(c) A+M Bruno
2001 hatte Rudolf „Bazi“ Finsterer die deutsche Rugby-Nationalmannschaft als Trainer übernommen. Sein größter sportlicher Erfolg war der Aufstieg mit dem Team in die EM-Division 1. Sein größter Erfolg neben dem Platz: Er formte die Mannschaft zu einer echten Einheit.
Diese „Familie“, wie er sie nannte, stieg am Samstag nach nur einer Saison aus der europäischen Spitzenklasse ab. Und auch der „Vater“ verabschiedete sich. „Bazi“ gab direkt nach dem Spiel seinen Rücktritt als Nationaltrainer bekannt.
Rudolf Finsterer, wie groß ist die Enttäuschung bei Ihnen direkt nach dem Spiel?
Über das Spiel muss man nicht mehr großartig reden. Das war ganz klar unsere beste Leistung in diesem Jahr. Wir haben versucht das umzusetzen, was wir uns vorgenommen haben, waren die ganze Woche über zusammen.
Warum hat es am Ende trotzdem nicht gereicht?
Jeder, der Rugbyverstand hat, hat gesehen, dass die Mannschaft wollte. Um mit mehr als elf Punkten zu gewinnen, muss man natürlich auch ein bisschen Glück haben. Das hat leider nicht geklappt. Ich hatte aber zumindest gehofft, dass wir uns mit einem Sieg verabschieden. Vielleicht haben wir ihn in den letzten drei Minuten selbst weggeworfen – durch Übereifer. Wir haben ganz klar versucht, das Beste zu geben. Aber das Beste ist manchmal halt nicht gut genug – und dann geht man mit einer Niederlage vom Platz. Die elf Punkte, die wir aufholen mussten, waren vielleicht zu viel. Die haben wir eventuell schon vorher verschenkt.
Sie haben unmittelbar nach dem Spiel ihren Rücktritt verkündet. Wann ist die Entscheidung gefallen?
Schon vor dem Spiel. Ich hatte das mit meiner Frau besprochen und einige andere Leute im Vorfeld informiert. Auch die Mannschaft wusste vor dem Spiel bescheid. Aber ich hänge natürlich am Rugby, keine Frage. Wir bekommen nichts dafür, aber wir haben unsere Kameradschaft. Ich habe einmal das Wort Familie geprägt. Und als ich heute Mittag vor dem Spiel in die Runde geguckt habe, hat man gesehen, dass es eine Familie geworden ist. Dafür stehe ich und dafür trete ich ein. Rugby ist mein Leben – und das hört auch nicht auf. Auch wenn ich jetzt nicht mehr Nationaltrainer bin.
Was waren die Gründe für den Rücktritt?
Man sollte den Leuten immer die Chance geben, auch mal mit einem anderen Trainer zusammenzuarbeiten. Wir haben mit Bruno Stolorz zum Beispiel einen Trainer, der das richtig gut macht und bei der Mannschaft auch gut ankommt. Mal sehen, inwieweit ich da noch helfen kann. Ob ich gut genug bin, um noch im mentalen Bereich etwas beizutragen, sollen andere Leute entscheiden. Wichtig ist für mich, dass es den Buben gut geht.
Das Team wurde trotz der Niederlage mit Applaus verabschiedet. Aber es gab auch vereinzelte Unmutsäußerungen…
Einige Leute sollten sich mal an die Nase packen und endlich positiv denken. Nicht negativ, sondern immer positiv – das ist mein Motto. Den ganzen Schreiern, die in irgendwelchen Foren schreiben und die Spieler beschimpfen, sollte man die dunkelrote Karte zeigen uns sie nie mehr auf den Sportplatz lassen. Denn die bringen das deutsche Rugby nicht nach vorne. Das sind die Totengräber des Rugbysports. So Leute will ich nicht mehr sehen. Die haben zum Teil selbst nie auf hohem Niveau gespielt. Das sind Gaukler, die kann man nicht gebrauchen.
Wie steht es um die Zukunft des Rugbysports hierzulande? Müssen junge Spieler noch mehr gefördert werden oder vielleicht im Ausland Erfahrung sammeln?
Im Moment sehe ich nicht viele Leute, die im Ausland auf hohem Niveau spielen könnten. Aber die Zukunft wird es richten. Man muss jetzt sehen, was passiert. Wir haben ja zum Beispiel die „Wild Academy“, aber die muss man vielleicht umstrukturieren. Einen goldenen Jahrgang wie den, der die aktuelle Mannschaft geprägt hat, gibt es nicht so oft. Aber es kommen einige gute Talente nach. Die müssen gefördert werden. Wenn das gelingt, sind wir in zwei, drei Jahren wieder in der EM-Division 1.
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