Mit der zweiten Weltklasseleistung binnen weniger Tage sicherte sich die deutsche U18 den Sieg über Rumänien und trifft nun auf Gastgeber Italien
„Ich beobachte deutsche Rugby-Nationalmannschaften seit fast 40 Jahren. Heute habe ich zum ersten Mal ein deutsches Team gesehen, das über die volle Spielzeit Weltklasse-Rugby auf höchstem Niveau gespielt hat.“ Der das sagte, ist Chris Thau, der weltberühmte Autor von „World in Union“, langjährige Redakteur von Rugby World & Post und Pressechef des International Rugby Board (IRB) in Dublin. Thau äußerte sich am Sonntag nach dem 11:20 gegen Irland im Viertelfinale der U18-Europameisterschaft in San Donà di Piave lobend über die deutsche Mannschaft.
Am Mittwochabend nach dem 44:0 (29:0)-Sieg der deutschen Junioren im Halbfinale um die Plätze 5 bis 8 gegen Rumänien rieben sich andere Prominente des europäischen Rugbys verwundert die Augen und überschütteten die beiden Trainer Jan Ceselka (Heidelberg) und Christian Lill (Berlin) und ihre 26 Schützlinge mit Glückwünschen. Was sich vor 350 Zuschauern im kleinen Stadion von Casale sul Sile abspielte, war erneut Weltklasse – aber nicht von den favorisierten Rumänen, dem Nachwuchs des sechsmaligen WM-Teilnehmers und dreimaligen Junioren-Weltmeisters, dessen mächtiger Sturm von Chris Thaus Sohn Alexander angeführt wurde. Sondern von der deutschen Fünfzehn, die wie entfesselt aufspielte und den Rumänen nach zwölf Minuten schon drei Versuche durch die Stürmer Kevin Nelson (4.) und Samy Füchsel (6.) sowie den Gedrängehalb Tim Menzel (12.) ins Malfeld gepackt hatte, die Verbinder Chris Hilsenbeck (4., 12.) zweimal zum 19:0 erhöhte.
„Welch großartige Vorstellung!“, rief der Engländer Douglas Langley, der im IRB für die Entwicklung des Rugbys auf dem europäischen Kontinent zuständig ist und sich wie IRB-Schiedsrichter-Ausbilder Bernd Gabbei (Berlin) vor Ort davon überzeugte, dass die Deutschen ihren Entwicklungsplan peinlich genau einhalten und über die letzten vier Jahre aus den großen Talenten der Vereine die erste Weltklasse-Mannschaft aufgebaut haben.
Welche Freude war es auch für die Vereinsjugendwarte und Klubtrainer Dieter Tacke, Carsten Schröder, Marko Deichmann, Thomas Kurzer oder Felix Becker zu erleben, wie ihre talentierten Söhne im wichtigsten Spiel ihres jungen Lebens eine Leistung präsentierten, die die rund hundert Deutschen unter den Augenzeugen ihr Leben lang in bester Erinnerung bewahren werden. Denn nach der frühen klaren Führung setzten die Schwarz-rot-gelben unerbittlich nach und nahmen die rumänische Mannschaft völlig auseinander. Sturmführer Fabian Tacke (32.), Außendreiviertel Kevin Riege (59.) und Flanker Robert Hittel (67.) ließen nach sehenswerten Passangriffen über den ganzen Platz drei weitere Versuche folgen, und Chris Hilsenbeck traf weiterhin sicher mit zwei Erhöhungen (32., 67.) und zwei Straftritten (34., 56.) zu einem in dieser Deutlichkeit sensationellen 44:0-Erfolg.
Die deutsche Mannschaft, die am späten Abend mit Pizza, Obst und Massagen und am trainingsfreien Donnerstag mit einem halbtägigen Ausflug nach Venedig belohnt wurde und auch den 18. Geburtstag Pascal Fischers feierte, war auch mental reif genug, sich nicht auf die regelwidrigen Reaktionen der frustrierten Rumänen einzulassen. Für Fausthieb, Fausthieb, Kniestoß und Tritt zeigte der gute portugiesische Schiedsrichter Pedro Murinello Gelb, Gelb, Rot und Rot. Im Wartezimmer des Strafgerichts des Europäischen Rugby-Verbandes (FIRA-A.E.R.) in Treviso war es also am Donnerstagmorgen ziemlich voll. Auch Robert Hittel musste sich dort verantworten, nachdem er vom Video-Schiedsrichter Patrick Robin (Frankreich) wegen einer nicht näher benannten Regelwidrigkeit dorthin zitiert worden war. Man wird sehen, was die hohen Herren dem Heidelberger zur Last legen…
Gegner der Deutschen im Spiel um Platz 5 am Samstag um 9.30 Uhr in Casale sul Sile ist EM-Gastgeber Italien, das sich gegen Russland mit 13:8 durchgesetzt hat. Das EM-Endspiel bestreiten am Samstag um 16.15 Uhr in Treviso Titelverteidiger Frankreich, das Belgien mit 21:0 besiegt hat, und der Vorjahreszweite Irland, der Georgien in einem Klassematch nach 3:11-Rückstand mit 19:11 ausgespielt hat.
Deutschland U18: Kößler – Szceszny, Plümpe (58. Fischer), Kurzer (61. Müller), Riege (65. Kleine) – Hilsenbeck (Kapitän), Menzel – Heimpel, Tacke, Hittel – Nelson (56. Melchior), Schröder (65. Danicke) – Füchsel, Drügemöller (69. de Riz), Nostadt (36. Huber).
Schiedsrichter: Murinello (Portugal); Match Commissioner: Voltan (Italien); Punkte: 7:0 (4.) Versuch Nelson und Erhöhung Hilsenbeck; 12:0 (6.) Versuch Füchsel; 19:0 (12.) Versuch Menzel und Erhöhung Hilsenbeck; 26:0 (32.) Versuch Tacke und Erhöhung Hilsenbeck; 29:0 (34.) Straftritt Hilsenbeck; 32:0 (56.) Straftritt Hilsenbeck; 37:0 (59.) Versuch Riege; 44:0 (67.) Versuch Hittel und Erhöhung Hilsenbeck; Zeitstrafen: -/Bors (20.), Ion (65.); Platzverweise: -/Azgari (25.), Sobota (56.).
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