Bodo mit Saracens und England Kapitän Steve Borthwick, nach dem Spiel UCT gegen Saracens
Bodo Sieber ist einer der international erfahrensten Akteuere der DRV XV, der zweite Reihe Stürmer der einst in Heidelberg das Spiel mit dem Lederei erlernte ist inzwischen Kapitän bei UCT, einem der renommiertesten Vereine im Land des Weltmeisters Südafrika. Bodo der in Südafrika auf den Spitznamen “The Door” hört, sprach mit TotalRugby unter anderem über die Lions Tour nach Südafrika, das Spiel von UCT gegen den englischen Erstligisten Saracens und seine weitere Zukunft in der Deutschen Rugbynationalmannschaft.
TotalRugby: Hallo Bodo, hier in Deutschland steht die neue Saison in den Startlöchern, während in Deiner zweiten Heimat Südafrika ein Highlight das andere jagt. Erst die Lions Tour und jetzt Currie Cup und Tri Nations. Hast Du eine Partie der Lions im Stadion verfolgen können? Welchen Stellenwert hatte der Sieg für das südafrikanische Rugby?
Bodo Sieber: Die British & Irish Lions Tour ist eine riesen Geschichte – wesentlich bedeutender als die jährlichen Touren und das Tri Nations, da die Lions ja nur alle 12 Jahre zu Besuch sind. Als Spieler bei einer WM teilzunehmen ist eine großaritge Sache, sehr wenige haben sogar zweimal die Chance – am Zenit einer Rugby Karriere dann auch noch “zufällig” mit von der Partie zu sein, wenn die Lions ins Land kommen ist mit Sicherheit ein Karrierehighlight. Diese Art von Tour hat viel zu bieten für die Fans von beiden Lagern, da man über den langen Zeitraum die Spieler besser kennen lernt.
Ich war zur heißen Phase der Lions-Tour an der Ostküste Afrikas im Urlaub, da wir einige Wochen Spielpause hatten, und habe dadurch auch das Spiel der Emerging Springboks gegen die Touristen in Cape Town verpasst. Es hat viel Spaß gemacht, die Test-Spiele mit einem zusammen gewürfelten Haufen Rugbyverückter zu sehen, die sich am einzigen Satelitenfernseher im Ort in zusammengefunden hatten. Es waren sowohl enthusiastische Südafrikaner als auch Lions Fans und witzigerweise auch Ollie Kohn, der zweite Reihe bei den NEC Harlequins spielt.
Die UCT Ikey Tigers mit Kapitän ‘The Door’ hinten links und die Stars der Saracens
TR: Auch Du bist ja schon wieder am Ball. Vor kurzem habt ihr ein Vorbereitungsspiel gegen den englischen Erstligisten Saracens bestritten, wie ging das Spiel aus und wie war es, sich mit dem Kapitän der englischen Nationalmannschaft zu messen (Englands Kapitän und 2. Reihe-Stürmer Steve Borthwick ist auch Kapitän von Saracens).
BS: Wir sind gerade in der zweiten Hälfte unserer Saison und in der Woche, in der Saracens auf Tour waren, hatten wir bereits Samstag und Mittwoch gespielt, um dann Freitag abends gegen ein Heineken Cup Team anzutreten. Das Team war voller Nationalspieler – Springboks, Engländer, Italiener, Pacific Islanders und natürlich All Blacks Legende Justin Marshall und Steve Borthwick – ganze 12 Internationals.
Saracens waren mit zwei kompletten Kadern vor Ort und haben zuerst mit ihrem B Team gegen unsere zweite Manschaft (39:3), dann mit der A Mannschaft gegen uns gespielt. Das Spiel ging 26:3 aus – Saracens hatten etwas Glück mit einem ihrer Versuche, der keiner war, und als sie bei einer 4 gegen 2 Unterzahl und Versuchchance unsererseits in der Verteidigung den Ball herausfangen konnten. Das Spiel hätte auch 19:10 ausgehen können, aber wir waren dennoch zufrieden. Es war eine recht harte Woche und einige unserer Stars waren unterwegs mit der SA Universities Auswahl und Western Province, und Saracens sind natürlich in der Vorsaison – doch ich denke, dass wir gegen Sarries während deren Saison auch ganz gut abschneiden würden – immerhin ging die zweite Hälfte 5:3 aus. Es hat auf jeden Fall viel Spaß gemacht und war ein hervorragendes Erlebnis.
TR: Du bist Kapitän von UCT und durftest daher vor dem Spiel mit Borthwick zur Platzwahl, wer hat das Psycho-Duell vor dem Spiel gewonnen? Meinst Du Borthwick hat weiche Knie bekommen als er “The Door” (so Bodos Spitzname) vor sich stehen sah? Spaß bei Seite, wie groß ist der Unterschied zwischen einem Vorbereitungsspiel gegen einen englischen Erstligisten und einer ENC 1 Partie gegen Russland?
BS: Zur ersten Frage, na klar (lacht)! Saracens haben um ihre Plätze gespielt und wollten den Trainerstab beeindrucken. Steve war also entsprechend ernst vor dem Spiel. Der taktische Fokus ist etwas statischer und basiert auf gutem Kickspiel, im Vergleich zu den Stormers zum Beispiel, gegen die wir auch jedes Jahr spielen. In der Super 14 geht es darum den Ball schnell zu machen und laufen zu lassen, das Tempo ist also noch eine Stufe höher. Das ist auch unser Ziel und Teil unseres Rugbys bei UCT.
Es war physisch nicht so hart wie gegen Georgien zum Beispiel, da die Saracens technisch besser sind und bessere Strukuren haben. Selbst ohne Videoanalyse unserer Gassen, die einen guten Standard haben, haben Borthwick und seine Stürmer viel Druck ausgeübt – das war wirklich beeindruckende, gute Arbeit und zeigt den Fokus auf die Standardsituationen und auch die Erfahrung im Team. Doch wir spielen zur Zeit mit Springbok Hakler Hanyani Shimange in unser Mannschaft, der mit dem Druck gut zurecht kam – im Gegensatz zu unserem Western Province U21 Hakler der mit großen Augen später im Spiel aufs Feld kam.
Ansonsten sagte uns der Saracens Coach in der Woche nach dem Spiel, das er sehr beeindruckt war von UCT und vor allem dem physischen Spiel im Ruck und um das Tackle. Das hört man natürlich gerne.
Saracens haben unglaublich viel Erfahrung in ihren Reihen – mit Marshall, ein All Black mit 82 test caps auf Halb, mit Neil de Kock einen Springbok und Super 14 geschulten weiteren Halb und Springbok Derick Hougaard auf 10 haben sie Spieler, die das Spiel und das Tempo hervorragend kontrollieren. Ich denke dieser Faktor und die Abgeklährtheit ist der Hauptunterschied zu den guten ENC 1 Mannschaften wie Georgien oder Russland, gegen die Deutschland spielt.
TR: In welchem Wettbewerb bist Du in dieser Saison mit UCT aktiv und was sind Eure sportlichen Ziele und Highlights in dieser Spielzeit?
BS: Wir Spielen in der Top Liga in Western Province und werden wohl leider nur Dritter dieses Jahr. Unser Highlight war das Intervarsity im Newlands Stadion gegen Erzrivalen Stellenbosch University – den grössten Rugbyclub der Welt. Wir lagen vorne, haben dann aber in den letzten Minuten noch Punkte eingefangen, weshalb das Spiel 16:16 ausging. Das andere Spiel war gegen Tabellenführer Hamiltons, wo wir wieder vorne lagen, dann aber ein Springbok Siebener Spieler noch den entscheidenden Gegenversuch legen konnte.
Das hätte unser Ticket zu den “Nationalen Club Meisterschaften” sein sollen – ein Turnier, zu dem sich nur der Top Club jeder Provinz nach der Hinrunde qualifiziert. Die Liga hier ist die wohl stärkste im Land, weshalb der Club, der Western Province vertritt, meist im Finale landet. Was uns jetzt bleibt ist beide Topteams in der Rückrunde zu schlagen und zu zeigen, das wir hätten dabei sein sollen.
TR: Im Februar stehen die Rückspiele mit der Nationalmannschaft in der Division 1 an. Was muss geändert werden, damit Deutschland den Klassenerhalt noch schaffen kann und wurden aus Deiner Sicht schon die entsprechenden Maßnahmen eingeleitet, um den so wichtigen Klassenerhalt zu gewährleisten?
BS: Die Kommunikation könnte etwas besser sein, was die konkrete Vorbereitung berifft, also kann ich diese Frage nicht wirklich beantworten, was allerdings daran liegen mag, dass ich nicht im Land bin. Soweit ich weiß sind Maßnahmen und Stützpunkttrainings geplant – alles Schritte in die richtige Richtung.
Unser direkter Konkurrent Spanien wird mit Sicherheit nicht schlafen, also müssen wir alles was möglich ist in Gang setzten und vor allem in den ersten Spielen eine positive Basis für den entscheidenden Erfolg schaffen, um einen guten Rhythmus für das große Heimspiel zu haben.
TR: Du bist einer der besten und erfahrensten Rugbyspieler Deutschlands, wirst Du dem Team bei den wichtigen Spielen im Februar und März zur Verfügung stehen und wie geht es mit dem Nationalspieler Bodo Sieber danach weiter?
BS: Die sechs Wochen Kampagne sind eine Lange Zeit, ich muss also genau sehen was beruflich und mit der Saisonvorbereitung drin ist. Wie geht es weiter? Ich bin ein paar Monate jünger als Robert Mohr und ein paar Monate älter als Steve Borthwick, also im besten Alter für einen zweite Reihe Stürmer. Die Frage ist, macht es mir Spaß und bin ich physisch fit, also ohne große Verletzungsprobleme für eine weitere Saison.
Beides kann ich mit einem klaren Ja beantworten. Rugby macht riesen Spass und ich kann mir noch nicht wirklich vorstellen, meine Rugbyschuhe an den Nagel zu hängen, da ich den Sport und das Rugbyleben zu sehr vermissen würde. Die andere Frage ist – kann ich beruflich genug Zeit opfern, um ausreichend zu trainieren, um weiterhin so fit wie möglich und oben dabei zu sein. Das ist momentan etwas schwer abzusehen.
TR: In Südafrika tut sich auch abseits des Rugbys eine Menge, die Fußball-WM 2010 steht unmittelbar bevor? Sind die Vorbereitungen Deiner Meinung nach im Zeitplan und wird die verbesserte Infrastruktur auch dem Rugby zu Gute kommen, oder wird Fußball durch den zu erwartenden Hype dem südafrikanischen Rugby auf lange Sicht eher schaden?
BS: Also was Kapstadt und das neue Stadion betrifft, bin ich sehr begeistert und freue mich sehr, vielleicht das ein oder andere Spiel live zu sehen. Was den Zeitplan betrifft, habe ich keine Bedenken. Im Confederations Cup, der im Juni in SA ausgespielt wurde, mit EM Sieger Spanien, Südamerika Gewinner Brasilien, Nordamerika champs USA und anderen Teams, hat Bafana Bafana – Südafrikas Fußballteam – sehr ordentlich gespielt und die Nation hinter sich gebracht.
Zuvor waren sie Nummer 70 in der Weltrangliste und konnten nicht wirklich überzeugen die letzten Jahre – das Spiel um den dritten Platz gegen Spanien ging dann sogar in die Verlängerung, Spanien gewann 3:2. Es wäre natürlich super für die lokalen Fans, wenn Bafana Bafana so lange wie möglich bei der WM mitspielt.
Ich denke, dass ein gut organisiertes Event wie die Lions Tour dem Fussballland Süd Afrika hilft, genau wie eine erfolgreiche Fussball WM und verbesserte Infrastruktur dem Rugbyland Südafrika helfen werden. Derartiger Erfolg wird dem Land auf jeden Fall gut tun.
TR: Für die Olympiabewerbung von Rugby geht es in die heiße Phase, Du bist einer der Jungs hinter olympic-rugby.org, die Vorteile einer möglichen Olympiateilnahme von Rugby wurden ja an verschiedenen Stellen immer wieder herausgestellt. Gibt es auch Dinge, die Dir Sorge bereiten, wenn Rugby den Status einer olympischen Sportart bekommt? Ist unser Verband der Herausforderung überhaupt gewachsen, ein Leistungssportlich orientiertes Olympiaprogramm auf die Beine zu stellen, mit welchem wir bis 2016 konkurrenzfähig sein werden, schließlich sind wir ja nicht die einzige Nation, die bei einer Aufnahme von Rugby ins olympische Programm auf den “großen Geldsegen” hofft. Weshalb sollte sich also dadurch die Lücke schließen?
BS: Ich hatte kürzlich ein interressantes Gespraech mit dem Südafrikanischen Siebener Coach Paul Treu, der mit seinem Sevens Series Champion Team gerade bei den World Games in Taiwan war.
Die Springbok Sevens arbeiten schon seit mehreren Jahren nach einer klaren Erfolgsorientierten 3/5 Jahres Strategie und führen ihren Erfolg darauf zurück, dass sie nicht von der Planung abweichen.
Paul ist ein hervorragender Stratege auf und neben dem Feld und sagte bei einem Multisport Event dabei zu sein, ist eine ganz andere Herausforderung, was Fokus und Organisation betrifft, als zum Beispiel die Siebener WM oder die Sevens Series Turniere mit klarem Rugby Fokus.
Er und sein Management Team werden daher bereits dieses Jahr nach Dehli in Indien Reisen, um für die Commenwealth Games 2010 zu planen, um auch nichts dem Zufall zu überlassen.
Ich denke Reiner Kumms positiver Kontakt mit dem Süd Afrikanischen Team und Trainier und eine potentielle Trainingswoche in Stellenbosch, von der die Rede war, wären sehr hilfreich, was einen Einblick in leistungsportorientiertes Arbeiten und Planen betrifft.
Was gibt es besseres als von den Besten zu lernen, denn wir brauchen schnell einen definitiven Schritt nach oben und müssen zudem für das deutsche Rugby als Ganzes längerfristige Strategien erarbeiten, um das Beste aus der potentiellen Förderung zu machen.
Wenn das wirklich klappt mit Stellenbosch, müssen die DRV Siebener Jungs natürlich bei mir in Kapstadt zu einem Braai (BBQ) vorbeikommen.
Das Interview führte Manuel Wilhelm
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