Registrieren
Interview mit der Trainerin der Deutschen 7er-Frauen Susanne Wiedemann
Drucken
Geschrieben von Greta Schreiner   
Sonntag, 16. Mai 2010

Image
(c) Rosenbaum

Susanne Wiedemann hat die Deutsche 7er-Nationalmannschaft der Damen bei der letzten Europameisterschaft (Hannover 2009) als Trainerin auf einen hervorragenden 4. Platz geführt. Dieses Ergebnis gilt es bei der diesjährigen Europameisterschaft, gerade im Hinblick auf Olympia 2016, zu bestätigen. Wiedemann spricht im Interview u.a. über das große Engagement mit welchem im Umfeld der erfolgreichen Rugby-Frauen gearbeitet wird, die strukturellen Probleme welche es zukünftig anzupacken gilt, die ausländische Konkurrenz und die anstehenden Vorbereitungsmaßnahmen für das Europameisterschaftsturnier in Moskau.

Greta Schreiner: Hallo Frau Wiedemann, Sie befinden sich zur Zeit in der direkten Vorbereitung auf die Amsterdam 7s. Nach der erfolgreichem EM 2009 sind die Erwartungen an Ihre Mannschaft sicherlich höher als noch vor einem Jahr. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Mannschaft seit Juli 2009?
Susanne Wiedemann: Die Erwartungen sind sicherlich höher als im vergangenen Jahr. Das erfolgreiche Abschneiden in Hannover war das Ergebnis kontinuierlicher Arbeit. Wir haben in der Zwischenzeit weiter gemacht, die Ausbildung in der german women ́s 7s rugby academy fortgesetzt und in regelmäßigen Camps mit den Spielerinnen gearbeitet. Sie durchlaufen das Ausbildungsprogramm nun also im zweiten Jahr. Zum Inhalt des Programms gehören u.a. 7er spezifisches Technik- und Taktiktraining, regelmäßig stattfindende Leistungstest, Athletiktraining, Mentales Training, Teambuilding und das Stärken psychosozialer Kompetenzen. Wir sind an diesem Wochenende in Heidelberg und bereiten uns in der academy auf das anstehende Turnier in Amsterdam vor.

GS: Academy? Wer und Was verbirgt sich hinter dieser Idee?
SW: Nun, wir haben Anfang vergangenen Jahres die german women ́s 7s rugby academy gegründet, in der wir in regelmäßigen Abständen Sportlerinnen zusammen bringen und sie dort auf die anstehenden Wettkämpfe und Herausforderungen des 7er Rugby vorbereiten. Wir legen dabei allerdings großen Wert darauf, dass wir nicht nur sportartspezifische Inhalte vermitteln. Uns ist besonders wichtig, dass wir nicht nur Technik und Taktik kommunizieren, sondern streben vielmehr eine ganzheitliche Förderung an. Wir fördern dabei nicht nur erwachsene Spielerinnen. Einer unsere Schwerpunkte ist das Training von Mädchen. So führen wir am Wochenende nicht nur ein Camp für die Frauen, sondern auch ein Girls Camp durch. Das Programm ist modifiziert und adaptiert, damit wir eine altersspezifische Förderung garantieren können. So wollen wir für Nachhaltigkeit sorgen. Wir sind immer wieder überrascht, wie beide Gruppen voneinander profitieren. Eine sehr schöne Aufgabe. Wir, das ist eine Gruppe von Partnerinnen und Partnern, die ein Konzept und ein Programm erarbeitet hat, um talentierte und hoch motivierte Mädchen und Frauen bestmöglich auszubilden. Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit, Mut, Fairness, Durchsetzungsvermögen, Respekt und Teamgeist. All das sind Werte, die für unseren Sport extrem wichtig sind und ihn prägen. In der academy schaffen wir den Transfer, denn diese Elemente stehen für Qualitäten, die die Mädchen und Frauen in ihren Alltag übertragen können. Machen Sie sich Ihr eigenes Bild und klicken Sie auf www.rugby7.de

GS: Wie ist die german women ́s 7s rugby academy finanziell aufgestellt? Woher kommt das Geld für Ihr Projekt?
SW: Wir arbeiten bisher alle ehrenamtlich und gefördert wird das Projekt durch Sponsoren und Spenden privater Unterstützer, die von Anfang mit uns zusammen arbeiten und uns fördern und für deren Hilfe wir unglaublich dankbar sind. Wir freuen uns natürlich über jede weitere Mithilfe.

GS: Das hört sich nach einer ausgereiften Planung zur Förderung des 7er Frauenrugby in Deutschland an. Zielsetzungen sind somit EM 2010 in Moskau, WM 2013 ebenfalls in Moskau und dem langfristigen Ziel Olympische Spiele 2016. Was kann ihre Mannschaft bei der EM in Moskau erreichen? Was muss sie erreichen, um nicht vom Weg nach Rio abzukommen?
SW: Die Teilnahme an dem 7er Turnier in Las Vegas im Februar hat uns gezeigt, wo wir stehen. Die knappen Ergebnisse gegen USA und China, beide unter den TOP 8 der Welt einzuschätzen und Finalgegnerinnen in Las Vegas, haben uns gezeigt, dass wir das Potenzial haben auch auf diesem Niveau mitzuhalten. Unsere Leistung im dritten Spiel gegen Frankreich hat aber auch klar aufgezeigt woran wir zu arbeiten haben. Neben dem Verbessern der eigenen Fähigkeiten und der Kondition ist es wichtig, dass wir viel mehr Erfahrung bei internationalen Turnieren mit sehr hohem Niveau sammeln. Nur so können wir uns nachhaltig verbessern und konstant auf diesem Niveau spielen. Unser oberstes Ziel für Moskau ist erst einmal, den Kontakt zur europäischen Spitze zu halten, was in diesem Jahr sicherlich eine große Herausforderung und extrem schwierig sein wird. Machen wir uns nichts vor. Um sich für Olympia 2016 zu qualifizieren, muss man mindestens Platz 4 halten. Und das nicht nur in diesem Jahr. Die anderen Nationen schlafen nicht. Unsere Nachbarn setzen ihre Ausbildungsprogramme bereits um und haben teilweise eine 7er spezifische Förderung und entsprechende Wettkämpfe bereits fest integriert. Vorreiter sind hier sicherlich Frankreich und Großbritannien. Aus Russland wissen wir, dass dort auf das 7er Rugby gesetzt wird und Athletinnen aus anderen Sportarten rekrutiert und entsprechend ausgebildet werden. Aber auch in Portugal ist man hellwach und hat das dort bestehende und erfolgreich realisierte Programm zur Förderung und Ausbildung der Männermannschaft entsprechend ergänzt. Seit Hannover arbeiten die Portugiesen mit einer noch sehr jungen, aber extrem schnellen und ambitionierten Frauenmannschaft. Sie sehen, die geben alle richtig Gas und werden alles daran setzen, uns hinter sich zu lassen.

GS: Wie man aus den Nominierungen lesen kann, macht die Doppelbelastung aus 7er und 15er NM auch bei den Frauen nicht halt. Wie gehen Sie mit dieser Problematik um?
SW: Es ist sogar eine Dreifachbelastung, denn die Spielerinnen kämpfen in den entsprechenden nationalen Ligen ja ebenfalls um die Titel und in diesem Jahr folgt ein Event auf den nächsten. Das ist sicherlich ein großes Problem. Zeitgleich mit unserer Vorbereitung auf die Amsterdam Sevens findet in Strasbourg die European Trophy statt. Im dortigen Kader sind sechs Spielerinnen, mit denen wir in den vergangenen vierzehn Monaten auch in der academy gearbeitet haben und die uns leider in Amsterdam, dem einzig noch verbleibenden internationalen Wettkampf vor der 7er Europameisterschaft in Moskau, nicht zur Verfügung stehen. Um international wettkampffähig zu sein, kommen wir an einer Spezialisierung nicht vorbei. Das betrifft sowohl die Ausbildung als auch die Wettkampfvorbereitung. Die Anforderung beider Sportspiele variieren doch erheblich und nicht nur im Hinblick auf die Gesundheit und ein mögliches Ausbrennen der ohnehin dünnen Spielerinnendecke können wir unsere Sportlerinnen nicht ohne eine effektive Regeneration bzw. entsprechende Vorbereitung von einem Wettkampf in den nächsten zerren. Von der mentalen und privaten Belastung ganz zu schweigen. Wir nehmen es so, wie es ist und bleiben positiv, denn auf der anderen Seite ist das eine willkommene Chance für neue Spielerinnen, sich zu präsentieren und zu qualifizieren. Als kompakte Mannschaft können wir Großes schaffen, davon sind wir überzeugt.

GS: Sie sprechen von einer Dreifachbelastung der Spielerinnen. Wie ist die Unterstützung durch die Vereine, bzw. die Trainerinnen und Trainer?
SW: Wir wissen, dass wir ohne die Arbeit der Vereinstrainerinnen und Vereinstrainer und die Unterstützung der Vereine nicht arbeiten könnten. Dafür sind wir dankbar und darauf greifen wir natürlich gern zurück. Und wenn die Spielerinnen, die sich für die Auswahlmannschaft qualifizieren wollen die Gelegenheit bekommen, auch im nationalen Wettkampf miteinander zu spielen, dann nutzen wir das bestehende System optimal.

GS: Wie planen Sie, Ihre Mannschaft auf Moskau vorzubereiten?
SW: Aktuell setze ich alles daran, das Team optimal auf die 7er EM in Moskau vorzubereiten. Die 7er Frauenrugbynationalmannschaft wird an den Amsterdam Sevens teilnehmen. Wie bereits angesprochen, führt die german women ́s 7s academy zur Vorbereitung ein Camp in Heidelberg durch. Danach nimmt die academy im Rahmen eines weiteren Camps an dem letzten Super 7s Series Turnier teil und wird auch bei der offen 7er Meisterschaft in Heusenstamm auflaufen. Die Nationalspielerinnen treffen sich dann in der Woche vor den Wettkämpfen in Moskau und bereiten sich bis zur Abreise gemeinsam auf die Europameisterschaft vor. In Moskau wollen wir wieder so viel Spiele wie möglich gewinnen und dabei wieder Erfahrung auf dem internationalen Niveau sammeln.

GS: Frau Wiedemann, vielen Dank für Ihre Zeit und das Interview. Ich wünsche Ihnen weiterhin viel Erfolg in Ihrer Arbeit in der academy und mit der 7er Nationalmannschaft der Frauen.

Das Interview führte Greta Schreiner.

Artikel empfehlen
Kommentare (4)add comment

Roland Welsch said:

97
...
Ok, ihr werdet es nicht glauben , aber mir haben die Aussagen Mut gemacht!
Wenns nur überall im deutschen Rugby so professionell zu gehen würde
Mai 16, 2010

Christian Pfusch said:

102
...
Ja, das finde ich auch Roland. Susanne Wiedemann hat das richtige Konzept: Mit der richtigen Einstellung der Spielerinnen und Management, Planungen, regelmässigen Lehrgängen, internationalen Vergleichskämpfen trotz "bescheidener" Mittel, relativ professionell zu arbeiten. Und die "Damen" ziehen voll mit und "opfern" ihre Freizeit, um ihr grosses Ziel Olympia 2016 zu erreichen. Die Basis ist somit geschaffen. Der 4. Platz von Hannover kommt nicht von ungefähr...denn auch die Vorbereitungen für die EM dort, waren schon viel professioneller als die der 7er Mannschaft der Herren. Las Vegas war noch eine kleine "Lehrstunde", aber die Niederlagen hielten sich in Grenzen.

Die deutsche 7er Mannschaft braucht sich hinter den USA und China nicht zu verstecken. Ich war vor Ort, solche grossen Unterschiede habe ich dort nicht gesehen.
Arbeitet weiter so, Rugbydeutschland wird es Euch danken.
Mai 16, 2010

Martin Friedland said:

494
...
Wie ist der Satz:
"...Und wenn die Spielerinnen, die sich für die Auswahlmannschaft qualifizieren wollen die Gelegenheit bekommen, auch im nationalen Wettkampf miteinander zu spielen, dann nutzen wir das bestehende System optimal"
gemeint?
Heißt "miteinander" "im gleichen Verein" oder "gegeneinander" im Wettkampf?
Mai 17, 2010

Werner Cromm said:

67
...
@Martin: Wird das nicht in der letzten Antwort erklärt?
Die academy spielt mit einer Mannschaft in der Super 7s Serie und den offenen deutschen Meisterschaften, also nationalen Wettkämpfen, mit. Dort sammeln sie Spielpraxis und setzen das in den Camps gelernte um.
Mai 18, 2010

Kommentar schreiben
Du mußt angemeldet sein, um einen Kommentar abzugeben.

busy
 
< vorheriger Artikel   nächster Artikel >

Top Try Scorer - REC Division 1A

Julen Goia Iriberri (ESP)   4
Kehoma Brenner (DRV)   3
Zurab Zhvania (GEO)   3
Adrian Apostol (ROM)   3
Guillaume Rouet (ESP)   3

gesamte Tabelle

Conversions - REC Division 1A

Bradley Linklater (ESP)   6
Valentin Calafateanu (ROM)   6
Dan Snee (ESP)   4
Ramil Gaysin (RUS)   4
Lasha Khmaladze (GEO)   4

gesamte Tabelle

Penalties - REC Division 1A

Merab Kvirikashvili (GEO)   9
Pedro Bettencourt Avila (POR)   8
Valentin Calafateanu (ROM)   5
Ramil Gaysin (RUS)   4
Chris Hilsenbeck (DRV)   4

gesamte Tabelle

Yellow Cards - REC Division 1A

Shalva Sutiashvili (GEO)   1
Duarte Marques (POR)   1
Jaime Nava (ESP)   1
Mathieu Visensang (ESP)   1
Giorgi Nemsadze (GEO)   1

gesamte Tabelle

Red Cards - REC Division 1A

honeypot@totalrugby.de
Advertisement