Ein gepflegtes Bier nach dem Spiel, wie hier Weltspieler des Jahres 2023, Pieter Steph du Toit - gehört dies bald der Vergangenheit an?
Hat Rugby ein Alkoholproblem? Lange wurde der Alkoholkonsum im ovalen Ballsport romantisiert. Rugbyspieler zeigen sich bis heute nach großen Spielen offen mit einem Bier in der Hand. Doch in Frankreich ist nun Schluss damit, denn der französische Verband hat nun laut FFR-Spitze im Einvernehmen mit dem Spieler ein Verbot verhängt. Rugby und Bier - ist das noch zeitgemäß?
Ex-England-Stürmer Martin Bayfield umschrieb es einst so: „Im Rugby haben wir die seit jeher die gleichen Traditionen, singen dieselben Lieder, bekriegen uns auf dem Platz und trinken danach freundschaftlich ein Bier miteinander!“ Im ovalen Ballsport gehört es zur Folklore, Rugby und Bier.
Nicht von ungefähr sieht man bei großen Turnieren Rugbyspielerinnen und Spieler mit T-Shirts herumlaufen, die stolz proklamieren „mein Trink-Team hat ein Rugby-Problem“. Einst wurde gar auf dem DRT diskutiert, ob der traditionelle Kasten Bier für die Gastmannschaft auch in den Regularien festgeschrieben werden soll - wohlgemerkt für die Rugby-Bundesliga, die das höchste Vereinsniveau hierzulande darstellt.
Trink-Eskapaden bei den Lions und Barbarians waren einst legendär
Dass Trink-Eskapaden auf allerhöchstem Niveau, wie einst bei den British and Irish Lions in den 1980ern, im immer professioneller werdenden Sport immer weniger Platz haben, dürfte jedem einleuchten. Noch immer gelten beispielsweise die Spiele der Barbarians als Gelegenheit für Spieler sich im Vorfeld mehrere Abende in Folge zu betrinken.
Auch die Bilder selbst beim Rugby World Cup, bei denen sich Teams nach der geschlagenen Schlacht gegenseitig auf ein Bier einladen und dies wohlgemerkt vor den Kameras konsumieren, sind bis heute Normalität. Wie auch die Tatsache, dass zahlreiche Spieler während ihrer aktiven Karriere sich als Bierbrauer versuchen, wie das Springbok-Duo Steven Kitshoff und Malcolm Marx (Bomb Squad Lager).
Wie lange sind professionelles Rugby und Alkoholkonsum noch vereinbar?
Doch wie lange ist dies noch akzeptabel noch? Der französische Verband sorgte gestern für Schlagzeilen, als er ankündigte, dass im Kontext der Nationalteams künftig kein Alkohol mehr konsumiert werden dürfe - weder vor noch nach den Spielen. Der Hintergrund: Im Sommer hatte es gleich zwei Skandale bei der Tour der XV de France nach Argentinien gegeben.
Schluss Melvyn Jaminet hatte im offensichtlich betrunkenen Zustand eine Instagram-Story hochgeladen, in der er ankündigte, dem nächsten ihm über den Weg laufenden „Araber“ eine „Kopfnuss“ zu verpassen. Dafür kassierte der Toulon-Profi eine 34-wöchige Sperre Auf derselben Tour gerieten Hugo Auradou und Oscar Jegou ins Fadenkreuz der argentinischen Justiz, nachdem ihnen ein sexueller Übergriff vorgeworfen wurde.
Beide konnten mittlerweile nach zweimonatiger U-Haft nach Frankreich zurückkehren, jedoch gibt es im Fall noch kein rechtskräftiges Urteil. Deshalb, so Frankreich-Trainer Galthié, habe man sich mit den Spielern darauf verständigt, im Frankreich-Camp keinen Alkohol mehr zu konsumieren, so auch in den kommenden vier Wochen, wenn Frankreich die Autumn Internationals spielt.
In Frankreich hing man in Sachen Professionalisierung lange hinterher, nun will man Vorreiter sein
Dabei waren es gerade die Franzosen, die sich scheinbar nur schwer von den alten Traditionen lösen konnten. So berichtete Ex-England-Verbinder Andy Goode nach seiner Zeit bei Brive von 2008 bis 2010 davon, wie er von den Gepflogenheiten überrascht sei. Beim Teamessen am Abend vor Top-14-Spielen habe es, so der Engländer zu seiner Verwunderung, für alle Spieler Wein gegeben.
Der schlechte Einfluss des Rugbysports? Frankreichs Präsident trinkt ein Bier mit den Stars von Toulouse auf Ex
Schon damals sei dies mit der zunehmenden Professionalisierung unvereinbar gewesen, so das Urteil des Engländers. Noch im letzten Jahr ließ sich Frankreichs Präsident Macron in der Umkleidekabine von Toulouse nach deren Titelgewinn von Dupont und Co. davon überzeugen, ein Bier in einem Zug zu exen. Solche Bilder dürften sich so schnell nicht wiederholen.
So wie sich in Frankreich die Zeiten mit der zunehmenden Professionalisierung ändern, könnte sich die feuchtfröhliche Tradition im Rugby überhaupt auch mit der kommenden Generation an Spielern erledigt haben. Der deutsche Neuseeland-Legionär Anton Segner beispielsweise verzichtet bewusst aus Leistungsgründen auf den Alkoholkonsum und das nicht nur vor den Spielen.