Aachens Steffen Bannick im Vorbereitungsspiel gegen Köln. Foto (c) Mike Mazout
Die Entscheidung des RC Aachen im Jahr 2020, das deutsche Ligasystem zu verlassen, überraschte viele. Der Traditionsklub aus der Euregio-Grenzregion hatte sich in über 50 Jahren als einer der größten Klubs etabliert und zählt rund 300 Mitglieder, womit man von den Top Ten in Deutschland nicht weit entfernt ist. Sportlich war der Wechsel in die Niederlande mit dem pickepackevollen Kalender eine Herausforderung, doch nun ist der RCA nach dem Aufstieg in das Abenteuer erste Liga gestartet.
Rund vier Jahre ist es mittlerweile her, dass der Rugby Club Aachen das deutsche Ligasystem verlassen hat und mit all seinen Teams - das heißt der ersten und zweiten Herren-Mannschaft, den Damen und den Jugendteams - zu den niederländischen Nachbarn gewechselt ist (TotalRugby berichtete). Dies geschah ohne den deutschen Verband zu verlassen, so dass derzeit gleich mehrere Aachener in den Nachwuchs-Nationalmannschaften von Rugby Deutschland aktiv sind.
Die Beweggründe der Aachener damals, die mit ihrem damaligen niederländischen Trainer Frank Bronneberg gute Kontakte ins Nachbarland hatten, waren vielfältig: Der regelmäßigere Spielbetrieb, der Wegfall der langen Winterpause und nicht zuletzt die kürzeren Wege für die Kaiserstädter, deren Anlage im Stadtteil Laurenzberg nur rund zwei Kilometer von der niederländischen Grenze entfernt ist. Zumindest der letzte Grund ist aus Sicht der ersten Herren nunmehr obsolet.
Denn die erste XV der Schwarzgelben hat vorige Saison im dritten Anlauf den Sprung in die niederländische erste Liga geschafft. Diese ist im niederländischen Ligasystem die zweithöchste von fünf Ligen, nur eine unter der semiprofessionellen Ereklasse, die mit den besten zwölf Teams der Niederlande die Spitze der Pyramide darstellt. Die neue sportliche Heimat des RCA ist wie die Ereklasse niederlandeweit und umfasst ebenso zwölf Teams.
Aachen spielt nun gegen Gegner aus den gesamten Niederlanden
Damit ist die längste Auswärtsfahrt für die Aachener nun die nach Groningen, was mit 370 km sogar noch etwas weiter ist, als die Fahrten ins Rhein-Main-Gebiet zu Zeiten im deutschen Ligasystem. Dafür wurden die Aachener in den letzten Jahren vom Chaos in der zweiten Liga verschont und hatten regelmäßigen Spielbetrieb und keinerlei Unsicherheit.
Die ganzjährige Saison mit nur vier Wochen Pause über Weihnachten und Neujahr war dabei durchaus auch eine Herausforderung, wie Kevin Klein vom RCA im Gespräch mit TR unterstreicht. Besonders die Spiele im Februar und März seien zum Teil aufgrund der Regenmassen und den daraus resultierenden Platzverhältnissen grenzwertig gewesen. Dazu ist die erforderliche Kadertiefe größer, als das in Deutschland der Fall sei.
Dennoch schafften die Aachener es in der zweiten Klasse Süd mit neun Siegen aus elf Spielen und einer Punktedifferenz von +310 in der Hinrunde, sowie sieben Siegen und drei Niederlagen in der Aufstiegsrunde der besten sechs Hinrunden-Teams, sich ihren Platz in der ersten Liga zu sichern. Zumindest für das Platzproblem ist indes eine Lösung in Sicht: Künftig wird man auch in Aachen einen Kunstrasen erhalten, wie das bei etwa zwei Drittel der Teams in den Niederlanden der Fall ist, wie Kapitän Klein schätzt.
Wichtig für den niederländischen Spielbetrieb im Winter: Der Rugby Club Aachen hat bald einen Kunstrasen
Auftakt in Liga eins ist gelungen
Sportlich begann das Abenteuer erste Liga am vorigen Wochenende auswärts gegen einen alten Bekannten. Der Rugby Club the Bassets, beheimatetet an der niederländischen Küste in der Stadt Sassenheim genau zwischen Den Haag und Amsterdam, war der Gegner der Kaiserstädter, die noch im Mai gegen den Mitaufsteiger verloren hatten.
Trotz eines 3-14 Rückstandes aus Aachener Sicht in Durchgang eins sollte es dieses Mal besser laufen. Der einzige deutsche Vertreter im niederländischen Ligasystem drehte die Partie im zweiten Durchgang und trat den dreistündigen Rückweg mit einem emotionalen 27-19 Sieg im Gepäck an. Bis Weihnachten erwartet die Aachener nun ein straffes Programm mit zehn weiteren Spielen, in denen es gilt, sich in der ersten Klasse sportlich zu behaupten.
Die Herausforderung ist dabei nicht ohne, denn die Leistungsdichte in den Niederlanden ist beachtlich. Mit mehr registrierten Rugbyspielerinnen und Spielern auf einer Fläche, die nur einem Achtel Deutschlands entspricht, findet man quasi überall Rugby-Klubs. Dementsprechend groß ist die Konkurrenzsituation und so warten auf die Aachener viele enge Partien und vielleicht ja irgendwann noch ein Aufstieg.
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