Die offizielle Saison ist vorbei. Ab jetzt lässt man sich die Sonne auf den Bauch scheinen und genießt das Sommerwetter – sollte man weitläufig meinen. In Berlin ist es den dort ansässigen Rugby spielenden Studenten nicht vergönnt, nein – jetzt geht es erst richtig los. Die Stollenschuhe werden umso enger geschnürt und die Haare auf Krawall gebürstet, denn die Wettkampfgemeinschaft der Berliner Universitäten hat sich mit dem Sieg bei der deutschen Hochschulmeisterschaft im letzten Jahr erneut für die diesjährige europäische Hochschulmeisterschaft im Siebener Rugby (11.06. -13.06.) qualifiziert.
Während man im letzten Jahr ins hochsommerliche Rom eingeladen wurde, um bei gefühlten 50 Grad Celsius im Schatten die beste Siebener Rugbymannschaft des akademischen Europas auszuspielen, darf man sich in diesem Jahr an leckeren Chips ´n Fish und noch leckereren Essig Crisps im englischen Bristol erfreuen. Dieses Jahr sollten allerdings weniger die Sommertemperaturen und das ungewohnte Essen Grund zur Sorge geben, als viel mehr das Teilnehmerfeld.
Die üblichen Verdächtigen aus Limoges (Frankreich / Vorjahressieger), Cardiff (Wales), Coimbra (Portugal) und Padova (Italien) sind selbstverständlich auch wieder mit von der Partie, dazu kommen allerdings noch drei weitere britische Mannschaften, von denen sich eine (Loughborough) mit England Sevens Rugby (der englischen Siebener Rugby Nationalmannschaft) vorbereitet und sich damit rühmt, Legenden wie Sir Clive Woodward und Jim Greenwood hervorgebracht zu haben. Aber auch das „neue“ Gesicht, die University of Exeter, scheint einiges in Petto zu haben. So bieten sie ein spezielles Rugbyprogramm an, um sowohl ein repräsentatives Unirugbyteam zusammenstellen, als auch den Spielern die Möglichkeit geben zu können, nach der Uni-Karriere eine Laufbahn als professioneller Rugbyspieler bei den Exeter Chiefs (National League One) einzuschlagen.
Im letzten Jahr haben die Berliner Studenten nicht nur die anderen Teams, sondern auch die Offiziellen überrascht. Niemand hätte damit gerechnet, dass eine deutsche Mannschaft – dazu noch eine Studentenauswahl – ein Wörtchen bei den Platzierungen mitzureden hat. Allerdings wurde gleich am ersten Spieltag klar gemacht, dass man nicht zum Pizzaessen und der Dolce Vita wegen nach Rom gekommen ist und man beeindruckte durch körperliche Präsenz, harte Tacklings, saubere und schnelle Rucks und schöne Passangriffe. Letztendlich bestieg man verdient nach drei Spieltagen den fünften Platz hinter Limoges, Cardiff, Coimbra und Leeds und hinterließ einen bleibenden Eindruck vom deutschen Rugby.
Damals nahm man sich vor, noch härter an der persönlichen Fitness zu arbeiten, um auch solche Spiele wie gegen Leeds dann doch noch zu gewinnen, anstatt sich nach einer Halbzeitführung das Heft aus der Hand nehmen zu lassen, um dann im Nachhinein „nur“ um Platz 5 spielen zu dürfen. Allerdings machte die Planung des aktuellen Ausrichters den Berlinern einen Strich durch die Rechnung, indem man die EHM einen Monat vorzog, um einen nahtlosen Übergang vom Ende der regulären britischen Rugby Saison zu diesem Turnier zu ermöglichen.
Nichtsdestotrotz heißt es nun für die „Lederhosenträger“ – wie wir liebevoll genannt wurden – die Turnschuhe gehörig einzufetten und in jeder freien Minute zwischen den Vorlesungen ordentlich Kilometer zu schrubben, um nicht nur den fünften Platz vom Vorjahr zu verteidigen, nein, sondern um auch der europäischen Rugby „Elite“ das Fürchten zu lehren und für die ein oder andere Überraschung zu sorgen. Dabei möchten wir uns sehr herzlich bei der Erich-Kraft-Stiftung des DRV, beim adH (besonders bei Nils Zurawski) und beim Berliner Hochschulsport bedanken, ohne deren Hilfe und Unterstützung dieses Turnier für uns nicht zu stemmen gewesen wäre.
Geschrieben von Christof Hannemann.
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