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Führt Olympia Rugby aus der Nische?
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Geschrieben von Joscha Weber   
Dienstag, 3. August 2010

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(c) Marco Schmidt

Wenn die deutsche Nationalmannschaft gegen Georgien mit 3:77 untergeht, ist klar, dass der Sport ein Problem hat: Rugby ist kein Volkssport in Deutschland. Dank des Olympia-Status soll sich das nun ändern.

Nur wenige Meter vom Rhein entfernt liegt das Trainingsgelände des Rugby Clubs Bonn-Rhein-Sieg. Im Flutlicht stehen sich rund zwei Dutzend Spieler in zwei langen Reihen gegenüber und passen sich in schnellen Bewegungen den ovalen Ball zu. Es wird gelacht und gescherzt – die Stimmung beim Aufwärmprogramm ist gut. Auch, weil mittlerweile klar ist, dass Rugby 2016 olympisch wird. Trainer Alex Deurer setzt große Hoffnungen in den Olympiastatus: “Wir hoffen, dass man Rugby endlich auch mal im Fernsehen sehen kann. Wenn die Leute dann sehen, wie toll dieser Sport ist, dann schicken die auch ihre Kinder in die Vereine.” Es bedürfe einfach einer Initialzündung, um den Sport aus seinem Dornröschenschlaf zu holen. “Handball hat ja auch einen großen Boom bekommen, als die Jungs Weltmeister geworden sind. Mit einem Erfolg für Deutschland wäre so etwas vielleicht auch möglich”, hofft Deurer.

Davon ist Rugby hierzulande allerdings noch ein gutes Stück entfernt. Deutschland ist derzeit 30. der Weltrangliste und damit noch hinter Rugby-Exoten wie Marokko und Kasachstan. Damit sich das ändert muss sich für Alex Deurer vor allem etwas bei der Jugendarbeit tun. “Wir müssten mit dem Rugbyspiel vielleicht ein klein bisschen früher starten, zum Beispiel im Schulsport. Ich habe hier manchmal 25-Jährige im Training, die zum ersten Mal Rugby spielen.”

Raues Image

Doch nicht nur die mangelnde Verbreitung im Schulsport ist Ursache für das bisherige Nischendasein von Rugby. Auch das raue Image eilt dem Sport voraus. Tacklings mit vollem Körpereinsatz oder nach Schulhofrauferei aussehende Menschenknäuel: Kleinere Blessuren im Training oder Spiel gehören dazu. Für den 18-jährigen Rugbyspieler Benedikt Liermann kein Problem. “Ich will jetzt nicht unbedingt sagen, dass es ein brutaler Sport ist, aber er ist sehr kontaktfreudig, macht Spaß und schafft auch eine gute Gemeinschaft”.

Beim Rugby Club Bonn-Rhein-Sieg spielen sie meist die Variante mit 15 Spielern. Olympisch wird jedoch das 7er-Rugby, die kürzere und dynamischere Variante der Sportart, findet Nachwuchsspieler Norbert Lipp. “7er-Rugby ist wesentlich schneller und laufbetonter. Dafür ist das 15er-Rugby körperbetonter.” Noch gibt es keine Liga für 7er-Rugby in Deutschland. Das soll sich nun aber ändern, kündigt Claus-Peter Bach, Präsident des Rugbyverbandes, an. Der Olympiastatus soll einiges verändern im deutschen Rugby: “Für uns werden sich Türen öffnen, die uns helfen, unsere Entwicklung voranzutreiben. Die olympische Förderung des Deutschen Olympischen Sportbundes wird uns mehr Spielraum geben”, glaubt Bach.

Hoffnung auf Rio de Janeiro 2016

Spielraum, den sie auch beim Rubgy-Club Bonn-Rhein-Sieg nutzen wollen. Trainer Alex Deurer traut einigen seiner Spieler sogar den Sprung in die Nationalmannschaft zu: “Zwei Spieler sind schon unserem Bundestrainer aufgefallen und vielleicht sieht man sie 2016 in Rio de Janeiro.

Quelle: dw-world.de

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Kommentare (3)add comment

Christoph Kotowski said:

1048
...
“Wir müssten mit dem Rugbyspiel vielleicht ein klein bisschen früher starten, zum Beispiel im Schulsport. Ich habe hier manchmal 25-Jährige im Training, die zum ersten Mal Rugby spielen.” Das ließt sich so, als habe man was gegen Neueinsteiger in den Zwanzigern. ;) Dass es vor allem Rugbyspieler braucht, die bereits im Kindesalter damit anfangen, um international erfolgreich zu sein, ist klar. Aber ohne die zahlreichen "Quereinsteiger" wäre es sicherlich noch schlimmer um diesen Sport. Denn die sind es, die aus eigenen Kräften auf die Idee kommen, diesen Sport auszuüben und dann vielleicht irgendwann ihre Kinder dazu bringen. Was Rugby in der Schule betrifft, weiß ich nicht, ob das unbedingt notwendig ist. Wenn ich an meine Schulzeit zurück denke, fällt mir in Sachen Sportunterricht immer nur Volleyball ein. Nicht einmal Fußball oder Handball wurde da gespielt, alle, die später dann in die Vereine gegangen sind, haben das aus anderen Gründen gemacht. Der Sport muss einfach durch mehr Marketing in mehr Köpfe rein, die Wahrnehmung muss gesteigert werden. Denn in der Schulsporthalle wird Rugby sowieso nix reißen können, wie ich finde. Die entscheidenden, körperbetonten 15er und 7er Varianten können dort ja sowieso nicht gespielt werden.
Bleibt immerhin die Hoffnung, dass man wirklich 2016 in Rio de Janeiro Spieler aus Deutschland sieht, wie es sich Trainer Alex Deurer wünscht. :)
August 04, 2010

Gerd Osterrid said:

1380
...
Meiner Meinung nach ist eine Fokusierung auf 7er-Rugby und die Olypiateilnahmne gefährlich. Was passiert wenn Deutschland die Qualifikation nicht schafft? Was passiert wenn wir tatsächlich teilnehmen und von den Medien ignoriert werden? Was passiert wenn wir teilnehmen, aber im Turnier dann nur den Punktelieferanten geben?
Der Rugbysport hat in Deutschland das Problem, daß er nahezu unbekannt ist und wenn er tatsächlich in den Medien erscheint dann nur meist im Zusammenhang mit Härte, Brutalität und regellosem Spiel. Wir sollten nicht darauf warten, daß es eine Initialzündung gibt und bundesweit Tausende plötzlich Rugby spielen wollen. Bisher gleichen sowohl Rugbymannschaften, aber auch Spiele eher geschlossenen Gesellschaften. Da ist nichts was in der breiten Öffentlichkeit Interesse weckt, bzw. womit sie sich indentifizieren könnte. Die Vereine müssen auf kommunaler Ebene arbeiten und hier um Spieler, Zuschauer, Sponsoren, vorallem aber ein besseres Image werben.
Bis Rio 2016 sind es noch sechs Jahre!!! Wenn bis dahin nichts geschieht laufen wir Gefahr, dass es unseren Sport nicht mehr gibt!
August 04, 2010

Jörg Barthel said:

394
Genau hier liegt das Problem
Meiner Meinung nach muss gerade das Augenmerk auf die Schule ausgerichtet werden. SC 1880 oder Heusenstamm zeigen jetzt schon seit geraumer Zeit, dass es nur so gehen kann. Wenn die Kinder schon an Rugby in jungen Jahren herangeführt werden bringen sie automatisch Eltern und Mitschüler mit.Natürlich ist fast jeder Rugby Verein über Quereinsteiger glücklich, langfristig bringt das aber nichts.Es sind noch 6 Jahre bis Rio, da werden keine jetzt 25 jährigen spielen, sondern jetzt 13-18 jährige.Aus eigener leidvoller Erfahrung kann ich bestätigen das bestimmte Bewegungen in höherem Alter nicht mehr erlernbar sind, das geht nur in ganz jungen Jahren mit z.B. TAG-Rugby. Diese jungen Spieler bringen automatisch mehr Mitglieder und Interessierte im Schlepptau.
August 04, 2010

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