt.
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