Seit einem Beschluss des DRFs im Sommer wurde das Konzept der Auswahlmannschaften der Regionalligen erst einmal auf Eis gelegt. Dafür gibt es verschiedene Gründe, unter anderem wohl Finanzielle. Gerade im Osten wurde in diese Auswahlmannschaft viel Energie und Zeit gesteckt. Die Spielerinnen freuten sich über die für sie einzige Gelegenheit, im 15er Rugby Erfahrungen zu sammeln und über die Abwechslung zum Vereinstraining. Also wurde beim letzten Lehrgang im Oktober in Leipzig vom Betreuerstab (Patrick Freyburg, Marko Piehler und Tabea Neubert) und den Spielerinnen gemeinsam beschlossen, das Projekt eigenständig weiter zu führen.
Wenn eine Rugbymannschaft funktionieren soll, dann muss sie eine Einheit sein. Dies ist bei einer Auswahlmannschaft um so schwerer. Spielerinnen, die in der Vorwoche noch Gegner waren, sollen eine Woche später ein Team bilden. Keine leichte Aufgabe. Aus sieben mach eins hieß es darum vom 6. bis zum 9. November. Trainingslager in Berlin oder Leipzig sind schön, noch schöner hingegen ist ein Ausflug in ein anderes Land, das schweißt zusammen und nebenbei kann man eine neue Mannschaft, eine neue Spielweise kennen lernen.
Auf nach Prag! Wie bei Asterix bei den Briten wurde wir mit Rugbytypischen Wetter in Tschechien empfangen: mit dicken Nebelschwaden. Auf der Suche nach dem Sporthotel landete der Berliner Bus in der Innenstadt. Von einer Brücke über die Moldau aus erhaschten wir einen Blick auf die Prager Burg. Und es schwante uns schon jetzt, dass dies wohl die einzige Gelegenheit zum Sightseeing bleiben sollte.
Das Sporthotel Prag liegt in den Hängen über der Stadt, 20 Minuten von der Innenstadt, 3 Minuten vom Rugbyfeld. Freitagabend gab es erst mal landesübliche Kost, sieben Bier sollen angeblich auch ein Schnitzel geben. Dazu dudelten im Fernsehen die 80er Hits auf VH1, beim Singen und Tanzen viel der „Feindkontakt“ gleich leichter.
Am nächsten Morgen ging es früh los. Frühstück um 7.30 Uhr, leider ohne Eier und nur mit Instantkaffee, was zu leichten Verstimmungen bei unserer Wienerin im Team führte. Der Weg zum Platz eignete sich prima zum Sprinttraining, aber wir sollten ja glücklicherweise ein Team werden, nicht Usain Bold Konkurrenz machen. Bis zum Mittag gewöhnten wir uns unter der Leitung von Sturmtrainer Patrick Freyburg und Hintermannschaftsersatztrainierin Tabea Neubert wieder an das Spielsystem. Für manche war es gar die erste Erfahrung mit einem Gewusel von 15 Leuten in einer Mannschaft. Vor dem Mittagessen trafen unsere Prager Gegnerinnen ein, die wie wir eine Auswahl von Siebenerspielerinnen ist.
Nach der Mittagspause folgte eine kurze Theorieeinheit, dann ein Touch-Spiel mit den Pragerinnen in gemischten Mannschaften. Das Fernsehen war gekommen, zu einem, mit Verlaub gesagt, denkbar ungünstigen Zeitpunkt. Touch mit zwei Mannschaften aus je 22 Spielerinnen ist nun wirklich nicht die ansehnlichste Facette des Rugby. Als es in die Standards ging, waren die Kameras wieder weg. Auch die Konzentration litt am späten Nachmittag und so durften wir uns über die ersehnte Dusche freuen. Es kam zur Massenabfertigung im Waschraum, nur 30 Minuten blieben uns bei drei Duschen. Denn um 17 Uhr erwartete uns Hanna, die Prager Kapitänin. Wir machten uns auf den Weg in eine Sportbar, Wales gegen Neuseeland, zur Motivation und Inspiration für das große Spiel am nächsten Tag. Auf dem Weg dahin eilten wir über den Wenzelsplatz, nur dass wir nicht wussten, dass es der Wenzelsplatz war. Gezeichnet vom langen Trainingstag verzichteten wir auf eine Stadtführung und ließen den Tag lieber bei VH1 Classic und Spielen im Hotel ausklingen.
Sonntagmorgen begann wie Samstag, nur etwas später. Es gab wieder keine Eier und auch keinen richtigen Kaffee. Nach einem leichten Training liefen wir dann um 13 Uhr zum Spiel gegen die Prager Auswahl auf. Von Anfang an schafften wir es das vom Trainer geforderte Spiel in Angriffsgruppen umzusetzen, konnten unsere Dominanz aber nicht in Punkte umwandeln. Die Pragerinnen schafften es mit schnellen, weiten Pässen in die Hintermannschaft Lücken in der Verteidigungslinie zu finden und konnten zu Versuchen durchbrechen. Horrorstorys über übermotivierte, aggressive Osteuropäerinnen können wir nach dem überaus fairen Spiel nicht bestätigen. Die Trainer waren trotz der Niederlage von 40:0 zufrieden mit der Mannschaftsleistung. Im Mittelpunkt des Lehrganges stand schließlich die Integration von neuen Spielerinnen wie Franziska Wiegand, Johanna Wagner und Editha Kötter, die ihren Einstand im Krankenhaus ausklingen lassen durfte. Nach einem Zusammenstoß mit einer Gegnerin in der ersten Halbzeit musste sie mit einer Platzwunde an der Stirn genäht werden. Der Spielverlauf zeigte, wo die Arbeit in den verschiedenen Lehrgängen zu Stärken in der Mannschaft geführt hat, und wo noch, teils auch individuell in den Vereinen, Nachholbedarf besteht. Patrick Freyburg hebt immer wieder hervor, wie sinnvoll die Arbeit in der Auswahlmannschaft ist, da mit über 20 lernwilligen und hart arbeitenden Spielerinnen »galaktische« Fortschritte zu machen sind.
Nach einem abschließenden Essen im Vereinshaus traten wir geschafft die Rückreise nach Deutschland an, zurück über die Moldau, mit einem letzten Blick auf die Prager Burg.
Ein Text von Maike Schulz
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