Lions Coach Ian McGeechan hat gut lachen, ist er doch vermutlich der einzige der jetzt schon weiß welcher Spieler für die Lions nach Südafrika reisen werden
Morgen wird der Lions-Kader für die Tournee nach Südafrika bekannt gegeben. Weniger als zwei Monate vor dem ersten Spiel am 30.05.2009 in Rustenburg. Hier werden die wichtigsten Fragestellungen bei den Personalentscheidungen diskutiert.
Die aktuelle Form wurde im Sechs-Nationen-Turnier soeben auf höchsten Niveau und im direkten Vergleich getestet. Der Einfluss dieser Eindrücke hat die Unterschiede zwischen Schattenaufstellungen in der Presse stark reduziert. Für vier Kommentatoren (darunter Austin Healey und Journalisten der Independent und Bloomberg), die sich unlängst unabhängig voneinander äußerten, lässt sich dieser Konsens feststellen:
1 Jenkins (W), 2 Flannery (I), 3 Murray (S), 4 O’Connell (I), 5 AW Jones (W), 6 Heaslip (I), 7 Croft (E), 8 Wallace (I), 9 Philipps (W)/Ellis (E), 10 Stephen Jones (W)/O’Gara(E), 11 Shane Williams (W), 12 Shanklin (W), 13 O’Driscoll (W), 14 Bowe (I), 15 Byrne (W).
Verletzungen – nur die eine große Krokodilsträne Jonny
Die Hoffnung stirbt zuletzt. So gut würde Jonny Wilkinson eine große Aufstellungssorge seiner Trainer lösen. Mittlerweile fällt es aber wirklich schwer an seine Verfügbarkeit zu glauben. Alle anderen Verluste (z. B. Matt Stevens, Allan Jacobsen) sind nicht auf dem Niveau des legendären Verbinders. Mit Ausnahme des angriffslustigen Schotten Sean Lamont. Aber im Verein spielt er bereits wieder.
Größte Aufstellungssorgen – nicht überall die Qual der Wahl
Hier sieht es auf den Positionen Hakler und Verbinder relativ mau aus. Nachdem er sich endlich in Irland durchgesetzt hat, konnte sich Jerry Flannery in der Diskussion vor den Schotten Ross Ford schieben. Aber auch die anderen Alternativen Matthew Rees, Huw Bennet (beide Wales) und die Engländer Lee Mears und Dylan Hartley sind nicht Weltklasseniveau.
Auf Verbinder ist bei den meisten Aspiranten die Defensive das Problem. So bei Charlie Hodgson, Andy Goode (beide England), Ronan O’Gara und Chris Paterson (Schottland.) Dem spielstarken James Hook (Wales) fehlen die Führungsqualitäten, den Engländern Toby Flood und Danny Cipriani Erfolge als Kicker. Keiner hat halt alles. So wie Jonny in Normalform. Bleibt der solide und routinierte Stephen Jones, mit dem einzigen Defizit der läuferischen Möglichkeiten.
Bedingt durch Paul Sackeys Formschwäche und Lamonts noch nicht abgeschlossenes Comeback ist unter dieser Überschrift als Drittes noch die zweite Außenposition neben Shane Williams zu nennen.
Größte Aufstellungssorgen in Anführungsstrichen – die Sorgen die jeder Trainer haben will
Andrew Sheridan oder Gethin Jenkins als Erste-Reihe links, so einen Wettbewerb bräuchte man überall. Jenkins auf rechts ausweichen lassen? Geht nicht, da gibt es Euan Murray. Hinter dem die Engländer Tim Payne, Paul Vickery und Julian White mit den Hufen scharren.
Ein Zweikampf prägt auch die Schlussposition. Ideal, denn es gibt neben Lee Byrne noch den Grand-Slam-Gewinner Rob Kearney. Bei England beeindruckte Dylan Armitage in hohem Maße. Was jetzt? Kearney als Außen einplanen?
Auf keiner Position kann mehr aus den Vollen geschöpft werden als Gedrängehalb: Der Schotte Mike Blair wird bei manchen als Kapitän gehandelt und hinter ihm steht als nationaler Konkurrent mit Chris Cusiter ein Lion von 2005. Neben dem oben gezeigten Duell Harry Ellis/Mike Philipps gibt es noch Spieler die unlängst nicht so zum Zug kamen, aber bereits einiges bewiesen haben: Dwayne Peel und Gareth Cooper aus Wales, Eoin Reddan und Tomas O’Leary aus Irland und der Engländer Danny Care. Das Rennen machen wird vielleicht ein Landsmann von ihm, Ben Foden. Wegen seiner Vielseitigkeit (z. B. Schluss.)
Das besondere dieses Mal – sehr viel Breite
Wer wird neben Paul O’Connell in der zweiten Reihe stehen? Der bewegliche Alan Wyn Jones ist der Mann der Stunde. Aber es gibt noch James Hamilton und Nathan Hines (Schottland), Steve Borthwick, Nick Kennedy und Simon Shaw (England), und Donncha O’Callaghan und Bob Casey (Irland.)
In der dritten Reihe ist die Breite noch größer. Große Meriten haben noch die Waliser Ryan Jones (vielleicht sogar als Kapitän), Martyn Williams (Erfahrung) und Andy Powell (Ballträger), der Schotte Jason White (Defensive, und der einzige, der auch Zweite Reihe spielen kann) und die Engländer Michael Lipman (nicht mehr verletzt) und James Haskell (Athletik, Zweikampfstärke, wie beim Iren Stephen Ferris.)
Die große Crux – die Schwäche, die auch eine Stärke ist
Auf allem Positionen in den beiden vorherigen Abschnitten sind Verletzungen leicht zu kompensieren. Unersetzbar sind nur die größten Stars Paul O’Connell, Brian O’Driscoll und Shane Williams. Erfreulich. Allerdings kommen auch nur sie und die drei Erste-Reihe-Stürmer wirklich aus der allerhöchsten Schublade. Auf diesem Niveau haben Südafrika und Neuseeland schlicht und einfach mehr Asse. Wie tragisch auch immer die Nichtnominierung einer großen Zahl von Spielern auch sein mag. Unfassbar, aber was soll der Springbok-Fan sagen? Beispiel Dritte Reihe mit Spiess, Kankowski, Burger und Smith gefolgt von van Niekerk, Watson und Floors.
Aber ein Team braucht auch eine Hierarchie. Also nicht zu viele Stars, gerade bei einer langen Tour. Auf die Mischung kommt es an. So könnte man sich z. B. in der Dritten Reihe versuchen nicht die drei vermeintlich besten Spieler aus zu wählen. Sondern auf bestimmte Eigenschaften abstellen, die den Fokus verdienen (Defensive, Athletik, Balleroberung.) Z. B. mit einer Kombination Heaslip-Haskell-White. Und einen Ballträger wie Powell nur als Mann von der Bank für eine etwaige Aufholjagd.
Vorurteile des Trainers – vielleicht DIE Ursache für Überraschungen
Ian McGeechan war 1989, 1993 und 1995 Cheftrainer. Die ersten beiden Male war eine schottische Parteilichkeit bei den Personalentscheidungen nicht von der Hand zu weisen. Im ersten Fall war sie am deutlichsten, wurde aber durch den Erfolg gerechtfertigt. Nicht so 1993. Mit inadäquaten Spielern wie Burnell, Wyatt und Reed waren sie für das demoralisierende Absaufen des Mittwochteams verantwortlich.
Gut war seine Linie 1995 sich in Bezug auf die vielen englischen Spieler von den damaligen Präferenzen des nationalen Trainers frei zu machen (kein De Glanville, dafür Bentley und Greenwood. Und Martyn Johnson als Kapitän.)
Heute könnten nicht die Schotten bei der einen oder anderen Überraschung profitieren, sondern die Spieler der Wasps. Dort ist er Vereinstrainer, dort haben sich auch die anderen Trainer Warren Gatland und Shaun Edwards ihre Sporen verdient. Dieser Umstand könnte zum Beispiel im Fall des umstrittenen Cipriani eine Rolle spielen.
Was ist anders – Rugby League und nationalisierte Spieler
Beim Vorbild, dem Erfolg von 1997, waren mehrere Spieler Ausschlag gebend, die sich im Dreizehner Rugby profiliert hatten. Allen voran Scott Gibbs, der schaffte die Südafrikaner zu schockieren. Der Außen John Bentley ist ein anderes Beispiel. Das spielt heute keine so große Rolle mehr, vor allem nach den durchwachsenen Erfolgen von Lesley Vainokolo und Andy Farrell.
Nur der Neuseeländer Riki Flutey ist der einzige wichtige Import aus dem Ausland. Die Bedeutung dieser Spieler hat ganz klar ab genommen.
Die Neuen – Neue Namen und späte Durchbrüche.
Der Ire Jamie Heaslip machte einen Riesenschritt voran mit seinem Leistungen in den vergangenen Länderspielen. Gut für den Sturm. Der Waliser Jamie Roberts hat als Rammbock auf Innen seine beste Rolle auf internationalem Parkett gefunden. Die Vielseitigkeit spricht zusätzlich für ihn. Mit Tom Ford hat es bei Schottland ein Ass aus dem Siebener-Rugby den Durchbruch geschafft.
Schon im Herbst sorgte ein Spätstarter für Furore: Die durchbruchsstarkte Nummer. Acht Andy Powell aus Wales.
Der Jahrgang 2009 – Wer hätte eigentlich dazu gehört?
Mehrere Spieler dieser Generation sind nicht auf der Höhe ihrer Leistungsfähigkeit. Das ist normal. Aber nichts desto weniger schade. Allen voran der irische Innen Gordon D’Arcy, Spieler des Sechs-Nationen-Turniers 2004. Schon bei den Lions 2005 kam er nicht zum Zug. Immerhin zeigt seine Formkurve endlich wieder nach oben. Als andere Namen sind hier zu nennen Medienstar Gavin Henson oder Charlie Hodgson (alles wegen seinem verpassen Tackling gegen Ma’a Nonu letzen Sommer.) Für eine Länderspielberufung zu alt erscheint mittlerweile Dan Ward-Smith, der neuseelandstämmige Ausnahmeathlet von Bristol.
Aus Fehlern lernen – was ging schief in der modernen Ära der Lions?
1993 Neuseeland: Zu alte Spieler, zu viele Schotten, Folge Versagen der zweiten Formation mit Dominoeffekten auf den ganzen Kader.
2001 Australien: Gegensatz England gegen den Rest, der niedrigere Standards an Professionalität hatte. Außerdem Führungsprobleme von Trainer Graham Henry.
2005 Neuseeland: Nach einem Fehlstart und Verletzungen wesentlicher Führungspersönlichkeiten war das Nervenkostüm nicht mehr in den Griff zu kriegen. Nachteilig: Die Größe des Betreuerstabs, vieles war zu abgehoben.
Der rote Faden: Aus den Teamgeist kommt es an. Das Erfolgsgeheimnis von 1997. Immerhin müssen vier Kulturen zusammen finden, die jährlich Erzrivalen sind. Auch ein Grund gegen zu viele Stars.
Die psychologische Ausgangssituation – gerade noch die Kurve gekriegt
Für einen Lionsfan wäre es eine schlechte Nachricht gewesen, wenn Irland erneut den Grand Slam vermasselt hätte. Angesichts der Führungsrolle von O’Driscoll und O’Connell. Und anderer potenzieller Leistungsträger aus diesem Land. Überhaupt ein Grand Slam einer der vier „home unions“ wäre aus dieser Perspektive besser gewesen, als keiner. Eine andere Genugtuung war die Genesung des angeschlagenen Englands gegen Frankreich. Und für Wales und Schottland sprechen immerhin Erfolge ihrer Franchises im Europapokal.
Fazit
Ungerade Jahre sind die Jahre der Rugby-Fans. Entweder eine WM oder eine Lionstour. Die Diskussion um die Aufstellung ist ein wesentlicher Teil des Vergnügens.
Aber seit der Wiederbelebung der Lionstradions 1989 war die Konkurrenz nie so groß wie 2009. Selbst bei dem als sehr talentiert geltenden Kader von 2001 war die erste Formation mit Rob Henderson und Daffyd James auf Verlegenheitslösungen angewiesen.
Wenn es einen Wermutstropfen gibt, dann dass es Percy Montgomery knapp verpasst haben wird, etwas fast Unmögliches zu schaffen: Nach 1997 noch einmal gegen die Lions auf gestellt zu werden.
Was meint ihr welche Spieler gehören in McGeechan Lions Kader, damit die Tour nach Südafrika ein Erfolg wird?
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