Dustin Dobravsky im Einsatz gegen Brentwood
Während sich unsere anderen deutschen Rugbytalente im Ausland noch nicht die Zeit gefunden haben, uns von ihren Erlebnissen zu berichten, oder mit dem Internet Probleme haben, sind wir froh, berichtet heute der Hannoveraner Dustin Dobravsky, was er in seiner zweiten Heimat Kanada seit seinem letzten Artikel Anfang Oktober erlebt hat.
Hier bin ich wieder aus dem schönen Victoria/Kanada. Mein Schuljahr ging gleich ganz stressig los mit dem Trainingslager der U-20 Nationalmannschaft Kanadas. Mit knapp 11 Trainingseinheiten auf dem Platz und 2 Einheiten im Kraftraum in knapp dreieinhalb Tagen geht es schon ganz schön auf die Knochen. So anstrengend kannte ich es noch nicht aus den Lehrgängen der DRJ. Mit knapp 8 Trainern, inklusive Fitness-Trainer, Physio und Manager sieht man jedoch auch schon die unterschiedlichen Möglichkeiten, die der Kanadische Rugby Verband hat im Gegensatz zum Deutschen. Auf jeden Fall war es eine super Erfahrung, die man bei diesen Lehrgängen macht und ich habe viel gutes Feedback bekommen. Somit kann ich, wenn ich weiter hart arbeite und alles aus mir heraus hole, mir schon Hoffnungen machen, es in den Kader zu schaffen und an der Junior World Trophy im Mai in Russland teilzunehmen.
Da die eigentliche Rugby Saison mit der Schule ja erst im März losgeht, spielt man im Herbst meist nur Clubrugby, wie man es in Deutschland ja gewohnt ist. Ich spiele für den Cowichan RFC und in der letzten Saison haben wir es auf den 2. Platz in der Provinz geschafft. Daher hatten wir einigen Druck auf uns in dieser Saison, da wir das gerne wiederholen würden. Jedoch ist es nur eine U-19 Mannschaft und daher haben uns einige Leistungsträger der vergangenen Saison verlassen. Die ersten 2 Spiele konnten wir recht erfolgreich gewinnen. Als 3. Spiel war dann jedoch ein harter Gegner gekommen und wir haben recht chancenlos verloren. Das hat einen Bruch in der Mannschaft gegeben, da einige Spieler sich zu schade waren, dann noch zum Training zu kommen und weiterhin hart zu arbeiten, um das Ziel zu erreichen. Daraufhin verloren wir das nächste Spiel ebenfalls, was uns am Ende dann nur auf den 3. Platz der Vancouver Island Liga brachte und uns noch nicht einmal für die Provinzmeisterschaften qualifizierten. Daher insgesamt eine sehr enttäuschende Saison mit dem Club.
Wir hatten jedoch auch 2 Spiele mit unserer ersten Mannschaft unserer Schule. 2 Tage vor unserem ersten Spiel hat mir der Trainer das Vertrauen ausgesprochen, Kapitän der ersten Mannschaft zu sein, was eine riesige Ehre für mich ist und daher schon einiger weiterer Druck auf mir liegt. Da wir im vorigen Jahr die Provinzmeisterschaften mit der Schulmannschaft gewannen, hatten wir dieses Jahr das traditionsreiche Spiel am Labor Day gegen eine Barbarian Mannschaft aus West und Nord Vancouver. An einem sonnigen Tag ging es ganz gut für uns los. Nach knapp 5 Minuten hatten wir bereits unseren ersten Versuch gelegt und sind mit 7:0 in Führung gegangen. Ich, spielend auf der Nummer 8 Position, hatte einen ganz guten Tag und habe einige Gefahr mit Läufen aus dem Gedränge gebracht. Nach 15 Minuten verflachte das Spiel jedoch ein bisschen und unsere Drangperiode war zu Ende.
Der Halbzeitstand sagte immer noch nur 7:0. In der Halbzeit dann wurde ich von Nummer 8 auf erster Innen gesetzt, was sich später als ein guter Schachzug herausstellen sollte, denn nach knapp 20 Minuten in der 2. Halbzeit stand es 21:0 durch 2 Versuche von mir. Die gegnerische Mannschaft fing nun endgültig an, auf volle Offensive zu setzen und unsere Verteidigung wurde das ein ums andere Mal getestet. Jedoch gab es an diesem Tage keine Chance, unsere Verteidigung zu durchbrechen und wir gewannen am Ende recht deutlich mit 26:0.
Unser 2. Spiel war dann gegen ein Touring Team aus Belfast, Irland. Das irische Team, mit einigen Spielern aus der Belfast Harlequins Academy, fing recht stark an. Unsere knallharte Verteidigung konnte aber mit harten, jedoch sehr fairen Tackles antworten. Unsere Offensive kam an diesem Tage überhaupt nicht zu Stande und wir konnten in den ersten 30 Minuten so gut wie nichts auf die Reihe bringen. Somit attackierte das irische Team mehr und mehr unser Malfeld und so kam es in der Nachspielzeit der ersten Halbzeit zum Versuch. Halbzeitstand 5:0.
Mit dieser ersten Halbzeit konnten wir überhaupt nicht zufrieden sein und unser Trainer zeigte uns das enorm mit seiner Halbzeitansprache. Somit starteten wir vollmotiviert in die 2. Halbzeit. Über die gesamte 2. Halbzeit hatten wir knapp 80% Ballbesitz, aus der wir jedoch überhaupt nichts Zählbares heraus holten. Dieses lag zum Einen an unserer Unfähigkeit zu punkten, etwa 4 mal kurz vor dem gegnerischen Malfeld lächerliche Straftritte herzugeben und damit alles wieder von vorne anfangen zu müssen, und zum Anderen lag es an der Schiedsrichterleistung, die mir und einem anderen Spieler jeweils einen Versuch absprach. Damit war das Endresultat ein ernüchterndes 5:0. Damit konnten wir natürlich überhaupt nicht zufrieden sein, jedoch motivierte es uns nur mehr, härter und konzentrierter das Lauftraining im Winter und anschließend das Mannschaftstraining durchzuführen.
Nun hatte ich in der letzten Woche noch meinen 2. Lehrgang mit der U-20 Nationalmannschaft. Wieder einmal war es sehr anstrengend und es ging sehr auf die Knochen, jedoch war es erneut eine super Erfahrung. Also werde ich nun weiterhin hart arbeiten, um es zu schaffen, mich für die Mannschaft zu qualifizieren und dann im Mai für Kanada bei der Junior World Trophy in Russland teilnehmen zu können.
Zuletzt bekam ich in den letzten Tagen noch eine teils gute und zugleich schlechte Nachricht. Ich wurde zu einem Lehrgang der Kanadischen 7er Nationalmannschaft im Dezember eingeladen. Dieses ehrt mich natürlich, da ich erst seit knapp 2 Wochen 18 Jahre alt bin, zum anderen heißt dieses jedoch, dass ich mich wahrscheinlich schon früher als gedacht entscheiden muss, ob ich in meiner Zukunft für Deutschland oder für Kanada auf dem Rugbyplatz stehen will.
Damit verabschiede ich mich erstmal und werde mich bald wieder melden und euch natürlich immer auf dem neuesten Stand halten.
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