Die Perspektiven sind gut - (c) Miriam May
Im Kampf um den Klassenerhalt in der EM-Division 1 empfängt die deutsche Rugby-Nationalmannschaft am Samstag (14.30 Uhr) im Sportzentrum Martinsee die Auswahl Portugals. Bislang hat das DRV-Team alle sieben Spiele verloren. Die Perspektiven für den Rugbysport seien dennoch gut, meint DRV-Präsident Claus-Peter Bach.
Die Bilanz Deutschlands in der EM-Division 1 ist enttäuschend. Auch für Sie?
Nein. Wir wussten, dass die Gefahr besteht, in zehn Spielen zehn Niederlagen zu kassieren. Das ging anderen Aufsteigern genauso – mit dem Unterschied, dass die teilweise noch deutlicher verloren haben. Als wir vor fünf Jahren in der WM-Qualifikation gegen Dänemark, Österreich oder Luxemburg gespielt haben, war unsere Überlegenheit so groß wie nun die unserer Gegner. Es ist ein unschätzbarer Vorteil, wenn man seine Mannschaft vor einem Spiel eine Woche zusammenziehen kann. Wir können das leider nicht.
Warum nicht?
Unsere Spieler sind Amateure, die einem Beruf nachgehen oder studieren und gerade im Februar und März, wo für uns viele Spiele anstehen, Klausuren schreiben müssen. Zudem haben wir große Probleme, die im Ausland tätigen Spieler stets zur Verfügung zu haben. Das hat finanzielle Gründe, hängt aber auch mit den Klubs zusammen, die zwar verpflichtet sind, die Spieler freizugeben, aber zum Teil auf subtile Weise Druck ausüben. Robert Mohr, der Kapitän des französischen Zweitligisten La Rochelle, steht uns dieses Jahr nur in zwei von fünf Spielen zur Verfügung. So kommt man nicht vom Fleck. Wir sind froh darüber, in der EM-Division 1 zu spielen. Aber jetzt sind wir erstmal an unseren Grenzen angelangt.
Portugal war vor ein paar Jahren mit Deutschland auf Augenhöhe, liegt in der Weltrangliste deutlich vor dem DRV und hat 2007 sogar an einer WM teilgenommen. Ist Portugal ein Vorbild für Deutschland?
Man kann beim Rugby kein Land in Europa vergleichen. Portugal hat eine ähnliche Verbandsstruktur und ähnlich viele Spieler wie wir, aber viel günstigere Bedingungen. Das beginnt schon damit, dass die vier Topklubs, aus denen der überwiegende Teil der Nationalspieler kommt, alle nah beieinander liegen. Wenn der Nationaltrainer will, hat er seine Spieler innerhalb von einer Stunde zusammen und kann mit ihnen jeden Abend trainieren. Zudem ist Portugals Verbandspräsident Multimillionär – dagegen kann zumindest ich schlecht ankommen. Er kann alle Talente in seinen Hotels anstellen beziehungsweise sie an der Uni unterbringen und ihnen Studentenjobs verschaffen.
War Deutschland angesichts dieser Voraussetzungen noch nicht bereit für den Aufstieg?
Mit Blick auf die Wirtschaftskrise würde ich sagen, er kam zwei Jahre zu spät. Wir hatten Zusagen von zwei großen Sponsoren, die leider abgesprungen sind. Mit deren Unterstützung hätten wir die Strukturen gewaltig verbessern können. Was die Entwicklung der Mannschaft anbelangt, da kam der Aufstieg in der Tat zwei Jahre zu früh. Die Spieler hatten in der damaligen Euphorie gesagt, dass sie weitermachen. Doch die Realität sah anders aus. Fünf, sechs haben aufgehört – aus beruflichen Gründen.
Wie will der Verband dieses Problem lösen?
Wir werden in den nächsten Monaten das Umfeld für eine professionellere Nationalmannschaft schaffen. Durch die Aufnahme von Siebener-Rugby in das Programm der Olympischen Spiele 2016 wurde Rugby vom DOSB als förderungswürdig anerkannt. Dadurch ergeben sich für uns neue Möglichkeiten. Nicht nur in finanzieller Hinsicht. Man sieht ja gerade bei den Olympischen Winterspielen, wie viele Medaillengewinner bei der Bundeswehr sind. Wir dürfen künftig pro Jahr acht bis zehn Spieler in den Sportförderkompanien der Bundeswehr unterbringen. Hochgerechnet wird das in drei, vier Jahren eine komplette Profi-Mannschaft sein. Dazu kommen ab März ein hauptberuflicher Trainer für Siebener-Rugby und bald auch ein hauptberuflicher Leistungssportreferent.
Dann ist also nichts dran an der These, dass Rugby in Deutschland bald nur noch ein Schattendasein führen wird?
Auf keinen Fall. Wir werden in den nächsten zwei, drei Jahren vielleicht nicht in der EM-Division 1 spielen. Aber die Perspektiven sind gut. Im Bereich der U21 und der U18, die ebenfalls in der EM-Division 1 spielt. Und auch auf nationaler Ebene geht es voran. Die Auswertung ist zwar noch nicht abgeschlossen, aber wir hatten wohl auch 2009 wieder ein Mitgliederwachstum.
Quelle: op-online.de
|