Fabian Heimpel von der RG Heidelberg gehört zu Deutschlands hoffnungsvollsten Talenten und hofft sicher auch auf eine künftige WM- und/oder Olympiateilnahme
Philosophenweg, Heidelberger Bestlage: Blick auf den Neckar und auf das Schloss, ein besonderes Wohlfühlambiente für all jene, die dort wohnen. Dazu gehören auch Rugbyspieler, die bei einer in Eppelheim bei Heidelberg ansässigen Rugby Academy beschäftigt sind und in der Bundesliga für den Heidelberger Ruderklub (HRK) spielen, den Meisterschaftszweiten der vergangenen Saison. Sie leben in einer Villa, und weil gerade ein Zimmer frei war, ist dort nun auch Caine Elisara untergekommen. Ein Mann wie ein Baum: 1,95 Meter groß und 110 Kilogramm schwer. Im Internetportal „totalrugby“ wird der Neuseeländer als einer der „hochkarätigsten Bundesliga-Neuzugänge der vergangenen Jahre“ gepriesen. Elisara hat zwar mit der Rugby Academy, die junge deutsche Spieler fördert, nichts zu tun, er wird aber in der am Wochenende beginnenden neuen Saison für den HRK stürmen.
Die Heidelberger haben sich eingestimmt auf den Angriff auf Meister SC 1880 Frankfurt, überhaupt ist gehörig Bewegung im deutschen Rugby. Auch deswegen, weil Rugby vor der Aufnahme in das olympische Programm steht. Das soll auch der nationalen Branche, die in einer Nische steckt, einen beträchtlichen Schub verleihen.
Der Deutsche Rugby-Verband (DRV) jedenfalls hofft darauf, dass seine Entwicklung deutlich beschleunigt wird – und dass er, so sein Präsident Claus-Peter Bach, in eine „etwas sorgenfreiere Zukunft“ blicken kann. Schließlich steckt der DRV in einer finanziell angespannten Situation. „Lange“, sagt Bach, „hätten wir es nicht mehr durchhalten können.“ Der Verband operiert mit einem Jahresetat von etwa 660.000 Euro, aus öffentlichen Mitteln erhält er pro Jahr 25.000 Euro. Diese Summe, heißt es, dürfte sich durch den olympischen Status verzehnfachen. Damit, glaubt der Heidelberger Journalist Bach, werde man „wesentlich mehr Dinge“ als bisher realisieren können. Der Frankfurter Manager Uli Byszio skizziert die Lage des deutschen Rugbys noch drastischer als Bach. Mit dem Vorschlag des Exekutivkomitees des Internationalen Olympischen Komitees, Siebener-Rugby bei Olympia zuzulassen, werde gewissermaßen der Notarzt geschickt, um den Patienten zu stabilisieren.
Qualifikationen für WM 2015 und Olympia 2016 als Ziele
Nach dem Beschluss von Berlin veröffentlichte der DRV umgehend eine Art Positionspapier. Darin wurden auch ehrgeizige Ziele formuliert, beispielsweise die Qualifikationen für die Weltmeisterschaft 2015 in England und für die Olympischen Spiele 2016. Beides erfordert enorme Anstrengungen – zumal Deutschland im Siebener-Rugby, für das es hierzulande keine eigene Liga gibt, gerade auf Platz neun in Europa abgerutscht ist. Der DRV trennte sich nach diesem Rückschlag von seinen Nationaltrainern Rainer Kumm und Philip Stevenson.
Bei der Neuordnung könnte die Rugby Academy helfen, die von dem Eppelheimer Unternehmer Rudolf Wild gegründet wurde. Sie würde das Siebener-Nationalteam gerne unter ihre Fittiche nehmen, wie Jan-Michael Clauss sagt, Mitglied des Academy-Vorstandes. In enger Kooperation mit dem DRV könnte daraus, sagt Clauss, ein „großes Paket“ werden. Der Head-Coach der Academy, der Australier Murray Archibald, hat sich bereits als Trainer beim deutschen Verband beworben – er betreut auch den Heidelberger Ruderklub in der Bundesliga. Clauss sieht auf alle Fälle im bevorstehenden Aufstieg von Rugby die „ultimative Möglichkeit“, die Popularität einer Randsportart in Deutschland zu steigern. „Es ist das Beste, was uns passieren konnte.“ Die endgültige Entscheidung wird das IOC-Council am 6. Oktober in Kopenhagen treffen.
Schöne Aussichten somit für das deutsche Rugby, nicht nur hoch über Heidelberg. Der Frankfurter Byszio hält allerdings, um wirklich voranzukommen, eine Stärkung des Managements im DRV für unabdingbar. Schließlich, so schwant ihm, werde das deutsche Rugby, sollte es gar nicht bei Olympia vertreten sein oder auch nicht für eine Medaille in Frage kommen, so viel wert sein „wie Skispringen auf den Fidschi-Inseln“.
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