Nationalspieler Fabian Heimpel ist unheimlich enttäuscht - (c) A+M Bruno
“Ich stehe vor einem absoluten Scherbenhaufen und weiß momentan wirklich nicht wie es für mich nun weitergehen soll”, so der 18-jährige 7s-Nationalspieler Bastian Himmer gegenüber TotalRugby.de, kurz nachdem er davon erfahren hat, dass sein Traum von einem Platz in der Sportförderkompanie der Bundeswehr bereits ausgeträumt ist bevor er richtig begonnen hat. “Ich habe für diese Chance meine Schule abgebrochen, weil ich mich voll und ganz auf den Rugbysport konzentrieren wollte und mir entsprechende Zusagen gemacht worden waren”, so das Ausnahmetalent weiter.
Der Hannoveraner ist nun einer von 7 Deutschen 7er-Nationalspielern die in den letzten zwei Tagen von Bundestrainer Peter Ianusevici die unerfreuliche Nachricht erhalten haben, dass es für die Deutschen Herrenspieler so schnell keine Plätze als Sportsoldaten bei der Bundeswehr geben wird.
Ursprünglich war geplant, dass die Sportler am 1. Oktober ihren Grundwehrdienst (so sie noch wehrdienstpflichtig sind) antreten, um sich danach als Sportsoldaten für 6 Monate (Fabian Heimpel und Yassin Ayachi) bzw. mind. 24 Monate (Mustafa Güngör, Jerome Ruhnau, Raphael Pyrasch und Bastian Himmer) ausschließlich dem Rugbysport widmen zu können. Auf diese Weise sollte in den kommenden Jahren “ein komplettes Profi-Team in Diensten der Bundeswehr” aufgebaut werden und somit das Deutsche 15er- und 7er-Rugby schrittweise an die internationale Spitze herangeführt werden.
Auf die Frage wie der Deutsche Rugby Verband die Probleme [dass die Deutschen Spieler sich aufgrund ihrer Doppelbelastung (Studium-Sport bzw Beruf-Sport) nicht in genügendem Maße dem Training widmen können] antwortete DRV-Präsident Claus-Peter Bach noch im Februar in einem Interview gegenüber der Offenbach Post wie folgt: “Wir werden in den nächsten Monaten das Umfeld für eine professionellere Nationalmannschaft schaffen. Durch die Aufnahme von Siebener-Rugby in das Programm der Olympischen Spiele 2016 wurde Rugby vom DOSB als förderungswürdig anerkannt. Dadurch ergeben sich für uns neue Möglichkeiten. Nicht nur in finanzieller Hinsicht. Man sieht ja gerade bei den Olympischen Winterspielen, wie viele Medaillengewinner bei der Bundeswehr sind. Wir dürfen künftig pro Jahr acht bis zehn Spieler als Zeitsoldaten bis zu zwölf Jahre in den Sportförderkompanien der Bundeswehr unterbringen. Hochgerechnet wird das in drei, vier Jahren eine komplette Profi-Mannschaft sein. Dazu kommen ab März ein hauptberuflicher Trainer für Siebener-Rugby und bald auch ein hauptberuflicher Leistungssportreferent.” (Quelle: op-online.de), so Bach damals.
Auch im Interview mit TotalRugby.de nach dem enttäuschenden Auftritt der 15er-Nationalmannschaft gegen Portugal äußerte sich Bach ganz ähnlich: “Gemeinsam mit dem Deutschen Olympischen Sportbund, der Stiftung Deutsche Sporthilfe, mit der Bundeswehr und Landespolizei und anderen Institutionen, werden wir im Laufe der nächsten drei Jahren die Möglichkeiten schaffen, dass deutsche Rugbynationalspieler den Sport professionell betreiben werden” (Quelle: RugbyTube.de ca. ab Minute 5:00).
Auch der 15er- und 7s-Nationalspieler Fabian Heimpel war von der negativen Entscheidung unmittelbar betroffen. Der frischgebackene 19-jährige Abiturient äußerte sich auf Nachfrage von TotalRugby.de wie folgt: “Ich bin unheimlich enttäuscht, vor allem weil ich mir nun eingestehen muss, dass mein Vater mit seiner Einschätzung bezüglich der Zuverlässigkeit des DRV doch recht hatte. Ich hatte ein unterschriftsreifes Angebot des RC Orléans vorliegen, Bruno Stolorz und Alexander Widiker hatten mich dort empfohlen, zu Gunsten der Bundeswehr habe ich dieses Angebot ausgeschlagen und damit ein mögliches Sprungbrett in Richtung professionellen Rugbysport vertan. Ich werde nun schauen müssen, wie ich bis Anfang Oktober noch eine Verweigerung durchbekomme und nach meinem Zivildienst vermutlich doch eher den sicheren Weg in Richtung Studium einschlagen. Für mich ist ein Traum geplatzt!”.
Über die Gründe für das Scheitern des sicher geglaubten DRV-Vorhabens, die Sportler in Diensten der Bundeswehr unterzubringen, könnten wir zum jetzigen Zeitpunkt nur spekulieren, was in Anbetracht der prekären Situation sicher unangebracht wäre. Schließlich stehen hier die sportlichen aber vor allem auch die beruflichen Karrieren einiger junger Menschen auf dem Spiel. Mindestens zwei der Sportler sollen aufgrund des sicher geglaubten Bundeswehrplatzes bereits ihre Arbeitsstelle gekündigt haben und von ihrem Heimatort weggezogen sein, Bastian Himmer hatte ja wie oben bereits erwähnt seine Schule nach der mittleren Reife abgebrochen.
Was jetzt aus RK 03 Berlins 7er-Nationalspieler Falk Duwe wird, der bereits seit einigen Monaten seinen Dienst als Sportsoldat ableistet, wissen wir auch noch nicht. Wir werden versuchen den 22-jährigen in den nächsten Tagen diesbezüglich einmal zu kontaktieren.
Hoffnung macht die Nachricht, dass zumindest die Deutschen Rugby Frauen zum jetzigen Zeitpunkt ihre Bundeswehrplätze sicher haben sollen. Weshalb Svetlana Hess, Tilla Dier, Lisa Kropp, Seyma Ünlü (alle HRK) und Marburgs Jenny Narhun wohl wie ursprünglich geplant am 1. Oktober 2010 ihren Dienst antreten können werden. Wir drücken den Mädels beide Daumen, dass zumindest sie von ähnlichen Hiobsbotschaften wie ihre männlichen Kollegen verschont bleiben.
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